Cademar-Günstling der Magie
Schwarzgebirge wie Moos an einem Baumstamm bedeckte.
Zivilisation hatte sich nicht bis in diesen unwirtlichen Ausläufer des Gebirges erstreckt. Nur wenn man im Südosten das Schwarzgebirge umrundete und sich dann in nördlicher Richtung hielt, kam man nach Ukka – einer kleinen Siedlung von Bergleuten, die Eisenerz zu Tage förderten, dieses aufbereiteten und auf Ochsenkarren und kleinen Schiffen zu den Schmieden nach Junkerstatt transportierten.
Cademar hob den Kopf. »Sie sind dort oben, jenseits des Nadelwaldes. Es ist nicht mehr weit.« Kurz schloss er die Augen. Die Kopfschmerzen wurden stärker.
Zuflucht
Stunde um Stunde eilten Cademar und Malkom weiter über das Geröllfeld. Als sie schließlich den Schutz der Bäume erreichten, war es schon dunkel geworden. Sie tasteten sich noch ein Stück weiter vor, bis sie schließlich – ein wenig weiter aufwärts am Hang – ihr Nachtlager aufschlugen.
Es dauerte eine Zeitlang, bis sie wieder zu Atem kamen. Cademar war erschöpft und begann schon, in den Schlaf abzudriften, als Malkom leise sagte: »Ich fühle den alten Magier noch immer nicht.« Cademar hörte Malkom trocken schlucken, der nach einiger Zeit hinzufügte: »Vielleicht verliere ich meine Magie schon wieder.«
Cademar suchte nach den richtigen Worten. »Nein, ich glaube nicht«, erwiderte er schließlich. »Es gibt unterschiedliche Arten von Magie. Wie du bei unserer ersten Begegnung die beiden Räuber durch die Luft geschleudert hast – ich glaube, das könnte ich noch nicht. Vielleicht bin ich einfach empfänglicher für diesen Zauber des alten Magiers.«
»Wo wir uns nun der Zuflucht nähern – fühlst du es immer stärker?«
»Ja, ich lerne immer besser, es zu kontrollieren. Anfangs ließ ich es in mich einströmen, dass es fast schmerzhaft war. Nun kann ich den Zauber erfühlen, ohne dass es zu stark wird.«
»Weißt du, wie weit wir von der Zuflucht entfernt sind?«
»Ja. Wir müssen den Wald durchqueren und dann einen steilen Hang hinauf. Vielleicht schaffen wir es bis morgen Abend schon.«
»Wir sollten schlafen, damit wir früh aufbrechen können«, sagte Malkom.
»Ja, das sollten wir.«
Die roten Silhouetten, die der Stempelzauber gebildet hatte, schimmerten nachts.
Sie wurden immer schwächer, schienen langsam in der Luft zu zerfließen. Nach weiteren zwei Tagen würden sie sich verflüchtigt haben.
Als die Gesandten der Magier in dieser Nacht die Silhouetten fanden, die von Cademar und Malkom gebildet worden waren, erfuhren sie, dass der Junge, den sie suchten, nicht allein unterwegs war. Sie legten keine Rast ein, sondern zogen eilig weiter, hielten in der Dunkelheit auf das Schwarzgebirge zu.
Der Wald war weniger dicht als erwartet, sodass Cademar und Malkom ihn schon am Vormittag durchquert hatten. Die beiden konnten das Geröllfeld überblicken, das noch im morgendlichen Schatten des Schwarzgebirges lag, und die Ebene von Karra. Junkerstatt und die Küste waren nur noch eine ferne Erinnerung. Cademar wurde schmerzhaft bewusst, dass er weiter als je zuvor von zu Hause weg war – und dass er nicht wusste, ob er es und seine Eltern jemals wiedersehen würde.
Sie hielten beide nach den Gesandten Ausschau, doch nichts war von ihnen zu sehen. Dass sie irgendwo in der Ebene von Karra unterwegs waren – das war nicht zu bezweifeln.
Nun hatten sie einen felsigen, steilen Hang vor sich. Das schwarze Gestein war schroff und unwegsam.
»Wie weit ist es noch?«, fragte Malkom, der den Berg hinaufblickte.
Cademar streckte den Arm aus. »Die halbe Strecke zum Gletscher hinauf, in Richtung dieses Einschnitts zwischen den Gipfeln.«
Malkom runzelte die Stirn. »Dort ist nichts zu sehen.«
»Es kann ein kleiner Höhleneingang sein.« Cademar atmete tief durch. »Lass uns versuchen, vor Einbruch der Dunkelheit oben zu sein. Dort müssen wir Schutz finden. Es wird kalt werden.«
Jedes Frühjahr ließ Kolom in der Lichtfeste einen Zellentrakt öffnen, in den die geflohenen Günstlinge untergebracht wurden. Dort blieben sie, bis alle gefasst worden waren – und dann wurden sie in den Ausbildungsturm im Ostteil der Lichtfeste geschickt, um in den magischen Künsten unterrichtet zu werden. Aus einem fähigen Günstling wurde durch Fürsprache eines Magiers ein Famulus – ein Gehilfe eines Magiers – und verließ dann den Ausbildungsturm. Und wer sich als Famulus bewies und seine Fähigkeiten immer weiter verbesserte, wurde irgendwann zum Magier ernannt. Es war ein weiter Weg für
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