Caesar erwacht!
ausgesprochen still, was Bob recht war. Er hatte mit dem Links-Verkehr zu kämpfen, und diese Premiere nahm seine ganze Aufmerksamkeit in Anspruch. Einen internationalen Führerschein hatte Nicole ihm auch noch besorgt. Jetzt erwartete sie natürlich, dass er seine Fähigkeiten einsetzte. Der liebe Jo war leider schon viermal durch die Fahrprüfung gerasselt.
So viel zu zu viel Intellekt!, dachte Bob, als Jo es ihm beichtete.
Nach einigen Umwegen, bedingt durch Jos schlechten Orientierungssinn, erreichten sie Cambridge erst am späten Nachmittag. Jo führte Bob durch endlose Höfe und Gänge der altehrwürdigen Universität. Bob hatte schon den Verdacht, dass Jos Orientierungssinn auch hier versagte. Sie trafen auf etliche Studenten und Lehrkräfte, die das gesamte Areal bevölkerten, und diese wiesen ihnen endlich den richtigen Weg.
„Computer Services“ stand auf der anvisierten Tür, und sie traten ein.
Jo musste sich mit einer Registrierungskarte ausweisen und durfte dann mit seinem Gast den heiligen Ort betreten. Er schaltete einen Rechner ein; leise summend fuhr die Festplatte hoch.
Auf diesem Gebiet war Bob nicht so sehr bewandert, obwohl er hochtechnisierte und computergesteuerte Flugmaschinen geflogen war.
Jetzt war Jo wieder in seinem Element und zeigte Bob, wie gewandt er sich in der Welt des Cyberspace bewegen konnte. Über den Browser gelangte er auf eine Suchmaschine und tippte das entsprechende Suchwort ein: „Tiberius.“
„534.000 mögliche Treffer“, konnte man als Hinweis der Kopfzeile entnehmen. Alle zum Namen „Tiberius“? Die ersten Seiten bevölkerten eine wilde Ansammlung von Weblinks, die entweder Tiberius als Textelement beinhalteten oder ganz andere mit Namen „Tiberius“ waren gemeint: Römer, Dichter, Ingenieure, Rosenzüchter, Heilpraktiker …
„Das ist aber ein Durcheinander!“, bemerkte Bob und schüttelte den Kopf.
„Ja, Suchmaschinen gleich Fluchmaschinen! Wenn man keine näheren Anhaltspunkte hat, kann das ein Spießrutenlauf werden, bis man einen Treffer landet.“
„Dann gib doch mal Labor und Afrika ein! Hatte Gowan nicht so etwas geäußert?“, schlug Bob vor.
Jo tat, was Bob ihm aufgetragen hatte, und tatsächlich, der Computer spuckte ein paar brauchbare Daten zu einem Dr. van Tiberius aus. Ein Bure, wohnhaft in Johannesburg. Beschäftigte sich seit den späten 80er-Jahren mit Gentechnik. Zusammen mit einem Japaner, Dr. Shibata. Das passte zum Suchwort „Labor“!
Endlich hatten sie eine heiße Spur und druckten alles aus, was ihnen annähernd nutzbringend erschien. Danach wühlten sie noch in alten Archiven im Keller herum und kehrten nach Stunden wieder staubbedeckt an die Oberfläche zurück. Es war nun stockdunkel.
Bob war zu unsicher, als neuer Links-Fahrer zu dieser Zeit noch herumzukurven.
Jo sprach kurz mit seinem Zimmerkumpel, der mit ihm einen Raum außerhalb des Unigeländes teilte, und schon hatte Bob eine Unterkunft für die Nacht. Sie informierten Nicole telefonisch, dass sie nahe den heiligen Stätten des Campus übernachten würden. Jo gab ihr erste Ergebnisse gleich mit auf den Weg.
Während Jo und Bob noch das Nachtleben von Cambridge unsicher machten, telefonierte Nicole schon mit ihrer Quelle in Paris. Sie verabredeten sich für den nächsten Abend, um persönlich Daten auszutauschen.
Nicole besorgte drei Flugtickets und ging sehr früh zu Bett. Morgen ist auch noch ein Tag. Jean-Luc kann sicher schon Näheres berichten. Er hat eine gute Spürnase und ein internationales Ermittlungsteam hinter sich. Die haben sicher was für mich. Mit diesen beruhigenden Gedanken schlief Nicole ein.
Kapitel 6/VI – La Travestie Francaise
Mit rosa leuchtenden Buchstaben lockte das Etablissement in Paris seine freizügigen Gäste. Über einen Monitor mit Lautsprechern wurde das jeweils aktuelle Programm nach außen übertragen. Ein Marlene-Dietrich-Imitator sang gerade mit hartem, deutschen Akzent und rauchiger Stimme „Männerr umschwirrrrn micha wie Mottenn dasssa Lichtt …“ und zeigte dabei, auf einem Barhocker lehnend, ein nicht enden wollendes, tadelloses, weibliches Beinpaar.
Das Trio, bestehend aus Nicole, Jo und Bob, trat erwartungsvoll ein. Es war nebelig vor Zigarettenqualm, dunkel, bis auf die Bar, die hinterm Tresen hell erleuchtet eine Unzahl von Flaschen präsentierte. Auf der Bühne konnte Bob den Travestie-Künstler vom Monitor live in seinem Element erleben. Auf seinem Kopf thronte ein Zylinderhut, ein
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