Cäsar läßt grüssen
fertigbrachten. Ja sogar heute noch — wenn man vom touristischen Sektor absieht — beginnen die Herzen der Italiener mitzudenken, wenn das Wort »tedeschi« oder (sehr gern) »teutonici« fällt. Sobald eine deutsche Fußballmannschaft zu einem Gastspiel nach Italien kommt, schreiben die Zeitungen »Vengono i teutonici« und »i Panzer in arrivo« — »die Panzer im Anmarsch«. Und wenn man hinschaut, sind es die Offenbacher Kickers. Ein Trauma aus römischer Zeit.
Das Wort vom Furor teutonicus wurde damals geboren, als aus der gallischen Provinz die Kunde eintraf, Germanen seien mit unwiderstehlicher Gewalt über den Rhein nach Frankreich eingedrungen, ein Meer, eine Woge, ein Tornado von Giganten, von schrecklichen Walhall-Riesen mit Weibern und Kindern, Büffelhörner oder halbe Auerochsenschädel über den Kopf gestülpt, Keulen von urzeitlichem Ausmaß und Speere wie Bäume in den Händen, im Kampf brüllend wie Stiere, angefeuert von ihren Frauen, die ihnen — die Kinder auf den Schultern und mit nackten Brüsten — bei Gefahr bis in die vorderste Linie folgten. Gegen diese Wotansgestalten seien die Kelten des Brennus reine Spaßvögel gewesen.
Weiß der Himmel, woher wir schon immer einen Ruf wie Donnerhall hatten. Wenn die Wache vor dem Buckingham-Palast in monströsen Bärenmützen aufmarschiert, so ist das »hübsch«, wenn wir in Pickelhauben Wache schöben, so wäre es »furchterregend«. Schließlich kannten die Römer die wilden Gallier und die schwarzen Teufel in Nubien. Und schließlich wirkten die römischen Kohorten selbst, wenn sie in Reih und Glied vollverchromt dastanden, auch nicht harmlos. Na ja. Es ist aber auch wirklich zu blöde, sich Büffelhörner auf den Kopf zu setzen, wo es für uns Deutsche ein Taschentuch mit vier Knoten ebenso getan hätte.
Es waren zwei germanische Völkerstämme, die in Bewegung geraten waren: die Cimbern und die Teutonen. Genau genommen sogar drei. Es lief eine Gruppe mit, die sich Ambronen nannte, wahrscheinlich kein geschlossener Stamm. Alle stammten sie aus der Gegend von Holstein, Hamburg, Lübeck bis hinauf nach Jütland. Über die Ursache ihrer Wanderung wissen wir nichts. Es könnte, wie die Alten vermuteten, eine ungewöhnlich verheerende Springflut gewesen sein; vielleicht auch eine Wikinger-Invasion, jedenfalls nicht der gleiche Grund, den fünfhundert Jahre später die große Völkerwanderung hatte. 3
Die Stämme zogen zunächst elbaufwärts in Richtung Prag (das noch nicht existierte), Wien (das schon eine bedeutende keltische Siedlung war) und Jugoslawien, wo sie in dem heutigen slowenischen Drau-Donau-Dreieck eine Zeitlang blieben und siedelten. Die Hauptmasse geriet dann abermals in Bewegung, diesmal Richtung Kärnten, wobei sie sozusagen mit dem linkein Ärmel römisches Gebiet streiften — nun ja, nicht direkt römisches Gebiet, aber »Interessengebiet«, wie ein Historiker so schön sagt, denn in Kärnten gab es Eisengruben, was den Germanen notabene vollkommen schnuppe war.
Das werden wir gleich haben, versicherte Konsul Papirius Carbo, bekannt als theoretischer Haudegen, zog mit einem Heer los und stellte die Germanen bei Noreia, südlich Klagenfurt. Das war im Jahr 113. Die Sache ging sehr rasch über die Bühne, die Römer wurden geschlagen.
Die Nachricht flog in Windeseile durch alle Länder. In Gallien kam es zu Aufständen, bei Tolosa (Toulouse) wurden die römischen Besatzungstruppen von Kelten verprügelt. Inzwischen waren Cimbern und Teutonen unermüdlich weitermarschiert. Ein Ziel schienen sie nicht zu haben. Die Römer als einzige waren nicht im Zweifel, daß das Ziel nur Rom sein konnte, die herrlichste Stadt der Welt, die honorigste, erstrebenswerteste, vorbildlichste, very finest town des very finest people.
Es ist erwiesen, daß die Cimbern und Teutonen bis zur Schlacht von Noreia keine Sehnsucht gespürt hatten, den Römern überhaupt zu begegnen. Hinterher auch nicht, obwohl ihre Achtung erheblich gesunken war.
Die Wandernden überquerten die Alpen, durchzogen Schwaben, wo ein Teil von ihnen hängen blieb, und stiefelten dann über den Rhein zur Rhone. Das war der Moment, der den Großalarm vom furor teutonicus auslöste.
109 v. Chr. Konsul Servilius Caepio, piekfeiner Adliger, der gerade auf dem Wege zur Bestrafung von Toulouse war, gedachte vermittels eines kleinen Abstechers die Sache mit den Cimbern und Teutonen zu bereinigen und stellte sie bei Lyon. Es wurde die zweite Niederlage. Aber es scheint ihm in Rom
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