Cäsar
und aufgekochten zerschnittenen Dörrdatteln; frisches Brot und einen mit Honig und einem Rest säuerlicher Stutenmilch bereiteten Getreidebrei. Er fand noch ein paar aromatische Kräuter, die der Tunke und dem Brei aufhelfen mochten.
Auf der Straße, die am Wald vorbeiführte, hörte er Pferdegetrappel, Rufe und ein paar Schmerzensschreie. Als er den Wald verließ, sah er eine Schwadron Reiterei, eine Centurie Fußsoldaten im Dauerlauf und dazwischen ein halbes Dutzend vorwärtsgestoßene Gallier.
Langsam folgte er ihnen ins Lager, durch Schlammpfützen und vorbei an den Käfigen, in denen abgestumpfte, verdreckte Gallierinnen kauerten. Die Gefangenen wurden zum größten Haus in der Mitte des weiten Lagers gebracht, um von Offizieren oder Caesar selbst verhört zu werden.
Während er letzte Hand ans Abendessen legte, lauschte er zerstreut dem Geschwätz der Küchensklaven, die in Töpfen rührten, Eßbretter schrubbten oder Brotfladen von heißen Steinen nahmen. Offenbar hatten die Verteidiger von Avaricum wieder einen Ausfall unternommen; Belagerungstürme waren schon nah an die Mauern vorgerückt, und auch der Versuch, die überdeckten Laufgänge von oben mit heißem Öl und Pech in Brand zu stecken, war gescheitert.
»Wie lange noch?« sagte einer der Sklaven.
Wie lange halten sie noch durch, warum greifen sie uns nicht an, wann wird es endlich wärmer… Auch Aurelius stellte sich diese und andere Fragen. Manchmal sogar: »Wozu all das?« Er bedauerte die wie Tiere gehaltenen Gallierinnen, die Soldaten, die sie dumpf und lustlos schändeten, die Belagerten, die nicht wahrhaben wollten, daß sie gegen Roms Belagerungskünste von vornherein verloren waren; manchmal bedauerte er sich sogar selbst, sehnte sich nach dem warmen trockenen Süden, in dem Träume von Kalypso genauso unsinnig, aber weniger hoffnungslos wären. Er hörte Catullus krampfhaft husten, und weil ihm gerade so gründlich bedauernd zumute war, bedauerte er den siechen Dichter, der gar nicht bedauert werden wollte.
Als das Abendessen für die Teilnehmer an der Lagebesprechung aufgetragen wurde, betrat Aurelius mehrmals den großen Raum, um dafür zu sorgen, daß alles reibungslos verlief. Den Gesprächsfetzen, die er dabei aufschnappte, entnahm er, daß nach Auskunft der neuen Gefangenen das gallische Heer inzwischen selbst Mangel an Nahrung und Tierfutter litt; Vercingetorix schien mit der Reiterei und ausgewählten Fußkämpfern aufgebrochen zu sein, um die Römer, die am nächsten Tag zum Futterholen ausrücken würden, in einen Hinterhalt zu 1ocken. Offenbar hoffte er, so Caesars ganzes Heer aus dem Lager in eine Schlacht ziehen zu können.
»In ihre Wälder wollen sie uns kriegen.« Marcus Antonius, der offenbar die gründliche Befragung der Gallier geleitet hatte, fuhr sich mit dem Zeigefinger über die Kehle. »Wir müßten wahnsinnig sein, um uns darauf einzulassen.«
»So wahnsinnig wie sie, gegen uns im offenen Gelände anzutreten«, sagte Labienus. »Aber sollten wir nicht etwas unternehmen? Wenn sie schon näher kommen…«
Caesar selbst brach um Mitternacht mit mehreren Legionen auf und gelangte morgens zum Lager der Gallier. Sie hatten ihre Truppen auf einem kahlen Hügel zusammengezogen, der von Sümpfen umgeben war. Die Knüppelwege hatten sie zerstört und warteten auf einen römischen Angriff. Gegen den Willen der Soldaten und etlicher Offiziere brach Caesar das Unternehmen ab und führte sie ins Lager zurück. Er hielt es für sinnlos, unter diesen Umständen einen Sturm zu versuchen; die Entscheidung mußte also bei der Belagerung der Stadt fallen.
Aber es war mühsame Arbeit. Rammböcke und Mauersicheln fingen die Bituriger mit Schlingen auf und zogen sie mit Winden nach innen. Den Damm untergruben sie. Auf den Mauern bauten sie mit Leder umhüllte Türme. Bei Ausfällen steckten sie Laufgänge und Damm in Brand und griffen die mit Belagerungsarbeiten beschäftigten Soldaten an. Wie sich die Belagerungstürme mit dem wachsenden Damm hoben, stockten sie auch ihre Türme auf. Sie hielten Aufschüttungsgeräte durch angespitzte Pfähle, Pech und schwere Steine auf. Außerdem ließen Kälte und Regen nicht nach. Trotzdem errichteten die Soldaten innerhalb von fünfundzwanzig Tagen einen hundert Schritte breiten und fünfundzwanzig Männer hohen Damm.
Nun verbrachte Caesar die Nächte dort, nur mit seinem Mantel und einer Lederdecke, um die letzten Arbeiten selbst zu leiten und die Männer zu ermutigen.
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