Cafe con Leche
so gut, dass ich das Gefühl habe, sie wolle mir meine Haut verbrennen.
Der Asphalt wirft die Hitze zurück und ich komme mir wie in einem Backofen vor.
Noch eine Zigarette für mich, dann sind wir startbereit. Die Rucksäcke auf
unseren Schultern, jeder trägt wieder seinen eigenen, geht es zur Stadt hinaus.
Das
ist gar nicht so einfach. Ich habe Probleme, mich auf der Stadtkarte zurecht zu finden. Der Norden zeigt nicht nach oben, sondern
nach schräg rechts versetzt. Selbst Christine, meine gute Navigatorin,
überlässt mir diesmal das Kartenlesen. Ich gucke und gucke. Irgendwie komme ich
nicht so recht klar. Aber eines weiß ich! Wir müssen Richtung Nordosten! Über
die Rúa De Xelmirez und dann weiter die Rúa De San Pedro geht es durch den
heißen Backofen Santiagos zur Stadt hinaus. Bei den vielen großen Straßen bin
ich mir manchmal nicht so ganz sicher, auch die richtige zu gehen. Oft bleiben
Chris und ich stehen. Dann wieder wird die Karte studiert. Wir sind richtig!
Auf der Rúa de San Làrzaro laufen wir zur Stadt hinaus. Doch vorher will ich
noch auf unsere Compostela anstoßen.
„Ich
habe noch fünf Euro. Dahinten, auf der rechten Seite ist eine kleine Bar. Dort
werden wir uns in den Schatten setzen und auf unsere Compostela anstoßen”, sage
ich zu Chris. „Das haben wir uns verdient!”
Un
Café con leche y una Coca-Cola, bestelle ich, als eine wohlgenährte Wirtsfrau
uns mit warmer, dunkler Stimme fragt, was wir trinken wollen.
„Peregrinos?”,
fragt sie uns und zeigt auf unsere Rucksäcke.
„Sí,
sí“, antworten Chris und ich gleichzeitig.
Sie
lacht und eilt zurück in die Bar. Ich stecke mir eine Zigarette an und bin
heilfroh darüber, noch drei Schachteln davon zu haben. Aber Deutschland ist
weit! Den Gedanken, irgendwann auf diesem Weg ohne Zigaretten auskommen zu
müssen, verwerfe ich ganz schnell. Ich will nicht daran denken. Die lachende
Wirtin kommt mit den Getränken zurück und fragt uns, ob wir Deutsche seien. Wir
bejahen und erzählen ihr mit Händen und Füßen, dass wir nun zurücktrampen
wollen. Sie schlägt die Hände über ihren Kopf zusammen und murmelt auf
Spanisch, wie gefährlich das doch wohl sei. Da ich darauf nicht auf Spanisch
antworten kann, falte ich meine Hände wie zu einem Gebet, und schaue in den
Himmel.
„Sí,
sí“, lacht sie nun.
Ich
bezahle unsere Getränke sofort. Sie wünscht uns einen guten Weg.
„Auf
uns, Schätzchen”, sage ich zu Chris. Dann stoßen wir an. „Auf das alles gut
wird!”
Nach
einer halben Stunde sind wir wieder on the road. Ich laufe rückwärts vor
Christine, den Daumen heraushaltend. Wir laufen und laufen, kein Auto hält an.
Dann verlassen wir die Rúa de San Lázaro und schlagen den Weg Richtung Melide
ein. Wir werden wohl oder übel den ganzen Weg, den wir gepilgert sind, zurück
trampen müssen.
Obwohl
die Straße nach Melide auf dem Stadtplan recht groß und breit aussieht, ist
doch wenig Verkehr. Ich laufe fast fünfhundert Meter zurück zum Wegweiser, um
mich zu vergewissern, auf der richtigen Straße zu sein. Wir sind es! Aber kaum
Verkehr! Das kann ja heiter werden! Eine Brücke, die über die Straße führt,
bietet Schatten. Es ist fünfzehn Uhr. Chris setzt sich an die Rasenböschung,
ich stehe an der Straße und halte den Daumen heraus. Um halb fünf Uhr stehen
wir immer noch an derselben Stelle. Unendlich viele Wünsche haben wir schon ans
Universum geschickt. Nichts! Es ist kurz vor siebzehn Uhr. Mein Optimismus
schwindet dahin.
„Chris,
wünsch dir noch mal etwas. Aber du musst auch ganz, ganz feste dran glauben!”
Chris
wünscht sich was. Die paar Autos, die an uns vorbeikommen, fahren durch. Dann,
welch ein Wunder, ein Auto hält an. Es ist siebzehn Uhr. Wurde Christines
Wunsch etwa in den letzten fünf Minuten erhört? Wie von einer Tarantel gestochen,
rennen wir beide zu dem Auto. Ein junger Bursche, eine Zigarette lässig in
seinem Mundwinkel, schaut uns an.
„Wohin
fahren Sie?”, will ich ihn auf Spanisch fragen. Doch vor lauter Freude hab ich
es vergessen. Das Einzige, was ich heraus kriege, ist: „a dónde? Wohin?”
Er
fährt nach Melide und nimmt uns mit. Juchu! Wir sitzen im Auto. Es kann los
gehen! Und als wir die Türen schließen, geht die Post ab. Wie ein Besengter
fährt er in die Kurven, schaltet hoch, dass das Getriebe aufheult, um die Autos
vor uns zu überholen. Da war doch die Busfahrt von Biarritz nach Bayonne fast
harmlos. Jede Kurve, die er in seinem höllischen Tempo
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