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Cafe con Leche

Cafe con Leche

Titel: Cafe con Leche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agathe Hanses
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da!”
    „Mama,
manchmal benimmst du dich wie ein kleines Kind! Du hast doch gestern Abend
vorgeschlagen, unsere Rucksäcke am Ortschild von Santiago zu tauschen. Jetzt
lass doch das Meckern! Gib mir deinen Rucksack und lass uns weitergehen!”
    Ach
ja! Das habe ich vor lauter Meckerei vergessen! Gestern Abend habe ich
Christine den Vorschlag gemacht. Jeder trägt den Rucksack und damit das Gewicht
des anderen bis zum Pilgerbüro, wo wir dann unseren Pilgerbrief erhalten
werden. Also tauschen wir nun unsere Rucksäcke und was ich nun auf meinem
Rücken trage, ist in Relation zu meinem Rucksack, ein Fliegengewicht.
Federleicht! An Christines Gesicht erkenne ich, dass sie nicht mit so viel
Gewicht gerechnet hat. Das Oh, das beim Hochhieven meines Rucksacks über ihre
Lippen kommt, überhöre ich geflissentlich. Jetzt weißt du, was ich die vielen
Kilometer an Gewicht getragen habe, denke ich schmunzelnd. Doch wie meine
Tochter halt ist; sie verliert keine Silbe über mein Rucksackgewicht und geht
im Gegensatz zu ihrer Mutter, ohne Gejammer weiter. Wir laufen, immer wieder
nach der Kathedrale fragend, durch Santiago. Am Berghang kleben die bunten
Häuser wie aufeinandergestapelte Schachteln.
    „Santiago
de Compostela habe ich mir aber schöner und anheimeliger vorgestellt”, meint
Chris.
    „Ich
auch! Noch nicht einmal ein Wegweiser ist zu finden und eine Kathedrale ist
doch auch nicht zu übersehen!”
    Chris
fragt sich durch. Sí, si, immer die Straße hoch. Dann links, zweite Straße
rechts, wieder links! Sí, si, da ist dann die Kathedrale!
    Unwillkürlich
muss ich an den Einzug von Jesus in Jerusalem denken. Der hatte bestimmt nicht
so viel Probleme, den Tempel zu finden. Da ging es
bestimmt schnurstracks geradeaus!
    Und
dann endlich! Die Türme der Kathedrale sind zu sehen. Noch einmal um eine Ecke
und wir stehen auf einem großen Platz vor ihr. Viele Leute und Pilger strömen
in die große Kathedrale. Wir auch! Und dann stehen wir in dieser großen Kirche,
in der gerade eine Messe vor Hunderten von Leuten gehalten wird. So eine große
Menschenmenge habe ich noch in keiner Kirche gesehen. Andächtig verharren wir
dort eine Weile, verstehen jedoch kein Wort, weil die Messe auf Spanisch
zelebriert wird. Hier also sind die Gebeine des heiligen Jakobus begraben! So stehen wir verschwitzt, unsere Rucksäcke auf dem Rücken, eine
Zeitlang im schattigen Eingang. Mir wird es kalt.
    „Lass
uns das Pilgerbüro suchen”, raune ich Chris zu. „Ich friere und möchte mich
nicht erkälten.”
    Auf
dem großen Platz vor der Kathedrale strecke ich die Nase in die Sonne und wärme
mich, still verharrend, wie ein Chamäleon. Nichts geht über wärmende
Sonnenstrahlen!
    „Dann
lass uns mal das Pilgerbüro aufsuchen. Das ist sicherlich in der Nähe der
Kathedrale”, sage ich, nachdem mir wieder etwas wärmer ist.
    Doch
leider sind wieder keine gelben Pfeile zu sehen. Wieder müssen wir uns
durchfragen. Nun irren wir wie Schafe, auf der Suche nach ihrem Hirten, durch
die Gassen. Aber der Hirt gibt sich uns nicht zu erkennen!
    Hola,
ruft jemand Christine zu. Ich drehe mich in die Richtung, aus der die Stimme
kommt. Da steht ein junger Bursche. Ich erkenne ihn an seinen Rasterlocken.
Marten! Den haben wir doch in der Herberge von Portomarín getroffen!
    So
steht der junge Mann vor uns und schaut mitleidig auf Christines großen
Rucksack.
    „Soll
ich dir den Rucksack tragen?”, fragt er sie.
    „Danke”,
antwortet Chris. „Das ist lieb von dir, geht aber gerade nicht. Meine Mutter
hat mir gestern vorgeschlagen, dass wir die Rucksäcke in Santiago tauschen. So
trage ich nun ihren und sie dafür meinen bis zum Pilgerbüro.”
    Die
beiden unterhalten sich noch, doch ich bin schon in Gedanken im Pilgerbüro.
Marten geht ein Stück des Weges mit uns und zeigt uns dann das Pilgerbüro, das
ganz unscheinbar im ersten Stock eines Hauses in der Fußgängerzone nahe der
Kathedrale liegt.
    „Nochmals,
vielen Dank!”, sagt Chris.
    Dann
steigen wir die Stufen empor und stehen im Pilgerbüro. Einzelne Tische, an
denen die Schreiber sitzen, stehen in einem großen Raum. Wir gehen auf einen
der Tische zu. Ein Herr, der, wie sich im Laufe des Gespräches herausstellt,
Belgier ist, bietet uns Platz an. Die Reihe ist zuerst an mir und ich gebe ihm
meinen Pilgerausweis. Dieser wird genauestens studiert. Es dauert für mich
unendlich lange und Angst breitet sich plötzlich in mir aus. Was, wenn er
aufgrund der Busfahrt, die wir gemacht haben,

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