Cafe con Leche
kaufst du dir endlich einen Hut! Dein Kopf ist
schon ganz heiß und rot”, bestimmt meine Tochter entschlossen.
Mein
Kopf wird immer sofort heiß und rot, wenn ich mich auch nur ein wenig
anstrenge, denke ich leicht mürrisch, denn ich habe keine Lust auf eine
Kopfbedeckung. Aber um des lieben Friedens willen sage ich: „Vielleicht finde
ich dort einen Laden. Aber wenn es da nur blöde Hüte zu kaufen gibt, kaufe ich
mir keinen! Ich laufe nicht wie eine Vogelscheuche durch die Gegend!”
Wir
sind schon einige Zeit unterwegs und wollen rasten, aber nirgends am Wegesrand
ist eine Bank zu finden. Einfach nichts, wo wir mal Pause machen können.
Christines Knie meldet sich wieder und mein Rucksack wird immer schwerer. Eine
Frau vor uns hat auch Probleme mit dem Laufen. Immer wieder muss sie stehen
bleiben. Ihr Beine hat sie bandagiert.
„Geht’s?”,
frage ich sie, als wir auf gleicher Höhe sind. „Können wir irgendwie helfen?”
Nein,
nein! Es geht. Sie kommt klar.
Die
letzten fünf Kilometer werden uns beide zur Qual. Für Chris ist es das Knie,
die aufgrund ihrer Schmerzen oft stehen bleiben muss; für mich das ständige
Anhalten. Aber keiner von uns jammert. Wir reden kaum miteinander. Jeder ist
wohl froh, Santo Domingo zu erreichen. Ich bin meinen Füßen dankbar, dass sie
mich, ohne Wehwehchen und Blasen bis hierhin getragen haben. Kein Puder, keine
Cremes, kein Pflaster! Und nicht zu vergessen! Gute Socken sind wichtig!
Einfache Baumwollsocken scheuern im Schuh. Damit ist schlecht Laufen! Meine
Freundin Rita, die eine Strumpffabrik im Sauerland hat und von unserem
Pilgervorhaben wusste, hat uns Socken von guter Qualität für den Weg geschenkt.
Dafür hätten wir in einem Sportgeschäft viel Geld lassen müssen. Doch Rita
sagte nur, als ich sie anrief und nach Socken fragte: Klar! Kommt rüber und
sucht euch so viel aus, wie ihr braucht. Ich bin Rita dankbar für die tollen
Socken. Kein Scheuern und keine schwitzigen Füße! Einfach Toll! Schön, dass es
Freunde gibt!
So
gehen wir Schritt für Schritt unter der heißen Sonne Santo Domingo entgegen.
Trotz
alledem, Zeit für ein Foto
Heute ist ein Tag, an
dem nicht viele Pilger unterwegs sind. Es ist ruhig auf dem Camino. Von einer
kleinen Anhöhe können wir ins Tal auf Santo Domingo schauen.
„Komm,
Chris, das schaffen wir auch noch!”, versuche ich sie zu ermuntern. Aber Chris
muss nun öfters stehen bleiben. Ich warte immer wieder auf sie und fühle meinen
Rucksack schwerer werden. Langsam laufen wir gemeinsam weiter. Langsamer, als
mein Schneckentempo! Das strengt mich ungeheuer an und mir rinnt der Schweiß
über den Körper. Ich sage nichts, denn es tut mir für Chris leid, dass ihr Knie
schmerzt. Ihre Stöcke sind nun herzlich willkommen. Darauf kann sie sich gut
abstützen.
Dann
endlich! Die Stadt ist da! Uns schlägt die Hitze entgegen. In den engen Gassen
kann diese nicht entweichen. Die Herberge ist leicht zu finden, denn sie liegt
direkt zur Linken an unserem Weg. Durch einen übermauerten Torbogen betreten
wir das Innere der Herberge. Die Rucksäcke fallen sofort von den Schultern und
wir holen unsere Pilgerausweise hervor. Eine Frau, die sehr gestresst aussieht,
gibt uns einen Stempel. Sie schaut auf unsere Schuhe und zeigt, ohne ein Wort
zu viel zu sprechen, auf einen Raum, in dem wir die Schuhe stellen können. Aha,
Schuhe aus! Dann zeigt ihr Daumen nach oben. Zweiter Stock! Sie würdigt uns
fast keines Blickes. Als wir die Treppen hinauf steigen, kann ich es mir nicht
verkneifen, meinen Unmut kundzutun. „Manche Leute brauchen einfach mal eine
Auszeit”, sage ich zu Chris.
Wir
haben unsere Betten in einem Sechs-Bett-Zimmer. Das ist so klein, dass wir
unsere Rucksäcke im Flur stehen lassen müssen. Eine Tür zum Schlafraum gibt es
nicht. Dusche und Toilette sind in einem winzigen Raum untergebracht. Viel
Bewegungsfreiheit ist nicht. Jeder, der auf dieser Etage zum Klo muss, oder
duschen will, kommt an unserer Kammer vorbei. Ich finde das doch sehr
gewöhnungsbedürftig, zumal ich mit dem Kopf direkt am Zimmereingang liege. Ein
spanisches Ehepaar mit seinen zwei großen Töchtern teilt sich mit uns das
Schlafgemach, das wie ein riesengroßes Bett aussieht. Chris und mein Bett
stehen hintereinander an der linken Wand. Die anderen vier Betten bilden ein
großes Quadrat. Will einer aus der Familie sich hinlegen, muss er jeweils über
den anderen klettern, um in sein Bett zu kommen. Aber ich will ja nicht schon
wieder
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