Cafe con Leche
setzt sich zu Elena
und Anna, die beiden Mädchen, die mit uns in einem Zimmer schlafen. Alle Drei lachen
und gehen ins Haus. Ich freue mich, dass Christine, die sonst so sehr in sich
gekehrt ist, fröhlich lacht. Das tut ihr und mir gut. Sie ist auf dem Weg
offener und spontaner geworden. Ist nicht so einsilbig, wie manches Mal
zuhause. Es tut mir als Mutter gut, meine Tochter so aufgeschlossen zu sehen.
Wenn uns der Weg das bringt, lohnt es sich allemal, ihn dafür zu gehen! Um
einundzwanzig Uhr fünfundvierzig kommt Chris in den Hof. Ich will noch eine
Zigarette rauchen. Dann können wir ja zu Bett gehen. Um zweiundzwanzig Uhr wird
eh die Küchentür zum Hof abgeschlossen. Mit dem Schreiben bin ich auch weit
gekommen. So will ich mir gerade die Zigarette anzünden, da erscheint eine
Ordensschwester aus dem Nebengebäude. In ihrem langen Gewand rauscht sie auf unseren
Tisch zu. Sie sagt etwas auf Spanisch, dass sich für mich wie buen camino
anhört.
„Ich
glaube, sie hat uns einen schönen Camino gewünscht”, übersetze ich frei.
„Nein
Mama, sie hat gesagt, dass jetzt Feierabend ist und wir zu Bett gehen sollen!”
Eigentlich
wäre wirklich noch Zeit für eine Zigarette, aber die katholische Obrigkeit ist
pünktlicher, als pünktlich. Ordensschwestern, wie ich sie aus meiner Kindheit
und späteren Internatszeit kenne, sind sehr genau und dulden keinen
Widerspruch. Schon gar nicht Schwester Oberin! So sehen wir uns schon allein ob
ihres strengen Blickes gezwungen, den Hof fluchtartig Richtung Bett zu
verlassen.
„Buenas
noches”, sagen wir höflich und schon sind wir weg.
Und
ich dachte, sie hätte uns etwas Nettes gewünscht! Also keine Zigarette mehr!
Stattdessen mit der Zahnbürste in der Hand Richtung Bad und dann ab ins Bett.
Das Licht ist noch an. So sitzen wir alle noch zusammen und unterhalten uns auf
Englisch. Bevor ich in den Schlafsack krieche, entschuldige ich mich noch einmal
vorsorglich für meine Schnarcherei.
„Tsch,
Tsch, Tsch”, lacht Anne, die Mutter und dann wird auch schon das Licht
automatisch ausgeschaltet. Kurze Zeit später höre ich jemanden die Treppen
hochsteigen. Das Licht im Flur brennt noch. Vielleicht ist das ja Schwester
Oberin, die nach ihren Schäfchen schaut. Wo kämen wir denn hin, wenn es nachts
in den Herbergen ein Tohuwabohu gäbe? Ich höre, wie der Lichtschalter betätigt
wird, dann ist es auch im Flur dunkel. Der Mond scheint ins Zimmer und ich
liege noch einige Zeit wach in meinem Bett. Viele Gedanken schwirren durch
meinen Kopf. Wir haben schon ein gutes Viertel der Wegstrecke geschafft. Und
trotz der anfänglichen Schwierigkeiten kommen wir täglich gut voran. Selbst
wenn sich mein innerer Schweinehund noch des Öfteren meldet, so kann ich doch
stolz auf mich sein. Bis jetzt habe ich besser durchgehalten, als ich zu Beginn
dachte. Die Berge stressen mich schon, aber dafür entschädigt manch schöne
Landschaft so einiges. Auch Chris hält sich wacker. Ihr Knie hat sich wieder
erholt und Blasenpflaster für ihre Füße brauchte sie bis jetzt auch keine. Ich
freue mich, dass wir gemeinsam pilgern. So in Gedanken versunken, schlafe ich
friedlich mit meinen neu errungenen Ohrstöpseln dem Morgen entgegen.
5. Juli 2008
Santo
Domingo — Belorado
Wir
kommen gut aus den Betten. Es ist sechs Uhr in der Früh und ein Blick aus dem
Fenster kündet einen heißen Tag an. Ab ins Bad! Katzenwäsche, Zähne putzen!
Dann gehe ich runter in die Küche, brühe löslichen Kaffee auf und decke für die
spanische Familie und uns den Tisch. Chris kommt mit Elena zur Tür hinein und
Anna bringt noch einen Liter Milch mit. Für alle gibt es an diesem Morgen Café
con leche. Baguettes, Mozzarella, Tomaten, Butter und Marmelade bereichern das
Frühstück. Heute Morgen wird etwas schneller gegessen, wir wollen alle früh
starten.
„Agathe,
du hast heute Nacht soo geschnarcht”, sagt Anna zu mir. „Ich habe ganz oft
tsch, tsch gemacht. Aber das hat nichts genutzt!”
„Ach
Anna, das tut mir leid. Meine Töchter finden das auch ganz schlimm. Ich
schnarche schlimmer, als ihr Vater, sagen sie zu mir.”
Elena
übersetzt für mich auf Spanisch. Wir lachen herzhaft. Die Rucksäcke sind
gepackt und als kleine Pilgerschar ziehen wir von dannen. Die spanische Familie
kehrt noch in einem Café ein, da sie Proviant für unterwegs kaufen will. Das
ist einfach genial hier. Die Cafés am Jakobsweg öffnen fast alle in der Früh
gegen halb sieben. Da es morgens
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