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Cafe con Leche

Cafe con Leche

Titel: Cafe con Leche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agathe Hanses
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Mirco, den Italiener,
der in der Herberge von Pamplona über mir schlief und mir geraten hatte, mich
bei der Post von meinem zu viel mitgenommen Ballast zu befreien. Er liegt im
Schatten am Brunnen auf einer Bank und kaut auf einem Grashalm. Mirco ist auf
dem Jakobsweg von Italien bis Santiago de Compostela zu Fuß unterwegs. Als er
uns sieht, lacht er uns entgegen und fragt, ob wir noch bis Burgos wollen.
    „Nein”,
sagt Chris. „Wir sind fix und foxi. Wir suchen hier die Herberge.”
    „Eine
Herberge findet ihr hier nicht. Es gibt eine kleine Pension. Da kostet die
Übernachtung aber vierzig Euro.”
    Vierzig
Euro? Und das in dieser Einöde? Er sieht wohl die Enttäuschung in unseren
Gesichtern stehen.
    „Wo
können wir denn noch hin?”, frage ich ihn. Bis Burgos schaffen wir das nicht
mehr. Das sind mindestens noch zehn Kilometer. Was sollen wir denn jetzt
machen?” Ich schaue zu Christine rüber, aber sie ist genauso fertig wie ich und
hat sich erst einmal auf die Bank gesetzt.
    „Ihr
könnt bei mir schlafen. Ich habe oben an der Kirche einen ruhigen Platz
gefunden. Da kommen keine Leute hin, da habe ich auch mein Zelt aufgebaut”,
flötet Mirco auf Englisch mit seinem italienischen Akzent. „Don’t worry!”, fügt
er noch hinzu. „Es ist Platz für und drei.”
    Dann
werden wir mal Mircos Schlafgemach aufsuchen. Wo sollen wir auch sonst hin? Wir
erklimmen den letzten Anstieg an diesem Tag. Über viele Treppen erreichen wir
eine Kirche, die über dem kleinen Ort liegt. Am Kirchturm, der windgeschützt
liegt, hat es sich Mirco gemütlich gemacht. Von hier oben kann man in der Ferne
die Stadt Burgos sehen. Wir holen unsere Zeltplane und das Seil aus dem
Rucksack. Chris spannt das Seil zwischen die beiden Stöcke, befestigt das Ende
an einem Baum und schon haben wir ein Zelt. Schwuppdiwupp! Sie ist technisch
versiert! Dann laufen wir noch runter zum Dorfbrunnen, waschen uns das Gesicht
und putzen uns die Zähne. In der einzigen Bar vor Ort frage ich den Wirt nach
einem Zigarettenautomaten. Das ist die einzige Möglichkeit, außer in den
Tabakläden, hier Zigaretten zu kaufen. Die Luft in der kleinen Bar ist bleiern
von Rauch durchzogen und da die Spanier wohl allerlei Glücksspiele mögen, wird
an den drei einzigen Tischen kräftig gezockt. Hier sieht alles sehr schäbig und
heruntergekommen aus. Der Wirt, ein Mann von circa vierzig Jahren, redet so
flott zu mir; ich kann ihm nicht folgen. Er ist fast zahnlos und alles an ihm
sieht schmuddelig aus. Ich mag ihn fas gar nicht angucken. Er ruft irgendetwas
in die Küche hinein und eine kleine, dicke Frau kommt von dort. Aha, das ist
wohl die Mama! In der rechten Hand hält sie ein langes, blutverschmiertes
Messer. Lässig wischt sie es an ihrer blutverschmierten Schürze ab. Aha, sie
bereitet das Essen, denn es riecht nach Gebratenem. Die Zigarette hängt ihr
lässig aus dem Mundwinkel. Ich will ja nur eine Schachtel Zigaretten! Mit
Händen und Füßen gebe ich ihr zu verstehen, dass ich Zigaretten kaufen will.
    „El
cigarillo comprare”, sage ich zu ihr.
    „No,
no. No pitillos”, erwidert sie und ich sehe keinen einzigen Zahn in ihrem Mund.
Wie schafft sie es dann, so die Zigarette in ihrem Mund zu halten? Mit dem
Finger zeige ich auf ihre Zigarette und frage sie ganz nett, ob sie mir eine
von ihren verkaufen kann, da meine zu Neige gegangen sind.
    „Sí,
sí“, lacht sie mich zahnlos an.
    Sie
wäre bestimmt im Wilden Westen eine gute Saloonbesitzerin gewesen. So eine, die
das Zepter fest in ihrer Hand hält. Dann holt sie zwei Zigaretten. Ich will
bezahlen, doch sie winkt streng ab.
    „Muchas
Gracias”, sage ich, ihr dankbar meinem Laster wieder frönen zu können.
Christine kauft sich noch ein Eis. Dann steigen wir die Stufen zum Kirchturm
hinauf. Chris ist müde und in ihrem Bauch grummelt es. Wir setzten uns noch
kurz zu Mirco und sein langsam, gesprochenes Englisch, mit seinem italienischem
Akzent, hört sich wirklich wunderbar an. Fast jeder zweite Satz endet mit:
„Agathe, don’t worry, be happy!”
    Dabei
fühle ich mich gar nicht worry, sondern eher happy, eine Schlafstätte gefunden
zu haben. Dazu noch zwei geschenkte Zigaretten! So dauert es auch nicht lange
und ich gehe mit der untergehenden Sonne zu Bett.
    Nach
den weichen Matratzen in den Herbergen ist das Liegen jetzt ein hartes Los.
Christine krabbelt auch irgendwann in ihren Schlafsack und dann übermannt uns
der Schlaf. In der Nacht werde ich vom Donnerschlag wach. Bitte! Jetzt

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