Cafe con Leche
kaufen wir in einem kleinen Geschäft noch
Nudeln, ein Baguette, Tomaten, Käse und Eier ein. Mein Rucksack will nicht
richtig sitzen; die Sonne brennt. Dann stehen wir endlich vor der Herbergstür.
Obwohl
wir heute nicht viel gelaufen sind, fühle ich mich ziemlich groggy. Wir
bezahlen zusammen zwölf Euro und erhalten unseren Stempel im Credencial del
Peregrino. Zu Waschen gibt es heute nichts. Bus fahren strengt nicht an!
Draußen stehen Tische und Stühle. Diesmal habe ich mehr Zeit fürs Schreiben.
Chris setzt sich zu mir.
„Schade,
dass wir jetzt nicht mehr mit den anderen gehen. Anderseits sind wir sicherlich
in ein paar Tagen in Santiago. Ob wir da wohl jemanden treffen werden, den wir
kennen?”
„Ich
weiß nicht”, sage ich zu Chris. „Jörg Draeger wollte am einundzwanzigsten Juli
von Santiago nach Deutschland fliegen. Den sehen wir bestimmt nicht mehr!”
„Ach
ja, Jörg Draeger”, erwidert Chris. „Das war ein schöner Tag mit ihm. Schade,
dass wir den nicht noch einmal wieder gesehen haben.”
„Wir
hätten auch von ihm ein Foto machen sollen. Aber das war mir dann doch zu unangenehm.
Ich wollte nicht wie so ein Fan vor ihm stehen.
„Warum
nicht? Hättest du mal eins gemacht”, meint Christine.
„Ja,
hätte ich mal.” Ich bereue meine Bescheidenheit.
Dann
geht sie in die Küche und bereitet das Abendessen vor, während ich weiter schreibe.
Ich muss! Die Erinnerung verblasst! Während wir zu Abend essen, besprechen wir
den morgigen Tag. Wir wollen weiter nach Portomarín.
Chris
liegt heute früh im Bett. Der Handywecker steht auf fünf Uhr. Ich sitze noch
bis dreiundzwanzig Uhr in der Küche und schreibe. Dann schleiche ich mich leise
in den Schlafraum. Friedliches Geschnarche ist zu hören.
Die
Ohrstöpsel in die Ohren, die Augen zu, der Schlaf übermannt mich.
17. Juli 2008
Sarria
— Portomarín
Das Handy piepst;
jeden Morgen das gleiche Ritual. Leise schleichen wir uns mit unseren
Waschutensilien ins Bad. Katzenwäsche ist angesagt. Anschließend die
Schlafsäcke einrollen, die Ohrstöpsel ja nicht vergessen, die Rucksäcke, die
schon fertig bereit stehen nehmen und zur Tür hinausschleichen.
The
same procedure as every year, wie es so schön in dem Sketch „Dinner for one”
heißt.
The
same procedure as every morning, wie es für uns auf dem Camino heißt.
Hurra
Portomarín, wir kommen!
Die letzten einhundert
Kilometer sind für jeden Pilger Pflicht, zu Fuß zu gehen. Die letzten
einhundert Kilometer liegen vor uns. Da ist nichts mehr mit Busfahren! Gut,
dass wir früh unterwegs sind. So schaffen wir einiges, bis el sol wieder mal
ihre ganze Kraft am Himmel entfaltet. Die Luft ist kalt und feucht. Im Dunkeln
geht es über die Brücke Ponte de Aspera zur Stadt hinaus. Christine, die ihre
Stirnlampe aufgesetzt hat, läuft voran. Der Lichtkegel hüpft wie ein kleiner,
heller Gummiball durch die Dunkelheit und wir müssen uns schon sehr
konzentrieren, um uns nicht zu verlaufen. Wir gehen durch Hohlwege, die in alte
Natursteine gefasst sind. Nach einigen Kilometern erreichen wir Brea. Dort
entdecken wir einen Kilometerstein. Die letzten einhundert Kilometer bis
Santiago sind in ihm eingemeißelt. Ich hole die Kamera aus dem Rucksack, um den
Stein zu fotografieren. Aber es tut sich nichts. Das Einzige, was an der Kamera
blinkt, ist die kleine, rote Lampe, die mir anzeigt, dass dar Akku mal wieder
leer ist.
„Das
gibt’s doch nicht!”, sage ich genervt zu Chris. „Wie kann das denn sein, dass
sich der Akku so schnell leer zieht? Den haben wir doch gestern noch
aufgeladen. So etwas Blödes!”
„Wo
ist denn der andere Akku?”, fragt Chris.
„Ich
weiß nicht”, erwidere ich und lasse den Rucksack von meinen Schultern fallen.
Normalerweise ist der immer in der Kulturtasche ganz oben im Rucksack.”
Aber
ich finde nichts! Wo ist der andere Akku? Jetzt packt es mich. Ich will es
wissen und krame im Rucksack herum. Mein Handtuch fliegt raus, das T-Shirt
hinterher. Ein Paar Socken, Kekse. Wo ist der Ersatzakku geblieben? Die kleine
Kulturtasche, in der ich mein Schreibutensil, ein paar Schmerztabletten und
sonstige Dinge für unterwegs habe, liegt diesmal nicht oben, sondern so
ziemlich in der Mitte. Sonst habe ich sie immer griffbereit in der obersten
Rucksacktasche! Ich bin verärgert, dafür ist aber der Ersatzakku gefunden und
der Rucksack wieder gepackt. Das Handtuch, die Socken, das T-Shirt und die
Kekse; alles ist wieder verstaut. Isomatte und
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