Cafe con Leche
Ja,
klar! Palas del Rei, fällt es mir wieder ein. Rucki, zucki sitze ich wieder
unten auf der Bank und dann fliegt der Stift nur so übers Blatt. Die Gedanken
und Erinnerungen sind bald schneller, als ich schreiben kann. Gegen zwanzig Uhr
wird es mir dann doch zu kühl. Die Sonne ist hinter der Hofmauer verschwunden
und ich sitze schon seit geraumer Zeit im Schatten. Ich hole mir die Jacke aus
dem Rucksack und setze mich in die Küche. Chris ist aufgestanden und erklärt
sich bereit, unser Abendessen zu machen. So kann ich weiterschreiben. Gegen
zweiundzwanzig Uhr schließt die Herberge und Chris geht zu Bett. Eine halbe
Stunde später habe ich es geschafft. Der gestrige Tag ist niedergeschrieben!
Dann schleiche ich mich zu Bett. Christine schläft schon und schnarcht leise
vor sich hin. Im Schlafsaal ist es dunkel. Die einzige Lichtquelle spendet der
Mond, der fast immer noch dick am Himmel steht. Von draußen tönt die Musik
durch die offenen Fenster herein. Jetzt geht das Festival auf dem Marktplatz
erst richtig los. Fetzige Livemusik dröhnt aus den Lautsprechern.
Bei
dieser lauten Musik fangen die Betten bestimmt gleich zu tanzen an, denke ich
mir. Jedenfalls wippen meine Füße zum Takt mit und am liebsten wäre ich mitten
im Geschehen. Ich bin aufgedreht und kann nicht schlafen. Mit der
Zigarettenschachtel in der Hand schleiche ich mich auf den kleinen Balkon, der
direkt an den Schlafsaal grenzt. Keine dreißig Meter weiter geht die Post ab!
Was ist das für ein Gegröle und Geknalle! Als fielen Silvester und ein
Rockkonzert zusammen auf eine Nacht. Die Explosionen der Feuerwerkskörper gehen
mir durch Mark und Bein. Die Musik ist so laut, dass wahrscheinlich alle Tiere,
die in den Mauerritzen der Häuser oder Gemäuer leben, schon daraus gefallen
sind. Hier werden heiße Rhythmen gespielt und die Trompeten wetteifern mit der
E-Gitarre! Hier geht nicht nur die Post ab, hier tobt wohl die ganze Stadt!
Nachdem ich aufgeraucht habe, lege ich mich wieder hin. Wir haben uns
vorgenommen, morgen früh um fünf Uhr zu starten. Es wird Zeit für mich, in den
erholsamen Schlaf zu kommen. Als ich die Oropax in die Ohren stecke, versagen
selbst diese bei der lauten Musik, was mir aber nicht unangenehm ist. Dumpf
nehme ich die Trompeten und die E-Gitarre wahr. Dann ich schlafe.
20. Juli 2008
Arzúa
— Arca O Piño
Gebrumme unter meinem
Kopfkissen. Ich bin sofort wach und stelle das Handy aus, damit es nicht weiter
vibriert. Als ich von oben aus dem Bett herunter steige, ist Christine auch
schon wach. Leise nehmen wir unsere Rucksäcke, die wir gestern Abend schon
gepackt haben und schleichen aus dem Schlafsaal. Im Waschraum ziehen wir uns
an. Schnell noch die Zähne geputzt, kaltes Wasser durchs Gesicht und dann sind
wir auch schon draußen. Wir haben es geschafft und begeben uns um fünf Uhr in
der Früh auf den Camino. In den Bars spielt noch Musik. Viele Leute lassen dort
die Nacht ausklingen und feiern noch lautstark und ausgelassen. Von Nässe und
Kälte ist heute Morgen nichts zu spüren.
Wir
gehen über eine kleine Gasse zur Stadt hinaus und kommen in einen Wald. Die
Musik ist nur noch leise aus der Ferne zu hören. Dann sind wir von Dunkelheit
und Stille umgeben. Chris, mit ihrer Stirnlampe auf dem Kopf, geht voran. Das
Licht tänzelt gespenstisch zwischen den Bäumen. Die Pfeile sind gut zu erkennen
und der Vollmond leuchtet uns bei klarem Sternenhimmel den richtigen Weg. Zum
zweiten oder dritten Mal, dass wir so früh unterwegs sind. Das Märchen von
Hänsel und Gretel kommt mir in den Sinn, wie wir so durch den dunklen Wald
tapsen. Nur suchen wir nicht den Vater, sondern den richtigen Weg, nach Arca O
Piño. Und ein Knusperhäuschen ist im Wald auch nicht zu sehen. Der Weg gabelt
sich des Öfteren und manchmal müssen wir schon nach den gelben Pfeilen suchen.
Im nächsten Örtchen stehen wir etwas hilflos auf der schmalen Straße. Es sind
keine gelben Pfeile mehr zu sehen. Ich hole auch meine Stirnlampe aus dem
Rucksack und dann trennen wir uns. Jeder suchend nach den gelben Pfeilen. Chris
geht links die Straße runter, ich gehe nach rechts, von wo aus der Ferne
Motorengeräusche von der Hauptstraße zu mir herüber dringen. Nach circa
einhundert Meter führt zu meiner linken ein schmaler Weg in ein kleines
Wäldchen. An der Gabelung entdecke ich einen Stein mit einer Jakobsmuschel.
Dann sehe ich auch wieder die gelben Pfeile.
„Chris!”,
rufe ich in die Stille der Dunkelheit. „Der
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