Café der Nacht (German Edition)
ihr Zimmer. Zu seinem Erstaunen fand er all ihre Sachen reisefertig gepackt. Der Karton war verschwunden. „Du reist schon ab?“
Sie nickte. Sie war ernst, als sie seine Hand zwischen ihre nahm und sie drückte. „Heute Abend geht mein Flug.“
„Ich kann nicht glauben, dass ich dich nie wiedersehen werde.“
Dela lächelte. „Kannst du dich freuen für mich?“
„Ja. Und ich wünsche dir das Allerbeste. Du hast es mehr verdient, als jeder andere.“
„Ach, sag das nicht.“ Sie lachte. „Aber ich danke dir.“ Sie drückte ihn an sich und er umarmte sie fest. Sein Herz schmerzte, wissend, dass ein Abschied für immer bevorstand.
„Soll ich Rufus noch etwas ausrichten?“
„Er soll nicht zu streng sein mit der Welt. Und vor allem nicht mit sich selbst.“ Sie sah ihn herzlich an. „Und was dich angeht, mein Lieber, lebe im Jetzt.“
Maxim betrachtete sie versonnen. „Das hat Monroe mir auch einmal gesagt.“
Sie führte ihn zur Tür. „Lebwohl, Maxim.“
Er hatte einen ziemlichen Kloß im Hals. „Wie kann ich dir danken? Für alles?“
„De rien.“ Sie lächelte und gab ihm einen Kuss auf die Wange. „Versprich mir, dass du dir das Schloss ansiehst.“
„Versprochen.“
„Ach ja, fast hätte ich es vergessen – das Grab. Der Friedhof ist nicht frei zugänglich. Aber jemandem, der ihn eventuell besuchen möchte, könnte ich verraten, dass der Zugang meist nicht abgeschlossen ist.“
„Willst du mich etwa zu unbefugtem Betreten verleiten?“
„Was denkst du denn von mir?“
Er lachte und drückte sie nochmals. „Pass auf dich auf, Dela, hörst du?“
„Natürlich. Und außerdem habe ich ja John an meiner Seite. Ich weiß genau, was ich tue.“
Er musste lächeln. „Ja, das tust du.“
„Adieu, mein Lieber.“
„Adieu.“
Als sie die Tür hinter ihm geschlossen hatte, ging Maxim mit gesenktem Blick zurück auf sein Zimmer. Er wusste nicht, was er tun sollte. Konnte er Dela wirklich so gehen lassen? Ihm ging vieles durch den Kopf. Weshalb war Dela ausgerechnet hierher gekommen, als letzte Station, bevor sie auswanderte? Sie hatte gesagt, sie hätte kaum Kontakt zu Monroes Familie gehabt. Hatte sie nur nochmals das Grab besuchen, sich verabschieden wollen? Er hatte das sichere Gefühl, das hätte sie längst, schon vor langer Zeit getan. Es ergab keinen Sinn. Er setzte sich aufs ungemachte Bett, stand wieder auf, trat ans Fenster, um kurz darauf zum Bett zurückzukehren. Etwas war merkwürdig an der ganzen Sache und ließ ihm keine Ruhe. Sein Bauchgefühl sagte ihm, dass er etwas Wichtiges übersah. Schließlich erhob Maxim sich und verließ sein Zimmer, um nochmals zu Dela zurückzugehen. Der Weg durch die alten Hotelgänge war verwinkelt, aber nicht lang. Als er an Delas Tür klopfte, bekam er keine Antwort. So schnell Maxim konnte, eilte er zur Rezeption hinunter. Dort verwies man ihn auf draußen, doch als er hinaustrat, sah er gerade noch das kleine rote Auto davonfahren. Dela war fort. Nur ein Hauch von Lavendelparfüm lag noch in der Luft.
Theaterluft
D A M A L S
Maxim war nicht der Einzige, der das Gefühl hatte, mit Monroes Rückkehr sei auch der Frühling in die Sterntalergasse zurückgekehrt. Kaum suchte seine wilde Clique erneut das Kellergewölbe heim, erlebte das Café der Nacht auch schon eine Renaissance. Stammgäste, die man längst traurig abgeschrieben hatte, kamen nach und nach zurück. Allmählich formte sich der Wille unter den Künstlern, sich die alte Heimat zurückzuerobern. Monroe, der sich bald unversehens als Galionsfigur an der Spitze dieses geheimen Widerstandskampfes fand, der eher unterschwellig als offen ausgetragen wurde, beförderte eigenhändig so manchen Yuppie unsanft zur Vordertür hinaus. „Diese Farce muss endlich aufhören, Max“, hatte er gesagt. „Das ist unser Haus. Zur Hölle mit denen!“
Maxim führte die Schlacht hinter dem Tresen auf seine Weise. Lauwarmes Bier, verwässerte Drinks, er hoffte nur, dass Rufus davon nichts mitbekam. Doch entweder tat er das wirklich nicht, oder er sah absichtlich in die andere Richtung. Maxim war am glücklichsten, wann immer er mit Monroe allein sein konnte. Es war die beste Zeit seines Lebens. Monroe war und blieb nicht zu zähmen, und Maxim hätte den Teufel getan, es zu versuchen. Es war eine Zeit voll wilder Sinnlichkeit, voller Lachen. Monroe bekam ein Engagement in der Szenerie , einem traditionsreichen freien Theater. Er gab einen Macbeth, wie ihn die Welt noch nicht
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