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Café Eden - Roman mit Rezepten

Titel: Café Eden - Roman mit Rezepten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Kalpakian
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1928 der Tag, von dem Kitty Douglass geträumt hatte. Der Manager des Dream Theatre, Mr. Fletcher, ein Stammgast im Pilgrim, ließ durchblicken, dass in der Vorschau am Montagabend der Film Gold of the Yukon gezeigt würde, mit Ernest March und John Kent, die zwei Brüder spielten, die sich in das gleiche Mädchen verliebten, die schöne Blanche Randall. Filmstars kamen oft inkognito nach St. Elmo, das nur sechzig Meilen von Los Angeles entfernt war, und setzten sich wie ganz gewöhnliche Leute ins Publikum. In diesem Fall jedoch war es für zwei der drei Schauspieler absolut unmöglich, unerkannt zu bleiben, weil mindestens jeder vierte Einwohner von St. Elmo sie kannte.
    Kitty flehte Ruth an, ihr am Montag freizugeben, damit sie ins Dream Theatre gehen konnte. Sie weinte und schrie, aber Ruth blieb hart. Wenn Kitty nicht um Punkt siebzehn Uhr hinter der Kasse stünde, würde sie die Stelle auf immer verlieren.
    Also stand Kitty da und knabberte mürrisch an einem Fingernagel, während die chinesischen Kellner durch das Lokal huschten und letzte Vorbereitungen an den weiß gedeckten Tischen trafen. St. Elmo war ein Arbeiterstädtchen, und die Leute aßen früh zu Abend. Aber die erste Gruppe, die an jenem Abend das Lokal besuchte, bestand nicht aus Einheimischen. Durch das Fenster sah Kitty einen Chauffeur, der die Türen einer großen glänzenden Limousine aufriss. Schöne Frauen und gut gekleidete Männer stiegen aus. Und dann stieß Blanche Randall die Tür des Pilgrim auf und trat ein.
    Verstohlen glättete Kitty ihre mit Henna gefärbten Haare und fuhr sich rasch mit der Zunge über die Lippen. Hinter Miss Randall kamen zwei stattliche Männer und zwei weitere schöne Frauen ins Lokal. Der eine Mann war der blonde John Kent, der den Major Crespin in Die grüne Göttin gespielt hatte. Kitty hätte ihn überall wiedererkannt, stellte jedoch schockiert fest, dass er in Wirklichkeit gar nicht so attraktiv war wie im Film, sondern lediglich blond und langweilig mit einem zu großen Kinn. Und hinter John Kent trat niemand Geringerer als Ernest March durch die Tür.
    Kitty schlug das Herz bis zum Hals, und sie spürte, wie ihr alles Blut aus dem Gesicht wich. Zwischen ihren Beinen prickelte es, und sie hatte das Gefühl, gleich ohnmächtig zu werden. So anmutig, wie es ihr möglich war, ging sie von der Kasse in die Küche. Sie trat ans Spülbecken und tupfte sich ein wenig kaltes Wasser hinten auf den Nacken. »Du musst mir alles sagen, was sie bestellen«, sagte sie zu dem Kellner.
    Er verzog die Mundwinkel. »Nichts. Dir sage ich gar nichts.«
    Kitty wandte sich an Napoleon. »Was haben sie bestellt?«
    Â»Gerade?«, erwiderte er in seinem seltsam gestelzten Englisch, in dem immer noch ein Hauch der französischen Gesandtschaft in Schanghai zu spüren war. »Eben gerade haben sie um Gläser und einen Krug unseres berühmten Wassers gebeten, damit sie ihre Taschenflaschen hineinentleeren können.« Er warf ihr einen unergründlichen Blick zu.
    Leise fluchend ging Kitty durch die Schwingtüren wieder ins Lokal. Sie ergriff das kleine Glas mit den Zahnstochern und bot sie den Gästen am Tisch an, als ob es Splitter des heiligen Kreuzes seien.
    Â»Nein danke«, sagte einer der korpulenten Männer.
    Â»Die grüne Göttin«, Kitty räusperte sich und setzte erneut an: »Die Salatsauce Grüne Göttin ist sehr zu empfehlen. Sie ist ganz hervorragend. Wir sind das einzige Restaurant südlich von San Francisco, das sie anbietet. Sie ist nach dem wundervollen Film benannt, den ich viele Male gesehen habe und der sich mir ins Herz gebrannt hat.«
    Mittlerweile war der Kellner mit dem Wasser gekommen und schob sie einfach beiseite. Er schenkte Wasser ein, die Taschenflaschen kamen zum Einsatz, und der Inhalt der Gläser färbte sich golden. Kitty zog sich wieder an die Kasse zurück. Ernest March würde sie bestimmt bemerken und mit ihr sprechen. In der Zwischenzeit beobachtete sie ihn und Blanche Randall, um zu sehen, ob auch in St. Elmo die wahre Liebe zwischen ihnen so blühte wie auf der Leinwand.
    Aber hier, wo sie so dicht nebeneinander saßen, beachtete Blanche Randall Ernest March kaum. Stattdessen schenkte sie ihr verführerisches Lachen, ihr wissendes Lächeln und das Leuchten ihrer blauen Augen dem kahlköpfigen Mann rechts von ihr. Er hatte ein großes

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