Café Eden - Roman mit Rezepten
Muttermal an der Nase, und seine Augenbrauen waren struppig wie das Fell eines Bären. Kitty hatte immer geglaubt, Blanche Randall habe ein glockenhelles Lachen, aber hier klang es rau und ordinär, vor allem, je mehr Whiskey sie kippte.
Montags war im Pilgrim nie viel los, und die Kellner kümmerten sich hingebungsvoll um die kleine Gesellschaft. Immer mehr Whiskey wurde in die Wassergläser geschüttet, und die Gäste wurde immer lärmender und ausgelassener.
Ernest March sagte fast gar nichts, und er achtete auch nicht auf seine Gefährten. Er konzentrierte sich auf das Essen, genoss es und nickte ab und zu versonnen. Offensichtlich schmeckte es ihm, und er wirkte sehr zufrieden.
Zum Dessert bestellte er Feigen Napoleon, und als sie vor ihm standen - ein goldener Teich aus Honig und Butter mit glänzenden schwarzen Feigen an blassen Eiscremekugeln, rollte er mit den Augen. Lächelnd schüttelte er seine Serviette aus und tupfte seine Lippen ab. Kitty wäre nur zu gerne an Stelle des gestärkten Leinentuchs gewesen. Und dann aà Ernest, mit geschlossenen Augen, träumerisch vor Entzücken schlossen sich seine schönen Lippen um den Löffel.
Sein Mund war voller, als Kitty es von der Leinwand in Erinnerung hatte. Er sah auf eine düstere Art gut aus, mit dicken, lockigen Haaren, die er mit Pomade gebändigt hatte, sodass sie glatt und glänzend an seinem Kopf lagen. Er hatte perfekt geschwungene Augenbrauen, und seine leicht verhangenen braunen Augen waren wie dunkle Tümpel, umgeben von überraschend langen Wimpern. Seine Nase war gerade, er hatte einen Schnurrbart und ein energisches, schwarz schimmerndes Kinn. Hatte er sich nicht rasiert? Nein, er hatte nur starken Bartwuchs. Ãberhaupt war er dunkler, als Kitty es sich vorgestellt hatte, und er war auch nicht so groà oder kräftig, wie er ihr auf der Leinwand vorgekommen war. Eigentlich wirkte er sogar fast zierlich, aber das konnte natürlich auch an dem untersetzten Mann neben ihm liegen.
Ernest March hatte die Feigen und das Eis aufgegessen und gab dem Kellner mit einer Geste zu verstehen, wie köstlich das Dessert gewesen war. Sein Teller wurde abgeräumt, und nachdenklich hob er den Blick und lächelte Kitty an. Dann blickte er auf seine goldene Armbanduhr und erinnerte die übrigen Gäste daran, dass der Film gleich anfinge und sie doch die Reaktionen der Einheimischen beobachten wollten.
»Das sind doch sowieso nur Holzköpfe«, sagte Blanche Randall. Sie stand auf und taumelte leicht gegen den dicken Mann. Er ergriff stützend ihren Ellbogen und lieà seine Hand über ihren Hintern gleiten.
Der untersetzte Mann griff in eine lederne Brieftasche und warf ein Bündel Geldscheine auf den Tisch.
Der Kellner hatte ihnen noch nicht die Rechnung gebracht und gab seinem Vetter stumme Zeichen: Sie müssen noch warten, bis wir die Rechnung fertig haben, jemand muss mit ihnen sprechen. Der Vetter warf Kitty einen Blick zu und zuckte dann mit den Schultern. Wenn es mehr Geld war, als sie schuldig waren, bekamen sie es als Trinkgeld, und wenn es zu wenig Geld war, dann lag das in der Verantwortlichkeit der Kassiererin.
Kitty sah das auch alles, aber sie war so überwältigt, dass es ihr die Sprache verschlagen hatte. Zitternd beobachtete sie, wie die Männer ihre Hüte aufsetzten, die Frauen ihre prächtigen Umhänge ergriffen und aus bestickten Handtaschen ihre Puderdosen hervorholten, um sich die Nasen zu pudern. Und dann trat genau in dem Augenblick, als sie sich alle schon durch die Glastüren nach drauÃen drängten, Ernest March noch einmal an die Kasse, nahm sich einen Zahnstocher aus dem Glas und nickte Kitty zu.
»Warten Sie!«, rief Kitty, als er sich zum Gehen wandte. »Ich... ich habe jeden Film von Ihnen gesehen. Viele, viele Male. Zehn-, zwanzigmal. Ich...«
»Gut. Sehr freundlich.«
»Nein, wirklich. Ich bewundere Sie sehr.«
»Exzellent. Sehr freundlich.«
Kitty drückte auf eine Taste, und mit einem Pling ging die Kasse auf, sodass sie einen alten Beleg herausholen konnte. Sie hielt ihm den Zettel und einen Bleistift hin. »Unterschreiben Sie bitte? Bitte.«
»Gut. Exzellent. Zu freundlich. Bitte sagen der Küche, die Feigen waren...« Ihm fehlten die Worte. »Die Feigen... freue mich zu sagen, die Feigen sind Nahrung für die Götter.« Er küsste seine Fingerspitzen und blies ihr den Kuss zu. Er
Weitere Kostenlose Bücher