Café Eden - Roman mit Rezepten
Englisch.
Der Junge wiederholte die Worte, die sich auf seiner Zunge fremd anfühlten: St. Elmo, California.
Dorthin gehe ich. Das steht in diesem Brief. Die Eisenbahn, die dein Vater durch die Wüste gebaut hat, endet in St. Elmo, California. Dein Vater sagt, es seien viele Chinesen in St. Elmo, und er ist nicht einsam, während er auf mich wartet.
Der Junge wusste nicht, was einsam bedeutete. Er hatte keine Vorstellung von dem Wort. Damals noch nicht.
Der Junge sagte zu seiner Mutter: Wenn du nicht zu mir kommst, komme ich zu dir.
TEIL II
Hausmannskost 1936
1
R umpelnd fuhr der Lieferwagen des Pilgrim in Fairwell, Idaho, ein. Gideon saà am Steuer, Kitty neben ihm, ihre drei Kinder und all ihr weltlicher Besitz hinten im Wagen. Fairwell, Idaho, lag hoch in den Bergen im Norden, wo die Hügel einst voller Silberminen gewesen waren. Und so hieà auch die StraÃe, die am Friedhof vorbei in die Stadt führte, Silver Street.
Fairwell machte zwar den Eindruck, schon einmal bessere Tage gesehen zu haben, schien aber zugleich darauf zu warten. Die Silver Street hatte einen Bürgersteig, aber manche Läden hatten einfach Bretter von der Tür über offene Gräben gelegt. Obwohl man schon das Jahr 1936 schrieb, gab es immer noch Wassertröge für Pferde, und tatsächlich waren auch einige geduldige Maultiere in der Nähe angebunden. Der Lieferwagen knatterte an der Mormonenkirche, der Highschool und dem Gerichtsgebäude, das gleichzeitig als Gefängnis diente, vorbei. Das Buckâs Head Hotel hatte Doppeltüren, und vorn hing ein Schild, auf dem stand: PASSEN SIE BITTE AUF, WO SIE HINSPUCKEN. DANKE. DIE GESCHÃFTSLEITUNG. Es gab Saloons, die sich jetzt als Bars bezeichneten, einen Metzger, einen Bäcker, einen Friseur, einen Lebensmittelladen, Autowerkstätten, verschiedene andere kleine Handwerksbetriebe und den winzigen Bijou Picture Palace.
»Picture Palace, du liebe Güte.« Kitty drehte sich eine weitere Zigarette.
Ihre zusammengerollten Bettdecken und Kopfkissen waren an der Seite des Lieferwagens festgeschnallt, und sie hatten auch eine Matratze mitgenommen. Auf der Fahrt von St. Elmo nach Fairwell hatte die Familie am StraÃenrand geschlafen, Kitty und Gideon auf der Matratze und Eden, Ada und Ernest auf dem Boden. AuÃer Marmeladenbroten hatten sie kaum etwas gegessen, nachdem die Schinkensandwiches und kalten Kartoffeln, die Afton ihnen zurechtgemacht hatte, verbraucht waren. Sie waren gereizt, hungrig, schmutzig und verunsichert, zumal Fairwell im August 1936 nicht gerade wie der groÃartige Ort aussah, den Mason Douglass seinem älteren Bruder versprochen hatte. Er hatte zu Gideon gesagt: »Die Berge hier strotzen nur so vor Edelmetallen! Der Reichtum liegt hier auf der StraÃe, und die Sunstone Silbermine floriert!»Mason Douglass war Präsident und Gründer der Sunstone Silbermine, und auf seinen Vorschlag hin waren sie hierhergekommen.
Hinten im Wagen saÃen Eden, sechzehn, Ada, vierzehn, und Ernest, zwölf, auf den wenigen Kisten und Pappkoffern, die sie mitgenommen hatten. SchlieÃlich hielt Gideon vor einem heruntergekommenen Esslokal mit angelaufenen Fenstern.
»Das ist das Paris Chop House«, sagte Gideon. »Mason wollte hier auf uns warten.«
»Paris, du liebe Güte«, sagte Kitty.
Mason Douglass, ein rundlicher, selbstzufriedener Mann Anfang vierzig, lud die Familie seines Bruders zum Essen im Paris Chop House ein, schlieÃlich hatte er Gideon gedrängt, aus Kalifornien nach Idaho zu kommen. Er hatte ihm die Zukunft seiner Sunstone Silbermine in den glühendsten Farben geschildert und ihm lukrative Arbeit in Aussicht gestellt.
Bei dem fettigen Essen im Paris Chop House jedoch erwähnte Mason diese erfreulichen Visionen nicht. Stattdessen fragte er nach den Ereignissen, die Gideon gezwungen hatten, St. Elmo zu verlassen, die Kette von Katastrophen, die er durch seine Unfähigkeit verursacht hatte. Zuerst fragte Mason nach ihrer armen Mutter. Gideon berichtete, Ruth lebe jetzt bei Tom und Afton und würde sich nur langsam von dem Schlaganfall erholen, den sie vor zwei Jahren gehabt hatte.
Eden hörte ihm zu, den Kopf in die Hände gestützt und die Ellbogen auf dem Tisch. So etwas hätte Ruth nie erlaubt. Aber der Schlaganfall hatte ihr Sprache und Bewegung genommen, und nur ihr Geist war scheinbar unbeschädigt. In ihrem Zustand war Ruth schwierig, immer noch stolz, bitter und
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