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Café Eden - Roman mit Rezepten

Titel: Café Eden - Roman mit Rezepten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Kalpakian
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ob Gideon jeden Moment hereinkommen würde und sie ihre unbefriedigende Ehe, die nun schon fast vierzig Jahre andauerte, wieder aufnehmen könnten.
    Die Heiligen stellten Eden, Annie und Ernest Fragen, erfuhren schockiert, dass Annie ihr eigenes Geschäft hatte, dass sie in San Fernando Valley einen Catering-Service für Filmproduktionen betrieb. Ihre Missbilligung war mit Händen zu greifen. Dann erzählte Ernest, dass er einen Fernsehreparaturdienst hatte, und sie kamen wieder näher und schilderten ihm die Symptome ihrer Geräte.
    Eine Frau mit einem ruhigen Gesicht und vom Weinen rot geränderten Augen brachte Kittys alte Teekanne und eine saubere Tasse mit Untertasse. Melvin Brewster tadelte sie, weil sie Kitty ermunterte, das Wort der Weisheit zu brechen.
    Ruhig erwiderte die Frau: »Schwester Douglass hat einen kleinen Trost verdient. Man verliert nicht jeden Tag einen Mann wie Gideon Douglass.«
    Eden erkannte plötzlich Margaret Thorsen, stark gealtert, mit dünnen grauen Haaren, trockener, runzeliger Haut. Nur ihre blauen Augen waren immer noch groß und klar. Spontan umarmte Eden sie.
    Â»Dein Pa war immer sehr stolz auf dich, Eden«, sagte Margaret. »Als du zur Armee gegangen bist, hat er gesagt, du würdest dein Land verteidigen, und er wolle kein Wort gegen dich oder die Armee hören. Und dann, als du dein Examen gemacht hast - wo war das noch mal?«
    Â»Auf der UCLA«, erwiderte Eden. »Letztes Jahr erst.«
    Â»Er hat immer gesagt, du würdest es zu etwas bringen. Du arbeitest in einer Bank, nicht wahr?«
    Â»Ja. Bei der Columbia First National in Los Angeles.«
    Â»Bearbeitest du auch Hypotheken?«
    Â»Nein«, log Eden.
    Â»Bist du verheiratet?«, fragte eine Matrone, die in der Nähe saß.
    Â»Nein.«
    Schwester Thorsen ergriff Eden am Arm und lotste sie in die Küche, bevor das Geflüster Sie ist eine alte Jungfer! einsetzte. Sie fragte Eden, ob sie eine Tasse Tee wolle.
    Eden hätte lieber einen Brandy gehabt, aber sie stimmte zu. Die Küche war voller Frauen. Der kleine Tisch am Fenster bog sich unter dem Gewicht der großzügigen Essensspenden der Heiligen. Seltsam fremde Gerüche wallten durchs Haus, nach Brot und Kuchen, Braten, vermischt mit Essig und Ammoniak. Es quietschte, als eine Frau begann, das Küchenfenster mit Essig und Zeitungspapier zu putzen.
    Schwester Thorsen führte Eden durch die Hintertür hinaus. Frierend standen sie unter der nackten Glühbirne auf der hinteren Veranda, wo nur die alte Waschmaschine ihrer Unterhaltung lauschen konnte.
    Â»Dein Vater war ein guter Mann«, sagte Schwester Thorsen und betupfte sich die Augen. »Ein wundervoller Mann. Kitty wusste nie, was sie an Gideon hatte, sie hat ihn nie geschätzt. Aber ich muss dir die Wahrheit sagen, Eden: Gideon war für diese Welt nicht geschaffen. Er hat deine arme Mutter ohne einen Pfennig zurückgelassen.«
    Â»Ich schicke ihnen jeden Monat Geld«, sagte Eden. »Seit ich die Stelle bei der Bank habe. Ernest und Annie schicken auch Geld.«
    Â»Vielleicht ist ein kleines Sparbuch da, das weiß ich nicht, aber das spielt auch keine Rolle. Kitty hat in ihrem ganzen Leben noch keinen Scheck ausgestellt. Sie weiß gar nicht, wie das geht, weil Gideon das immer gemacht hat. Gideon … nun ja, er hat vor einiger Zeit aufgehört, in die Pensionskasse einzuzahlen. Kitty bekommt noch nicht einmal Witwenrente. Die Heiligen und das Lehrerkollegium sammeln Geld für die Beerdigung, und dafür reicht es gerade.«
    Â»Gibt es keine Versicherung?«
    Â»Er glaubte nicht daran, Geld gegen die Sterblichkeit, gegen das Schicksal einzuzahlen. Es ist nichts da.«
    Â»Ma ist also mittellos?«
    Margaret Thorsen runzelte die Stirn und schwieg.
    Â»Sie meinen, es ist überhaupt nichts da? Überhaupt kein Geld?«
    Â»Ja. Ich habe nicht viel Zeit, um es dir zu sagen. Niemand darf wissen, dass ich davon weiß. Aber gegen Ende hat es Gideon sehr bekümmert, dass er nicht besser für deine Mutter vorgesorgt hat.«
    Eden blickte aus dem schmutzigen Fenster. Sie dachte daran, wie ihr Vater alles vertan hatte, wofür ihre Großmutter so hart gearbeitet hatte. Sie dachte an seine Zeittafeln, daran, wie besessen er von der Vergangenheit war und wie gleichgültig er der Gegenwart gegenübergestanden hatte. Er hatte im Leben versagt, dachte Eden. Auf einmal bekam sie Angst um sich selber. Ich

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