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Café Eden - Roman mit Rezepten

Titel: Café Eden - Roman mit Rezepten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Kalpakian
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einem Straßenhändler, und gemeinsam gingen sie unter diesem Schirm quer durch die Stadt. Es gab ständig Fliegeralarm, die Sirenen heulten, und in London wimmelte es von Soldaten. Sie kamen an ganzen Häuserblocks vorbei, die in Schutt und Asche lagen, und Eden bemerkte erschreckt: »Was machen die armen Leute hier nur?«
    Logan hielt den Schirm schräg, um ihr den Anblick zu ersparen. »Sie leben einfach weiter«, erwiderte er. »Nur wir Amerikaner erwarten, dass das Leben ein langer, ruhiger Fluss ist. Überleg doch nur, wie lange die Europäer schon mit Krieg leben.«
    Abends aßen sie bei Duque’s, einem kleinen französischen Restaurant in Soho, das Eden, Faye und Dottie bei einem ihrer Ausflüge in die englische Hauptstadt entdeckt hatten. M. Duque war mit einer fröhlichen, warmherzigen Engländerin verheiratet. Ihre Töchter waren ebenfalls im Hilfskorps, und sie hatte die drei Amerikanerinnen besonders ins Herz geschlossen. Jetzt freute Susan Duque sich, dass Eden mit einem jungen Mann zu ihr kam.
    Sie gab ihnen einen kleinen Tisch, ein wenig abseits von den anderen, und empfahl ihnen das Tagesgericht, einen einfachen Eintopf. »Wenn Sie doch nur reserviert hätten«, fügte sie seufzend hinzu, »dann hätte ich Ihnen die letzten beiden Stücke meiner berühmten Tarte Tatin aufgehoben. Es mag ja Krieg sein, aber es gibt immer noch englische Äpfel.« Mrs. Duque reckte das Kinn. »Auch wenn Lebensmittel rationiert sind, Apfelkuchen kann ich immer noch backen.«
    Das Essen war solide und gut gekocht, fantasievoll nach englischem Standard, und ganz wundervoll nach militärischem Standard. Obwohl sie sich über ihre Arbeit nicht unterhalten durften, ging Eden und Logan der Gesprächsstoff nicht aus. Logan war Informationsattaché bei General Canning. Für diese Arbeit war er aus mehreren Gründen besonders geeignet: Zum einen hatte er sich schon als Junge für Technik interessiert, und zum anderen versetzte ihn sein Jurastudium in die Lage, Bulletins so zu verfassen, dass der Feind nichts daraus entnehmen konnte.
    Eden brachte ihn zum Lachen, indem sie ihm Geschichten aus ihrer Kindheit erzählte, vom Dream Theatre und von der Zeitung in Fairwell, davon, wie Afton ihr den Mund mit Seife ausgewaschen hatte, weil sie »Hot Tamale Molly« gesungen hatte, von Gideons Großer Zeittafel und von Kittys angeblicher Vergangenheit als Lerche von Liverpool.
    Â»Ich war richtig schockiert, als wir nach England kamen und ich so viele der Songs hier kannte! Es war wie ein Déjà vu. Erst jetzt weiß ich, dass sie alles nur erfunden hat.«
    Â»Was? Die Music Hall?«
    Â»Nein, die gibt es natürlich, aber alles andere, die Lerche von Liverpool, die kleine Schwester, die wegen ihrer nassen Strümpfe gestorben ist. Die Farben und die Opulenz. Seit ich hier bin, glaube ich, dass sie wahrscheinlich aus den Slums von Liverpool stammt.«
    Â»Willst du hinfahren und Nachforschungen anstellen?«
    Â»Warum? Um ihr zu beweisen, dass sie gelogen hat? Das würde ich nie tun.«
    Logan beugte sich vor, um seine Zigarette an der Kerze anzuzünden. »Wirst du sie nicht fragen?«
    Â»Nein. Warum sollte ich?«
    Â»Willst du nicht die Wahrheit wissen?«
    Â»Für sie ist es keine Lüge, sondern lediglich Fiktion. Wärst du nicht auch lieber die Lerche von Liverpool als eine konvertierte Mormonin?«
    Â»Ich wäre gern mit jemandem verwandt, der sich als die Lerche von Liverpool bezeichnet.«
    Â»Es freut mich, dass du meine Familie amüsant findest«, sagte sie lachend. »Ich habe uns immer für so langweilig gehalten.«
    Â»Ãœberhaupt nicht. Wenn du wirklich langweilige Leute kennenlernen willst, musst du nach Philadelphia gehen. Dort rühmt man sich sogar deswegen, es wird als Zeichen guter Herkunft angesehen. Bis vor zehn Jahren waren Kinos am Sonntag geschlossen, und vor zwei Uhr nachmittags durftest du weder Baseball noch Football spielen. Es war gegen das Gesetz.« Er lächelte sie warm an. »Nein, wenn du ein echter Philadelphier bist, und ich bin einer, darfst du nicht zu künstlerisch oder musikalisch sein, und schwitzen darfst du nur beim Sport, beim Cricket, Schlittschuhlaufen oder Rudern. Ich fürchte, für ein Mädchen aus Idaho und Kalifornien bin ich eine sehr langweilige Gesellschaft.«
    Â»Ich habe noch nie Cricket gespielt oder ein Boot

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