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Café Eden - Roman mit Rezepten

Titel: Café Eden - Roman mit Rezepten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Kalpakian
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sollte Anwalt oder Arzt werden, Senator, aber auf keinen Fall so ein armseliger Schreiner wie mein Vater, mein Großvater oder mein Onkel, aus dem ein Schauspieler geworden war. Also schickten sie mich nach St. Ignatius oben in Santa Barbara. Aber die ganze katholische Erziehung hat nichts genützt, im Grunde bin ich doch nur ebenfalls Schreiner geworden.«
    Â»Aber sie kann doch nicht enttäuscht von dir sein.«
    Â»Natürlich kann sie. Sie ist meine Mutter. Sie hat das Leiden erfunden.«
    Matt zeigte auf das indianische Dorf, das in einem flachen, baumlosen Talkessel vor ihnen lag. Drei absolut identische Tipis, eins davon zusammengebrochen. Die Sonne stand hoch, und es gab so gut wie keinen Schatten. »Dieses Land zu besitzen, Greenwater, bedeutet meiner Familie alles«, sagte er nach einer Weile. »Es ist wahr, Eden, meine Mutter kann noch so oft sagen, sie wolle nicht mit Bauern zusammenleben, aber eigentlich sind sie Bauern, was dieses Land angeht. Sie lieben es. Sie hängen daran. Aber das muss unter uns bleiben. Du darfst ihnen nie erzählen, dass ich gesagt habe, sie seien Bauern.«
    Â»Nein, das werde ich ihnen nie erzählen.« Ich halte meine Versprechen dir gegenüber, dachte sie.
    Matt blickte zum Horizont und beobachtete einen Falken, der auf ein glückloses Mäuschen herunterstieß. »Wenn du bedenkst, wie weit Klang trägt, dann kannst du dir vorstellen, wie viel Spaß es gemacht hat, Stummfilme zu drehen. Es heißt, Lesley Markowitz sei auf und ab gehüpft und habe die Schauspieler angeschrien. Damit alle bei Laune blieben, haben sie Streichquartette engagiert. Du konntest so viel Krach machen, wie du wolltest. Sie konnten fluchen und singen und über Witze lachen. Sie konnten einander ermutigende Worte zurufen und den Schauspielern mitten in der Szene sagen, wie sie sich verhalten sollten. Stummfilme müssen wirklich Spaß gemacht haben.«
    Â»Was war mit Ernest March, als die ersten Tonfilme kamen?«
    Â»Ernest March war am Ende. Die Tonfilme waren sein Verderben. Er hat doch kein Englisch gesprochen! Jedenfalls nicht besonders gut. Das kann er immer noch nicht. Sein Akzent ist ihm so peinlich, dass er nur selten überhaupt den Mund aufmacht. Ohne zu reden sprachen seine Schönheit, sein Talent...« Matt nahm die Hände vom Lenkrad und hob sie mit den Handflächen nach oben. »Von dreitausend in der Woche auf null. Meine Mutter lag den ganzen Tag auf den Knien und hat in ihrem Buch der Heiligen nach einem Schutzheiligen für abgehalfterte Schauspieler gesucht. Du musst dir vorstellen, das war ungefähr um die Zeit des Börsenkrachs. Ich wusste von alledem nichts. Ich war in der katholischen Schule und gab damit an, der Sohn des großen Schauspielers Ernest March zu sein - o ja, ich habe meinen eigenen Vater verleugnet! Willst du das Versteck der Schurken und ihre Höhle sehen?«
    Â»Warum haben eigentlich nur Schurken Verstecke und Höhlen?«
    Â»Weil sie Schurken sind! Sie haben auch schwarze Hüte und dunkle Pferde. Die Höhle ist übrigens nicht echt.«
    Â»Natürlich will ich sie sehen! Ich will alles sehen!«
    Matt schaltete herunter, weil es leicht bergauf ging. »Wenn ich daran denke, was mit meinem Onkel damals passierte, dann wundert es mich, dass er sich nicht umgebracht hat. Sein Arbeitsleben war mit einem Schlag vorbei. Sie hatten gerade die große Hacienda mit Gästehaus, Scheune und Garagen fertig gebaut. Die Grube für den Pool war bereits ausgehoben, aber sie hatten keinen einzigen Cent mehr. Und es gab keine Aussicht auf weiteres Geld«, sagte Matt düster. »Mein Vater und mein Onkel schütteten das Loch für den Pool höchstpersönlich wieder zu, Schaufel für Schaufel, und Ernesto pflanzte Blumen darauf.«
    Er fuhr scharf um die Kurve, und Eden hielt sich an der Tür fest.
    Â»Der große Ernest March«, fuhr Matt fort, »der einer Million Frauen das Herz gebrochen hatte, sprach kein brauchbares Englisch und würde nie wieder eine Filmrolle bekommen. Er würde nie wieder einen einzigen Cent verdienen. Meine Mutter rang die Hände und blickte flehend zum Himmel. Das tat sie sowieso die ganze Zeit. Mein Onkel schmollte, kochte und hörte sich Opern an. Schließlich hatte mein Vater genug von Gebeten und Pasta. Ernesto war zwar der Schöne in der Familie, aber mein Vater, Nico, war der Kluge. Mein Vater sagte also: ›Okay, wir

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