Café Eden - Roman mit Rezepten
darübergeben. Die Geflügelteile umdrehen, damit sie von allen Seiten bedeckt sind. Etwa 1 Stunde bei 220 °C backen, bis sie gar sind. Dabei mindestens einmal wenden. Sehr lecker und würzig.
MOMENTAUFNAHME
Die Toga und der Tonfilm
Es waren einmal zwei Brüder, Ernesto und Nico Marchiani. Ihr Vater war Schreiner und Sozialist. Als Italien im Mai 1915 in den Ersten Weltkrieg eintrat, wusste er, dass alle jungen Männer, die eingezogen würden, für den Profit von Kapitalistenschweinen, Königen und Kaisern getötet werden würden. Er schickte seine Söhne nach Amerika. Zwar wusste er, dass er sie nie wiedersehen würde, aber sie blieben wenigstens am Leben.
Zuerst fuhren Ernesto und Nico nach New York, wo sie jedoch nur einen Winter lang blieben. Sie konnten die Kälte nicht ertragen. Dann gingen sie nach Los Angeles und wohnten in der Garagenwohnung jenes Mannes aus Poggibonsi, der Schreihälse für seine sozialistischen Demonstrationen brauchte.
1917 verdienten die Brüder Marchiani vielleicht drei Dollars die Woche. Sie trugen Overalls, Werkzeuggürtel, rote Flanellunterwäsche im Winter und Strohhüte. Sie bauten Kulissen für Lesley Markowitz.
Heute ist Lesley Markowitz vergessen - Ernest March allerdings auch -, aber in den frühen Tagen des Stummfilms galt Markowitz als kreativ, erfindungsreich und erfolgreich. Er war dafür bekannt, dass er seine Leute herumscheuchte.
Nico, Ernesto und die anderen Arbeiter legten gerade letzte Hand an die Treppe des römischen Senats, als Markowitzâ Gehilfe sie mit den Worten verjagte: »Zeit ist Geld.«
Manche Dinge ändern sich nie.
Die Arbeiter traten beiseite. Mit groÃer Geste marschierte Lesley Markowitz auf die Bühne und nahm seinen Platz ein, während sich die Schauspieler versammelten. Alles war bereit, es fehlte nur der Star. Der Gehilfe ergriff sein Megaphon und rief ihn aus.
Ein Mädchen mit einer Toga machte Ernesto schöne Augen; selbst als er noch einen Overall trug, bemerkte er es nie.
Zwanzig Minuten vergingen. Zeit ist Geld. Markowitz kochte vor Wut. Und dann stolperte der Star sturzbetrunken auf die Bühne. Er fiel über die Treppe zum römischen Senat und rülpste.
Markowitz sprang von seinem Stuhl auf, riss dem Mann die Toga von der Schulter und lieà ihn nackt liegen. Dann drehte er sich um und musterte mit finsterem Blick seine Leute. Zeit ist Geld. Er sah Ernesto Marchiani am Rand stehen. »Hey, du!«, sagte er. »Zieh dich aus, leg diese gottverdammte Toga an, und mach dich an die Arbeit.«
Sie schwärzten Ernestos Augenbrauen, kleisterten ihm das Gesicht mit Make-up zu und schoben den Schreiner vor die Kamera. Sie sagten ihm, welche Gefühle er ausdrücken solle; zu sprechen brauchte er nicht. Er war ein Naturtalent. Beim nächsten Film steckten sie ihn in ein Lendentuch und sagten ihm wieder, was er fühlen und ausdrücken solle. Er tat, was sie ihm sagten. Niemand konnte es besser als er. Ernest March brach Herzen in ganz Amerika, obwohl sein Englisch schlecht war. Was spielte es schon für eine Rolle? In einem Film nach dem anderen bekam er das Mädchen und agierte als Liebhaber.
1919 verdiente er zweihundertfünfzig Dollars pro Woche, und er war mit seinem Bruder Nico und Nicos Frau Stella in ein groÃes Haus umgezogen. Als er Die grüne Göttin drehte, verdiente er dreitausend Dollars pro Woche und machte ungefähr fünf Filme im Jahr, meistens mit der schönen Blanche Randall. Sie verachteten einander. Sie hielt Ernest für einen blöden Spaghettifresser und er sie für eine kleine Nutte. Trotzdem dampfte der Kinosaal, wenn sich ihre Romanze auf der Leinwand abspielte. Ernestos Leinwandpräsenz wurde nur noch von John Gilbert, Ramon Novarro und Valentino übertroffen.
Als Valentino im August 1926 starb, wusste Ernest March, dass er jetzt nur noch mit John Gilbert und Ramon Novarro konkurrierte. Er wusste jedoch nicht, dass Valentino durch seinen Tod zur Legende wurde. Er wusste nicht, dass Ramon Novarro durch Ben Hur unsterblich werden und dass John Gilbert Greta Garbo haben würde. Und er wusste nicht, dass von ihm nichts bleiben würde, dass Ernest Marchs Name und Gesicht genauso aus dem Gedächtnis verschwinden würden wie der Stummfilm.
Nichts davon wusste er. Er, Nico und Nicos Frau Stella lebten in einer Villa. Nico spekulierte mit Ernestos Geld an der Börse, und Stella beschäftigte
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