Café Luna: Verbotenes Glück
wohler fühlte er sich. Er wusste jetzt, dass er nichts mehr wollte, als endlich wieder frei zu sein. Frei von Valeries Genörgel, von ihren übersteigerten Ansprüchen, von ihren Intrigen und Spielchen, frei von der Frau, die er nie geliebt hatte! Er wollte sein Leben und die Firma wieder in die eigene Hand nehmen. Denn noch gehörte das Familienunternehmen seiner Frau nicht. Noch hatte Claus tatsächlich etwas zu sagen. Valerie verzog ihren Mund zu einem gemeinen Grinsen.
„Nun gut, ich gestehe dir zu, dass du momentan ein klitzekleines bisschen neben dir stehst“, redete sie auf ihn ein, als wäre er nicht mehr ganz bei Trost. „Aber wenn du deine fünf Sinne wieder zusammenhast – und ich hoffe, das geschieht ganz schnell, denn du stiehlst hier meine Zeit –, dann denke bitte an den Sommer vor knapp 30 Jahren.“
Claus erstarrte. Das musste ja kommen. Valerie würde nie lockerlassen.
„Erinnerst du dich?“, grinste Valerie hämisch. „Damals hatte sich der alte Rehberg breitschlagen lassen, dich anzustellen, bevor er … nun, sagen wir, bevor ihm ins Jenseits geholfen wurde.“
Claus schloss die Augen. Er erinnerte sich nur zu gut. Als ob ihn das Geschehene jemals losgelassen hätte in den letzten Jahren. Diese Schuld würde er vermutlich bis an sein Lebensende mit sich herumtragen. Er ließ den Kopf hängen. Hätte er damals nicht nur das eine Ziel vor Augen gehabt, seinem Vater endlich zu beweisen, was er wert war, dann …
Doch jetzt konnte er nichts mehr ändern, so etwas wiedergutzumachen war völlig unmöglich. Ja, er wusste noch genau, wie verzweifelt er gewesen war, wie am Boden zerstört. Es war Valerie gewesen, die, immer eine Nase voraus, diverse Korrespondenzen von damals, die Claus’ Mitschuld an dieser Insiderintrige mit tragischem Ende bewies, aufbewahrt hatte.
„Na, klingelt’s?“ Genervt klopfte Valerie mit demFuß auf den Boden. „Oder bist du wirklich bereit, deinen guten Namen zu verlieren? Und vermutlich nicht nur den. Genau das wird nämlich passieren, wenn ich an die Öffentlichkeit gehe mit all den Unterlagen, die du damals vergessen hast zu vernichten.“
Claus weigerte sich standhaft, seine Frau anzusehen. Schon damals hatte er instinktiv gewusst, dass der Preis für seine Karriere ein zu hoher sein würde. Um endlich in den Familienbetrieb einsteigen zu dürfen, hatte er einen anderen ruiniert. Oder zumindest dazu beigetragen. Ganz abgesehen davon, wie sehr die Tatsache, am Tod eines anderen Menschen schuld zu sein, auf seiner Seele lastete. Ohne aufzublicken, ohne irgendetwas zu sagen, nahm Claus die Unterlagen aus Valeries Hand. Er wünschte nur noch eines. Dass sie sein Atelier verließ. Dass er alleine sein konnte. Dass er sie nicht mehr sehen musste.
„Geh jetzt“, befahl er und merkte selbst, wie dünn seine Stimme klang. Dabei reichte es nun. Endgültig. Sie hatte ihn lange genug erpresst. Es wurde Zeit, dass er sich wehrte. Doch zunächst ließ er sie im Glauben, ihn wieder einmal mundtot gemacht zu haben, so wie immer.
„Ich bearbeite die Unterlagen heute Mittag“, bestimmte er schließlich. Wann hatte er eigentlich aufgehört zu kämpfen? Wann war ihm der Glaube daran abhandengekommen, dass jeder seines eigenen Glückes Schmied war? Dass er hätte einen Ausweg finden können? Doch nun war Schluss! Diesmal war Valerie zu weit gegangen. Dafür sollte er ihr eigentlich dankbar sein. Denn endlich regte sich wieder Widerspruch in ihm. Und Wut. Und das, daran erinnerte er sich noch sehr gut von früher, war eine Kraft, die niemand unterschätzen sollte. Nicht einmal seine Gattin!
Luisa konzentrierte sich angestrengt auf das Dokument, an dem sie seit ein paar Stunden arbeitete. Dort waren alle Mankos aufgezählt, die verantwortlich waren für die missliche Lage des Kaffeehauses, in der Tabellenspalte daneben hatte Luisa ihre Verbesserungsvorschläge formuliert. Sie war beinahe am Ende, drei Seiten Konzept waren bereits entwickelt. Auf die vierte Seite wollte sie gern etwas über die Einrichtung und die Atmosphäre, die sie sich für das Kaffeehaus wünschte, schreiben. Doch immer wieder fiel ihr Blick auf ihre Tasche, in der die Tarotkarten lagen. Die Karten hatte Luisa schon viel zu lange nicht mehr befragt – keine Zeit! Dabei hatte Luisa genug Fragen, die ihr auf der Seele brannten: Konstantin und auch die Situation in der Rösterei – sie wäre für jeden Rat dankbar. Also vielleicht sollte sie sich selbst einfach mal einen Gefallen tun und die Karten
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