Café Luna: Verbotenes Glück
ihr Bett fallen. „Wären wir beide im Fernsehen zu sehen, hätten alle anderen schon längst weggezappt, weil nämlich nix passiert!“, erklärte sie gnadenlos. „Und jetzt mach die Augen zu, dreh dich dreimal um die eigene Achse, und deute auf irgendein Kleid. Und das wird’s dann auch gefälligst.“
„Du bist aber heute streng, und das, obwohl ich Geburtstag habe“, grummelte Molly und klang derart beleidigt, dass Luisa sich ein Lachen verkniff. Sie hörte ihre Freundin durchs Zimmer stolpern. Dann war sie wieder am Hörer. „Okay, meine Liebe“, knurrte sie, „ich habe eins – aber denke dran: DU hast es so gewollt!“ Die Verbindung war unterbrochen. Huch? Irritiert versuchte sich Luisa das schlimmste Outfit in Mollys Kleiderschrank in Erinnerung zu rufen. Nun, heute Abend würde sie es vermutlich wissen. Sie blickte auf die Uhr. Und was sollte sie anziehen?
„Endstation“, brummte der Busfahrer durch das Mikrofon. „Das vierte Mal inzwischen!“ Seine Stimme klang ungehalten. Claus und Konstantin saßen auf der hinteren Bank des Doppeldeckers, der täglich mehrere Sightseeingrunden durch Hamburg machte, und blickten aus dem Fenster. Sie rührten sich nicht. Der Vorgarten hier sah genauso aus wie die letzten drei Male, als sie hier gestanden hatten. Der Flieder war längst verblüht, die Magnolien abgefallen. Noch tat der Sommer zwar so, als wäre er für immer, aber der Herbst winkte schon aus der Ferne. Ein Roller lag auf dem frisch gemähten Rasen, als hätte ihn eben gerade jemand dorthin geworfen, aber der Vorderreifen war platt und der Lenker bereits angerostet. Ein kleiner Springbrunnen plätscherte traurig vor sich hin. Das steinerne Mädchen mit der Gießkanne darin sah aus, als wollte es schon seit Jahren woandershin. Konstantin seufzte tief. Die Schwingtür des Busses schwang zur Seite, und ein bärtiger Mann um die vierzig stapfte bedrohlich auf sie zu. Sein Bauch hing über einem breiten Gürtel und wurde an den Längsseiten von zwei Hosenträgern in Form gehalten. Ein Mann, der auf Nummer sicher ging. Bei diesem Bauch kein Wunder.
„Haben Sie denn noch immer nicht genug?“, wollte er wissen, und sein Gesicht sah eher neugierig aus als wütend. Konstantin sah ihn perplex an. Genug? Genug wovon? Claus klopfte seinem Sohn auf die Schulter und erklärte: „Nein, wir beide sind nämlich echte Fans.“
„Wie Sie meinen, die nächste Fahrt startet in sieben Minuten.“
Als Ben um Punkt halb acht wie ausgemacht vor Luisas Tür stand, hätte sie ihn beinahe nicht erkannt. Das hieß – sein jungenhaftes Grinsen und das spitzbübische Glitzern in den Augen verrieten ihn natürlich trotz des bereits seit einigen Jahren aus der Mode gekommenen Anzugs, den er mit einem schmal geschnittenen schwarzen T-Shirt kombiniert hatte. Luisa wünschte, sie könnte richtig toll pfeifen, schon alleine sein mühevoll gezogener Seitenscheitel hätte es verdient. Aber da sie dieses Talent leider nicht hatte, begutachtete sie ihn nur anerkennend von oben bis unten, gebot ihm, sich einmal um die eigene Achse zu drehen, und gab ihm dann im Stillen elf von zehn möglichen Punkten. Laut aber sagte sie: „Wow, im ersten Moment habe ich gedacht, du hättest dich selbst nicht getraut und deswegen deinen älteren Bruder geschickt.“
„Diesen Abend würde ich mir doch um nichts in der Welt entgehen lassen“, entgegnete er galant und überreichte ihr einen wild gemischten Wiesenblumenstrauß, den er hundert Pro in Nachbars Garten zusammenstibitzt hatte. Dann erst zog er irritiert die Augenbrauen zusammen. „Was bitte meinst du mit älterem Bruder?“
„Muss irgendwie an deiner Frisur liegen“, Luisa schnupperte gut gelaunt an dem Rosen-Kornblumen-Rittersporn-Mix und wunderte sich laut: „Für mich? Aber ich hab doch gar nicht Geburtstag.“
„Na und? Immer nur die Geburtstagskinder zu beschenken ist doch langweilig. Deiner Freundin hab ich was anderes mitgebracht.“
Beeindruckt sah Luisa, wie er auf ein schön verziertes Päckchen deutete, das halb aus einer seiner Jacketttaschen hervorlugte, dann drückte sie ihm den stummen Holzsurfer in die Arme, schloss die Wohnungstür ab und lief vor ihm die Stufen hinunter. „Sag mal, bist du mit dem Auto da?“
„Klar, ich dachte mir, dass du wohl kaum mit dem Nackedei unterm Arm quer durch die ganze Stadt marschieren willst.“
Luisa atmete auf. Ein gut aussehender Mann, der mit- und vorausdachte. Heute musste es jemand gut mit ihr meinen. Ben lud Mollys
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