Café Luna: Verbotenes Glück
schalt sich selbst einen alten Narren und beschloss, diesen Abend und seine charmante Begleitung schlicht und einfach zu genießen, anstatt auf mehr zu hoffen. Immerhin dürfte ihn die gesamte Hamburger Hautevolee heute Abend glühend beneiden, traf er doch auf diesem Fest mit den beiden – wie er fand – schönsten Frauen der Stadt ein. Er musste gestehen, dass er froh war, dass Luisa sie begleitete. Denn Eleonores Anblick in dem schlichten perfekt geschnittenen silbergrauen Kleid hatte ihm schier den Atem geraubt. Ihr Rollstuhl war in der Reha-Klinik geblieben. Schließlich hatte sie eisern geübt in den letzten Tagen. Heute Abend musste es mit zwei Krücken gehen.
Johann näherte sich mit Luisa und Eleonore dem Eingang der Villa und war sich der neugierigen Blicke und der getuschelten Bemerkungen bewusst. Doch Eleonore ignorierte alles, was sie nicht hören wollte, geflissentlich und raunte ihrer Enkelin zu: „Ich bin stolz auf dich, Luisa, du hältst dich wahrlich königlich!“
Luisa zwinkerte überrascht und entschloss sich, ihrer Großmutter nicht zu gestehen, dass das an den ungewohnten Pfennigabsätzen liegen musste, die Molly ihr zu dem neuen rostroten Kleid aufgeschwatzt hatte. Beflügelt schwebte Luisa am Arm von Herrn Rieger durch den großen Wintergarten und angrenzenden Saal, in dem eine Kapelle bereits für leise, stilvolle Hintergrundmusik sorgte.
Eleonore stellte sie einigen Leuten vor, und Luisa versuchte sich krampfhaft die passenden Namen zu den richtigen Gesichtern zu merken. Eleonore hatte sie gut vorbereitet – das hier heute Abend war Luisas erster offizieller Auftritt als Enkelin der Hansen-Dynastie, und es war wichtig, dass sie sich von ihrer besten Seite zeigte. Luisa scherzte und lächelte, nickte, stellte möglichst kluge Fragen und versuchte alles in allem dem Versprechen gerecht zu werden, das sie vorhin ihrer Großmutter gegeben hatte: alles zu tun für die Firma. Das hieß auch, den Gerüchten um die finanzielle Misere des Unternehmens lächelnd die Stirn zu bieten. Niemand fragte direkt, aber jeder horchte auf Zwischentöne.
Luisa war ganz froh, dass sie so mit Beschlag belegt wurde, hielt sie das doch zumindest davon ab, mit ihren Augen Konstantin und Maren zu folgen, die Arm in Arm die Runde machten und Hände schüttelten. Maren sah glücklich und zufrieden aus, wie eine Katze, die gerade einen ganzen Liter Sahne hingestellt bekommen hatte. Auch das Kleid, das sie trug, hatte die Farbe von frischer Sahne: fein geklöppelte beige Spitzen über weißem Seidentaft. So hatte sich Luisa immer das Hochzeitskleid ihrer Mutter vorgestellt. Sie riss sich zusammen und wandte sich wieder dem jüngeren Sohn des Bürgermeisters zu, der ihr gerade irgendetwas unglaublich Faszinierendes über sein Studienjahr in England berichtete, als sie plötzlich ihren Halbbruder sah. Vielleicht stand er schon seit einer Stunde dort hinten im Erker, gegen eine dorische Säule gelehnt, die sicherlich nur zur Verzierung dort aufgestellt worden war. Der Ausdruck seiner Augen jedoch strafte seine lässige Haltung Lügen. Luisa drehte sich überrascht um. Tatsächlich. Konnte es sein, dass Maren der Grund für seinen verzweifelten Blick war? Wüsste sie es nicht besser, würde sie sagen, er habe Liebeskummer. Aber das war ja ganz und gar unmöglich, oder? Schließlich dachte sie hier über Daniel nach, ihren Halbbruder mit dem Herzen aus Stein.
Luisa nickte dem Bürgermeistersohn aufmunternd zu, der gerade von seinem Handicap beim Golfen erzählte, und drehte sich noch einmal um. Nein, sie musste sich getäuscht haben. Daniel unterhielt sich nun mit einer der Kellnerinnen, und Maren stand mit dem Rücken zu ihr. Und dann auf einmal bemerkte sie Konstantin, der Luisa direkt in die Augen blickte. Luisa war wie gelähmt. Er warf ihr ein Lächeln zu. Luisa nickte und holte tief Luft. Sie hatte gewusst, dass er da sein würde, mit Maren. Sie würde das durchstehen. Schließlich musste sie weder mit den beiden reden noch ihnen beim Tanzen zusehen. Golfen in Großbritannien erschien Luisa noch nie interessanter als in diesem Moment!
Doch es war ihre Großmutter, die ihre Gedanken schließlich dankenswerterweise in andere Bahnen lenkte. Kaum war Piet Larsson eingetroffen, der in seinem Smoking wirkte wie ein anderer Mensch, winkte sie Luisa und auch Daniel zu sich.
„Ich habe nachgedacht“, erklärte sie unumwunden. „Ich würde gerne einen anderen Weg finden, um Hansen Kaffee zu retten. Aber …“, sie
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