Cagot
dem trockenen Flussbett aufgeschlagen waren. Sie brauchten keine halbe Minute, um festzustellen, dass außer Alphonse, David, Amy und Angus Nairn niemand da war.
Alan, der größte von Miguels Begleitern, sagte: »Sorry, Mig. Von dem Mädchen fehlt jede Spur. Er muss sie weggebracht haben.«
»Dann finden wir sie eben. Mierda. Pincha puta!«, fluchte Miguel. »Wir finden sie.« Er starrte finster in den Himmel - dann hatte er sich wieder im Griff. »Fesselt sie.«
Jemand kam von hinten auf David zu. Er zog ihn hoch, riss ihm unsanft die Hände auf den Rücken und fesselte sie mit einem Kabelbinder. Genauso erging es Alphonse, Angus Nairn und Amy. Dann wurde David herumgedreht, sodass er mit dem Rücken zum Tisch stand und nicht mehr sehen konnte, was weiter vor sich ging. Er starrte in die nächtliche Stille der Wüste hinaus, deren Dunkel durch das grelle Licht der Autoscheinwerfer noch undurchdringlicher schien. »Amy?«
»Ja, hier. Ich bin direkt hinter dir. Was, glaubst du, haben sie jetzt vor, David?«
Ihre Frage wurde von einer lauten Stimme übertönt. Miguel verhörte Nairn. Er schlug ihn. David konnte es aus dem Augenwinkel sehen.
»Los, raus mit der Sprache. Wo ist Eloise?«
Nairn schüttelte den Kopf. Enoka kam dazu. Auch jetzt hatte der untersetzte kleine Mann etwas widerwärtig Unterwürfiges - ein Jungtier, das um die Anerkennung des Leitwolfs, des Anführers des Rudels, buhlte. Miguel nickte, worauf Enoka die Hand des Schotten packte und ihm die Finger nach hinten bog.
Nairn verzog vor Schmerzen das Gesicht.
Miguel stand dicht neben ihm. »Los. Wo ist sie? Hast du sie schon untersucht? Sag endlich.«
»Du kannst mich mal«, zischte Nairn.
»Irgendwann wirst du es mir sowieso sagen. Nur, je länger du dich stur stellst, desto schmerzhafter wird es für dich.«
»Wenn du uns umbringst, findest du es nie heraus. Mach doch, was du willst.«
Miguels Gesicht zuckte; er entfernte sich ein paar Meter von Nairn, dann drehte er sich um.
»Warum bist du im Damaraland? Du bist doch noch nicht fertig mit den Untersuchungen … oder?«
David reckte den Hals, um besser sehen zu können.
Mehrere Männer standen um den Landrover von Kellerman Namcorp herum und machten sich daran, den Wagen zu durchsuchen. Eine andere Stimme, mit einem französischen Akzent, tönte durch das Lager.
»Wir haben die Blutproben, Miguel.«
Garovillo lächelte. »Milesker. Sieh zu, dass du alle Ampullen mitnimmst.«
Die Männer setzten ihre Durchsuchung fort. »Amy?«, sagte David erneut.
Weil sie direkt hinter ihm stand, konnte er sie nicht sehen. Die Autoscheinwerfer waren direkt auf das Drama gerichtet, das sich in der Mitte des Lagers abspielte, wie auf der von Spotlights beleuchteten Bühne eines Theaters des Grauens. Und Miguel war der Hauptdarsteller, der dämonische Bösewicht, der im Mondschein verschlagen grinste. Er sah David an. Er sah Alphonse an. Sein Grinsen wurde breiter. Dann blickte er, wie um seinen Verdacht zu bestätigen, Alphonse noch einmal an. Er begann, an niemanden speziell gerichtet, zu sprechen.
»Ezina, ekinez egina … Jetzt müssen wir nur noch Eloise finden. Sie sind mit ihren Untersuchungen noch nicht fertig. Die Blutproben von den namibischen Tests sind noch hier - sie müssen erst noch ausgewertet werden. So viel steht fest.« Er näherte sich Amy. »Das ist gut. Und ja … Amy Myerson, wirklich reizend von dir, meinen Vater nicht daran zu hindern, meine Mutter und sich selbst umzubringen. Jakina … die kleine Zulo.« Amy zitterte am ganzen Körper, sie hatte schreckliche Angst. Miguel war außer sich vor Wut.
»Aizu! Wir müssen Angus Nairn dazu bringen, uns zu verraten, wo Eloise ist. Lasst euch etwas einfallen. Wie ich sehe, habt ihr bereits Holz für ein Lagerfeuer gesammelt. Sind ja auch kalte Nächte hier draußen in der Wüste.« Miguel schaffte es, gleichzeitig finster dreinzuschauen und zu lächeln. »Dann wollen wir uns doch ein bisschen aufwärmen.«
David musste hilflos mit ansehen, wie Amy grob mitgezerrt wurde. Dann bekam er von hinten einen Tritt in die Waden. Sie wurden vom Tisch zu der freien Fläche zwischen den Autos geführt, wo Alphonse und Nairns andere Mitarbeiter das Holz für ein Lagerfeuer zusammengetragen hatten. David starrte auf die trockenen Äste und fragte sich, wo Nairns Helfer jetzt waren - wahrscheinlich in ihre Dörfer zurückgekehrt, wo sie, nur wenige Kilometer entfernt, den Abend im Kreis ihrer Familien verbrachten, ohne etwas von den Vorgängen
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