Cagot
richtig spüren.
»Weiß er denn gar nichts über Nairn?«, sagte er ins Handy.
»Wenn er etwas weiß, sagt er es jedenfalls nicht«, brummte Sanderson. »Tomasky hätte schon fast die Daumenschrauben ausgepackt. Treffen Sie ihn in den Räumlichkeiten von GenoMap?«
»Ja.«
»Uns hat er auch dorthin bestellt. Wahrscheinlich fühlt er sich auf heimischem Terrain wohler.« Simon ging die Gordon Street hinunter. »Detective …«
»Jetzt sagen Sie doch endlich mal Bob zu mir, Herrgott noch mal…«
»Bob … Detective … Bob …«
Bob Sanderson lachte. »Wenn Sie was über diese Blutuntersuchungen aus ihm rauskriegen sollten, geben Sie uns Bescheid. Vielleicht haben Sie dabei ja ein besseres Händchen als wir.«
»Wenn man Sie so reden hört, Bob, könnte man meinen, Sie … trauen ihm nicht über den Weg?«
Aus dem Hörer kam nur Schweigen. Simon wiederholte die Frage. Endlich antwortete der DCI bedächtig: »Ich weiß auch nicht. Es ist nur, dass er - wie soll ich sagen - was Verdruckstes, Ausweichendes hat. Aber Sie werden ja selbst sehen.«
Nachdem er das Gespräch beendet hatte, trat der Journalist durch die ramponierte Tür, von der bereits die Farbe abblätterte. Er fuhr mit dem Aufzug in die oberste Etage, wo ihn ein alter Mann mit faltigem Hals und gelblichen Augen in Empfang nahm, den man in seinem zerschlissenen Tweedsakko gut für einen Penner hätte halten können. Doch dank seiner Recherchen wusste Simon, dass dieser Mann Professor Fazackerly war und einmal zu den renommiertesten Genforschern seiner Zeit gehört hatte.
Fazackerly taxierte seinen Besucher. Das gelbzahnige Lächeln des Wissenschaftlers war distinguiert und doch abstoßend - wie das satte Grinsen eines Warans, der sich gerade mit einem Ziegenkadaver den Bauch vollgeschlagen hatte.
»Ah, Mister Quinn vom Daily Telegraph. Kommen Sie doch herein, und entschuldigen Sie bitte die Unordnung. Ich bin immer noch dabei, meine Unterlagen einzupacken und wegzubringen. Nach zwei Monaten!«
Fazackerly öffnete eine Glastür und führte seinen Gast durch das Hauptlabor des einstigen GenoMap-Instituts. Dass man das Projekt eingestellt hatte, war allgegenwärtig. Ein Großteil der Apparaturen war bereits abgebaut, und überall standen Kisten mit gefrierschrankgroßen Geräten herum, die in der staubigen Stille auf ihren Abtransport warteten.
Der alte Professor deutete auf ein paar der größeren Geräte und erklärte dem Journalisten, wozu sie dienten: der Thermocycler für rasche Segmentierung, die große Labor-Mikrowelle für Sterilisation und Histologie, die DANN-Sequenzierungsgeräte für die Analyse von Fluorochromen. Simon schrieb die fremdartigen Wörter und Verwendungszwecke in sein Notizbuch; er kam sich vor, als nähme er ein Diktat auf Lateinisch auf.
Dann bat Fazackerly den Journalisten nach hinten in ein Büro, schloss die Tür und nahm hinter einem Schreibtisch Platz. Simon setzte sich ihm gegenüber auf einen Edelstahlstuhl. Auf dem Tisch lag ein staubiges Schwarz-Weiß-Foto eines Mannes aus viktorianischer Zeit.
Fazackerly nickte in seine Richtung. »Gerade von der Wand genommen. Das ist Galton.«
»Aha?«
»Francis Galton, einer der ganz Großen dieses Fachs. Der Begründer der Eugenik. Hat in Namibia Bahnbrechendes geleistet.«
Der Wissenschaftler griff nach dem gerahmten Foto und legte es in eine Schachtel, die auch drei leere Whiskyflaschen enthielt.
»So, Mister Quinn, ich nehme an, Sie haben ein paar Fragen. Wie Ihr Freund von der Polizei?«
»Ja.«
»Um das Ganze etwas zu beschleunigen - was halten Sie davon, wenn ich Ihnen erst einmal ein paar Hintergrundinformationen zu dem Thema gebe?«
»Sicher, gern.«
Fazackerly holte weit aus: von der menschlichen Vererbungslehre über das Genomprojekt bis hin zu den Finanzierungsproblemen der Grundlagenforschung. Simon schrieb brav mit. Zugleich begann er zu ahnen, was der Scotland-Yard-Inspektor gemeint hatte. Fazackerly kam nicht wirklich zur Sache und errichtete, wie um den Blick auf das Wesentliche zu verschleiern, eine Wand aus gut klingendem, aber irrelevantem Geschwafel.
Simon versuchte, den Informationsfluss zu beschleunigen.
»Professor Fazackerly. Warum genau wurde das GenoMap-Pro-jekt eingestellt?«
Der so Befragte sog hörbar die Luft ein.
»Weil uns bedauerlicherweise das Geld ausgegangen ist. Die Genomforschung ist eine kostspielige Angelegenheit.«
»Es spielten also keine … politischen Gründe eine Rolle?«
Ein Aufblitzen der gelben
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