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Cagot

Cagot

Titel: Cagot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Knox
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schlagend, schlidderten sie prustend und nach Luft schnappend in der schleimigen Flüssigkeit herum. Nach und nach nahmen sie wahr, was alles in dieser widerlichen Brühe schwamm: gallertartige Fleischklumpen, grienende Totenköpfe, faserige Arme; das Haar auf einem der halb verwesten Schädel war wie rostiger brauner Draht; ein Armknochen hing an ledrigen Muskelsträngen …
    »Amy?«
    Amy rutschte immer wieder in der glitschigen Leichensuppe aus, als sie aufzustehen versuchte. Starr vor Entsetzen sah David sie an. Sie waren beide von grün-braunem wächsernem Schleim überzogen. Und dann kam David einfach nicht mehr gegen seinen Brechreiz an. Er übergab sich würgend in die widerwärtige Brühe. Jetzt kam Amy heftig hustend auf die Beine. Sie sammelte sich kurz, dann schloss sie die Augen, öffnete sie wieder und deutete an die Decke.
    Die Stimmen über ihnen waren jetzt deutlicher hörbar, näher und wütender; die Männer hatten die Durchsuchung des Hauses fast beendet.
    »Die letzte Tür … eine andere Wahl bleibt uns nicht…«, zischte Amy.
    Durch den schleimigen Schlick watend, erreichten sie die letzte Tür. Der Wahnsinn des Ganzen würde die nahende Gefahr nicht abwenden. Immer wieder rutschten ihre glitschigen Hände vom Türgriff ab, als sie mit vereinten Kräften daran zogen. In Amys Gesicht stand nur zu deutlich geschrieben, was in ihr vorging: Wenn ihnen jetzt noch einmal so eine Flut aus Schleim und Knochen entgegenschwappte? Aber dem war zum Glück nicht so. Als die Tür schließlich aufging, tat sich ein hoher trockener Raum vor ihnen auf, und an seinem Ende befand sich ein von staubigen Spinnweben verhangener Zugang zu einem unterirdischen Gang, der in undurchdringliches Dunkel führte.
    »Der chemin\«
    Amy war schon losgelaufen und winkte David, ihr zu folgen. Doch der drehte sich noch einmal um und zog, leise, aber fest, die Tür hinter sich zu. Sie würde zwar niemanden aufhalten. Schon gar nicht den Wolf. Aber vielleicht kostete sie ihre Verfolger ein paar entscheidende Minuten.
    »So.«
    Der unterirdische Gang war so niedrig, dass sie die Köpfe einziehen und tief in die Knie gehen mussten, um wie riesige Insekten loszukrabbeln. Immerhin legten sie wieder mehr Abstand zwischen sich und ihre Verfolger, deren Schritte und Stimmen leiser wurden.
    »Und wohin jetzt?«
    David leuchtete mit dem Handy in das Dunkel. In seinem schwachen Schein wurden mehrere sich verästelnde Gänge sichtbar. Von der Decke baumelte ein sich windender rosafarbener Wurm. Erneut kitzelte ein heftiger Brechreiz an Davids Gaumen. Seine Jeans war mit der widerwärtigen kalten Brühe getränkt, an seiner mit stinkendem menschlichem Fett verschmierten Jacke klebten verwesende Leichenteile.
    »Den da«, stieß Amy heiser hervor und deutete nach links. »Wir nehmen diesen Gang. Er müsste … er muss … in den Wald führen.«
    »Dann los!«
    In ängstlichem Schweigen huschten sie den niedrigen Gang entlang, bis ein tiefes, leises Rauschen sie innehalten ließ. Über ihren Köpfen sickerte Wasser durch die Erde und tröpfelte an den schlammigen Wänden hinab.
    »Der Adour?« Amy sah David fragend an. »Dann müssen wir in eine andere Richtung gehen.«
    »Dafür ist es jetzt zu spät.« Er packte ihre nasse Hand. »Schnell…«
    Ein paar Meter weiter wurde der schmutzige Gang breiter und höher, bis sie fast aufrecht darin gehen und schließlich sogar laufen konnten. Dann machte der Gang eine Biegung nach links und endete an einer Treppe aus gestampfter Erde, die zu einer Falltür hinaufführte.
    »Diese Tür kann weiß Gott wohin führen«, flüsterte Amy. »Mitten ins Wohnzimmer irgendwelcher Leute. In die Boulangerie.«
    »Wir werden sie einfach überraschen …«
    David stieg die bröckelnden Stufen hinauf und stemmte die Schulter mit aller Kraft gegen die Falltür; sie gab zögernd nach, und ein Streifen Licht fiel auf sein Gesicht. Mit einem lauten Knall klappte die Luke ganz auf, und durch die Öffnung starrten ihm vier grinsende Gesichter entgegen.
    Aber es waren keine menschlichen Gesichter. Es waren vier Stoffpuppen: Campan-Mounaques. Die Puppenfamilie in der ersten Kirchenbank.
    Die Puppen wollten gar nicht aufhören zu grinsen. Sie grienten immer weiter in Davids verdrecktes Gesicht, während er sich durch die Falltür hievte und dann zu Amy hinabbeugte, um ihr nach oben zu helfen. Sie blickte sich um.
    »Die Kirche - natürlich.«
    David nickte. »Wir sollten lieber unsere Sachen ausziehen. Jetzt sofort. Nehmen

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