Caius, der Lausbub aus dem alten Rom.pdf
vormittag zu Ende. Heute ist das heilige Weinerntefest, die Bacchanalien. Das ist ein hoher Feiertag, den selbst die Senatoren mitfeiern."
„Dann ist Vinicius vielleicht schon zu Hause", rief Antonius.
„Es ist sogar möglich, daß auch Mucius bei Vinicius ist", sagte Publius. „Er hat vergessen, daß wir hier auf ihn warten sollen, und wartet dort genauso ungeduldig auf uns wie wir hier auf ihn."
„Auf zu Vinicius!" rief Flavius hoffnungsfreudig.
Die Jungen stürmten auf die Tür zu, „Wartet! Wartet!" donnerte Xantippus. „Zieht euch die Mäntel an, und stülpt euch die Kapuzen über die Köpfe! Ich möchte nicht schon wieder erleben, daß ihr dem Exgladiator in die Arme rennt."
Das erschreckte die Jungen, und sie zogen sich hastig die Mäntel an.
„Wißt ihr was ?" rief Antonius begeistert. „Wir nehmen Ramses mit, vor dem rückt selbst der fürchterliche Exgladiator aus!"
„Bist du von Sinnen?" sagte Xantippus. „Heute ist Feiertag. Die Straßen um das Forum herum werden bald überfüllt sein mit Menschenmassen. Darunter vielen Frauen und Kindern. Wenn ihr mit dem Löwen erscheint, gibt es eine heillose Panik. Laßt Ramses gefälligst draußen im Garten!"
Antonius war enttäuscht. „Dann kann ich ihn auch erst heute abend abholen, wenn es schon dunkel ist, um ihn nach Hause zu bringen", murmelte er.
„Geht!" sagte Xantippus. „Wenn Mucius kommt, schick' ich ihn zu euch. Wenn er kommt", wiederholte er seufzend.
Im Schulzimmer ertönten Schritte.
„Das muß Mucius sein!" schrie Flavius selig.
Der Vorhang wurde beiseite geschlagen, und die Jungen erstarrten vor Entsetzen. In der Tür stand der einäugige Exgladiator. Neben ihm der Zwerg Minimos. Jeder hielt einen Dolch in der Hand.
22. Kapitel
Übertriebene Gründlichkeit ist manchmal gefährlich
Die Jungen standen wie gelähmt auf ihren Plätzen und wagten nicht einmal, mit der Wimper zu zucken. Xantippus war erschrocken aufgesprungen.
Der Exgladiator Gorgon hatte sich vor dem Vorhang zum Schulzimmer aufgepflanzt wie das Ungeheuer Argus; nur daß er ein Auge hatte statt der hundert Augen des Menschenbiestes.
„Wo habt ihr den Sklaven Udo versteckt?" brüllte er. „Heraus mit der Sprache, oder ich schneide euch allen die Köpfe ab!"
Der Zwerg Minimos nickte befriedigt. „Das geht, schwups, eins, zwei, drei!" sagte er. Er war nicht größer als ein Sechsjähriger, aber hatte eine Stimme wie ein alter Legionär.
„Wir wissen nichts von einem Sklaven Udo", sagte Xantippus verächtlich. Er schielte zum Bett hinüber, wo das zweischneidige Schwert lag, das Antonius dort hingeworfen hatte. Es war nur eine Armlänge von ihm entfernt.
„Lüg nicht, alter Grieche !" schnaubte Gorgon „Meine Freunde, die Gladiatoren, haben mir den Zettel gezeigt. Der Lümmel, den ich erwischt habe, ist aus deiner Schule. Ich hab' auch die Xanthosschüler mit dem Sklaven Udo auf dem Forum getroffen. Antworte mir! Wo ist der Schuft Udo?"
Antonius dankte allen Göttern, daß er sich die Mantelhaube über den Kopf gezogen hatte, sonst hätte ihn der Zwerg erkannt.
„Hoffentlich hat Gorgon nicht entdeckt, daß Caius noch immer in der Zelle dreizehn eingesperrt ist", dachte er.
Publius hatte gemerkt, daß Xantippus mit dem Schwert liebäugelte, und kam ihm zu Hilfe. In einem Anfall von Heldenmut tat er so, als ob er ausrücken wollte, um den Exgladiator und den Zwerg abzulenken. Es gelang ihm auch. Aber er hatte es schwer zu büßen. Sie fielen über ihn her und schlugen ihn zu Boden.
„Ha, du Bengel!" grölte Gorgon. „Diesmal rückt mir keiner mehr von euch aus!" Er wollte ihm noch einen Fußtritt geben, doch Publius rollte geschickt beiseite.
Xantippus hatte blitzschnell das Schwert ergriffen und ging mit bebenden Nasenflügeln auf die Eindringlinge los. „Macht, daß ihr rauskommt, ihr erbärmlichen Gladiatoren!" donnerte er.
Das Schwert war dreimal so lang wie die Dolche und eine gefährliche Waffe. Aber der Exgladiator war zu flink für Xantippus. Er packte Flavius, der ihm am nächsten stand, und setzte ihm den Dolch auf die Brust.
„Hilfe!" quiekte Flavius erbleichend.
„Bleib, wo du bist, und rühr dich nicht, alter Mann!" schrie Gorgon Xantippus an. „Oder dieser Junge hier hat seinen letzten Atemzug getan! Minimos, nimm ihm das Schwert weg!"
Der Zwerg riß Xantippus unsanft das Schwert aus der Hand und hielt es drohend in seiner Linken.
Julius guckte verstohlen zum Fenster. Er hoffte verzweifelt, daß irgendwelche Polizisten
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