Calendar Girl
an. »Du hast mich doch morgen den ganzen Tag gebucht«, sagte sie. Ihr Gesicht glänzte, sie hatte sich abgeschminkt und die Lippen dick eingecremt. Ihre Haare waren straff in einen dicken Zopf geflochten, die Frisur, die er am liebsten an ihr sah. Sie zog ihr Sweatshirt über die Hüfte und streckte die Arme, rollte die Schultern. »Das gibt Muskelkater«, sagte sie. »Hatte ich schon lange nicht mehr.« Sie gähnte und sah auf die Uhr. »Eine halbe Stunde hau ich mich noch aufs Ohr.« Sie hob sich auf die Zehenspitzen und gab ihm einen Kuss auf die Wange. »Steht dir gut, so glattrasiert«, sagte sie und nickte ihm ernsthaft zu. »Sehr gut, Fo.«
Er sah ihr nach. Dann rieb er sich kräftig übers Gesicht und griff nach dem Smartphone. »Ev?«, sagte er. »Ich bin es. Hast du heute Abend schon was vor?«
Fokko zog gerade seine Lederjacke an, als es an der Tür klingelte. Der junge Mann, der vor ihm stand, war ihm unbekannt. Ein großer, dunkelhaariger Bursche, durchtrainiert, breite Schultern unter dem hellen Jackett. »Ja, bitte?«, fragte Fokko höflich.
»Daniele«, sagte der Fremde und musterte Fokko nicht weniger scharf und misstrauisch als dieser ihn. »Ich bin mit Carlotta verabredet.«
»Danny-Boy«, rief Caro, die gerade die Treppe hinunterkam. »Ich bin fertig, wir können los!« Sie hatte sich richtig in Schale geschmissen, trug einen schwarzen Bolero, enge schwarze Jeans und ein tief ausgeschnittenes Top in Feuerwehrrot, die Haare offen und nur mit einem Reifen gebändigt. Sie sah verführerisch aus mit ihrem dezenten Make-up und der wilden Lockenmähne. Fokko schluckte und sah wieder den Fremden an. Dessen Blick wanderte ziemlich ungeniert an Caro auf und ab. Er grinste sie an und deutete auf einen am Straßenrand geparkten älteren Ford, bevor er die Treppen des Hauseingangs hinunterging und unten wartend stehenblieb.
Caro drückte sich an Fokko vorbei, der ihr den Weg versperrte, und sagte: »Schick siehst du aus, Fo. Gehst du weg? Amüsier dich schön.« Sie streckte sich, legte ihre Hände auf seine Schultern und flüsterte: »Trink nicht soviel, hörst du?« Ihr zartes Parfüm kitzelte in seiner Nase und ließ seinen Mund vor Verlangen nach ihr trocken werden.
Er stand wie erstarrt und sah, wie sie den jungen Mann begrüßte, der ihr die Hände um die Taille legte, sie einmal herumschwenkte und wieder absetzte. Sie lachte laut und unbeschwert und warf ihre Haare schwungvoll über die Schulter zurück. »Ich freu mich so«, hörte Fokko sie sagen. »Los, Danny. Erzähl schon. Seit wann hast du ...« Ihre Stimme verklang, als sie ins Auto stieg und die Tür zuknallte.
Der Ford sprang hustend an und rollte aus der Parklücke. Fokko entspannte seine Finger, die sich um den Türknauf gekrallt hatten. Wer war dieser Danny? Ein Liebhaber? Er kniff die Augen zusammen. Ein gutaussehender Bursche, älter als Caro, er schätzte ihn auf Anfang Dreißig. War er die Erklärung dafür, dass Caro kein Interesse hatte? Sie hatte nie von einem Danny erzählt.
Fokko atmete tief ein und wieder aus. Er musterte sich im Garderobenspiegel. Das schwarze T-Shirt und die schmalgeschnittene schwarze Hose ließen ihn schlanker erscheinen. Ohne seinen Bart fühlte er sich seltsam nackt, aber daran konnte er sich gewöhnen. Er fuhr sich mit den Fingern über die Wange. Was würde Evelyn dazu sagen? Es war ihm gleichgültig. Ihre Meinung zählte nicht. Sie wollte mit ihm schlafen und das würde sie bekommen. Vielleicht musste er sich Caro einfach aus dem Kopf vögeln, mit Evelyn, mit Gudrun, wenn es sein musste, mit jedem einzelnen der verdammten Kalendermädchen von Januar bis Dezember. Er stieß den Atem aus und zog energisch die Tür hinter sich zu.
16
Ich habe einen kleinen Schwips. Danny hat mich natürlich nach Oberkassel ins Romeo gefahren, wo er unseren Lieblingstisch hinten in der Ecke, gleich neben der Tür zur Küche, für uns reserviert hat.
Ich bin schon ewig nicht mehr hier gewesen. Ich müsste doch einfach nur über den Rhein fahren, mit dem Bus oder mit der Bahn, mit dem Fahrrad - was hält mich nur immer davon ab?
Ich habe die Begrüßung genossen wie ein warmes Schaumbad. Gianni, der Restaurantchef, hat mich regelrecht abgeküsst und Ettore, der Küchenchef, ist sogar aus dem Allerheiligsten gekommen, um sich kopfschüttelnd vor mir aufzubauen, mich voller Missbilligung von oben bis unten zu mustern und » Porca madonna , du wirst auch immer dünner, Carlotta« zu sagen. Danach ist er wieder in
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