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Calhoun Chronicles 03 - Die Schoene Tochter Des Senators

Calhoun Chronicles 03 - Die Schoene Tochter Des Senators

Titel: Calhoun Chronicles 03 - Die Schoene Tochter Des Senators Kostenlos Bücher Online Lesen
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für alles und der einzige Angestellte, der dem Professor nicht angewidert den Rücken gekehrt hatte.
    „Lassen Sie die Karaffe hier“, wies Jamie ihn an und las dann weiter.
    Ihm fiel auf, dass Abigail Cabot so schrieb, wie sie alles andere ebenfalls tat. Deutlich, exakt und mit einer Aufrichtigkeit, die schon ans Dichterische grenzte, ließ sie Butler wissen, welche Auswirkung sein Brief auf sie gehabt hatte, und das war durchaus kein unschuldiges, jungfräuliches Herzflattern.
     
    Wenn ich an Sie denke, singt mein Herz ein Liebeslied und ich zähle die Tage, bis wir uns wieder sehen. Ihre Worte haben mein Innerstes berührt und meine schlafende Leidenschaft geweckt. Allein der Gedanke an Sie...
     
    Irgendjemand musste ihr doch einmal gesagt haben, dass es sich für eine Frau nicht schickte, die eigentümliche Hitze zu beschreiben, die allein der Gedanke an einen Mann in ihr erwecken konnte. Doch Abigail hatte sich nicht zurückgehalten.
    Obgleich Jamie Miss Cabot nicht sehr gut kannte, hatte er von Anfang an eines klar erkannt: Sie war eine talentierte, wenn auch aus Liebe hoffnungslos blinde Frau, und ihr Urteilsvermögen war höchst unzureichend, was Herzensangelegenheiten betraf. Ihre tiefe Aufrichtigkeit rührte ihn, obgleich er angenommen hatte, Gefühle dieser Art längst hinter sich gelassen zu haben.
     
    Sie erhellen meine Welt wie der Mond in einer wolkenlosen Nacht. Sie sind mir das Teuerste, ein unbezahlbarer Schatz ...
     
    Jamie kippte den Whiskey hinunter und schenkte sich gleich noch einmal nach. Die Wirkung des Alkohols setzte rasch ein, verwirrte die Gedanken und verdüsterte seine Stimmung. Die Frau war ein gottverdammter weiblicher Walt Whitman, zum Teufel. Und sie liebte Boyd Butler, einen Mann, der beinahe auf derselben Evolutionsstufe stand wie das Farnkraut in Boston. Einen Mann, der ihre Schwester zu lieben glaubte, einer, der keine Ahnung hatte, was Abigail mit dem „dunklen Wald meiner Fantasie“ oder dem „verzehrenden, süßen Sehnen im Mittelpunkt meines Seins“ meinte.
    Am härtesten traf Jamie die Leidenschaft, die aus den Zeilen sprach. Abigail bot hier keine süßliche Erklärung, sondern ein Geständnis über ihr körperliches Verlangen und eine Herzenssehnsucht, die auch Jamie tief berührte. Zum Teufel, als er zu Ende gelesen hatte, war er selbst halb in sie verliebt! Und dabei glaubte er doch gar nicht an die Liebe.
    Dieser Glaube war ihm abhanden gekommen, seit eine betrügerische Frau ihn beinahe das Leben gekostet hatte. Auf jener Reise mit Noah hatte er die hemmungslose Hingabe eines jungen Mannes erfahren. In dem winzigen, altmodischen Fürstentum Khayrat verlor er sein Herz - und seinen Verstand - an eine eingeborene Prinzessin. Sie hieß Layla, ein Name, der tausend Wünsche in ihm geweckt hatte. Selbst jetzt noch roch er ihren Jasminduft und sah den Ausdruck in ihren schwarzen Augen. Er hatte sich in diese Affäre gestürzt, ohne die Folgen zu bedenken - bis es zu spät war. Bis Noah an seiner statt starb. Aus dieser Begebenheit hatte Jamie gelernt, dass Liebe nichts anderes als Schmerz, Gefahr und sogar Tod bedeutete und keine himmelstürmende Freude, wie sie mit solcher naiven Überschwänglichkeit in Abigails Brief beschrieben war.
    Betroffen von der eigenen Erinnerung und von dieser so reinen und leidenschaftlichen Liebe, legte er die Briefseiten aus der Hand und schüttete sich noch ein Glas Whiskey ein. Abigail hatte nicht mit ihrem eigenen Namen unterzeichnet, sondern nur mit einem herzlichen „Ihre einzig wahre Liebe“, was eine unerwartete Sehnsucht in ihm hervorrief, die er schon längst überwunden zu haben meinte. Verärgert über seine innere Leere stand er auf, lief im Raum auf und ab und gab Rowans weißer Maus ein paar Hirsekörner. „Was soll das alles, Sokrates?“ fragte er den Nager mit den glänzenden Augen. „Und was sollen wir dabei tun? Können wir diese kluge Eigenbrötlerin für uns gewinnen?“
    Der Mäuserich zuckte die Nase und verzog sich in sein Nest.
    „Wünschen Sie noch etwas, Sir?“ erkundigte sich Gerald Meeks, der aus der Küche heraufgekommen war.
    In den Tiefen seines fünften Glases Whiskey fand Jamie so etwas wie Humor; leider förderte er auch eine Bösartigkeit zu Tage, die aus einem Teil von ihm kam, den er nicht sehr liebte.
    „Ehrlich gesagt, ja“, antwortete er.
    Wenn man die tiefsten, dunkelsten Geheimnisse einer Person erfahren hatte, dann konnte man nur eines tun: das Erfahrene vorteilhaft nutzen. Er

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