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Calhoun Chronicles 03 - Die Schoene Tochter Des Senators

Calhoun Chronicles 03 - Die Schoene Tochter Des Senators

Titel: Calhoun Chronicles 03 - Die Schoene Tochter Des Senators Kostenlos Bücher Online Lesen
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Tragödien vorstellen. Ich bin töricht, schalt sie sich sofort. Menschen sterben nun einmal; das gehört eben zum Wunder des Lebens.
    Unwillkürlich blickte sie zum Himmel empor, doch für die Sterne war es noch zu früh. Mrs. Calhoun hatte ihr gesagt, auf Albion würde das Abendessen früh aufgetragen, damit man sich anschließend bis spät in die Nacht hinein unterhalten konnte.
    „Ist alles in Ordnung, Miss?“
    Abigail fuhr herum und musste sich am Eisenzaun festhalten, um nicht umzufallen. „Oh, Julius! Du hast mich vielleicht erschreckt!“
    Ohne sich zu entschuldigen, kam der Junge durch die eiserne Pforte in den Friedhof.
    „Das Reiten hat mir sehr viel Spaß gemacht, und ich schulde dir großen Dank dafür. Du bist ein ausgezeichneter Lehrer für eine blutige Anfängerin, Julius.“
    Mit seinem verschämten Lächeln wirkte der Bursche noch liebenswürdiger. „Freut mich, das zu hören, Ma’am.“
    Abigail wandte sich zu den Reihen der Grabmäler. „Ich nehme an, du findest es recht seltsam, dass ich hier zwischen den Gedenksteinen umherwandere.“
    Julius hakte die Daumen in seine Hosentaschen. „Schon.“ Er schlenderte zu einem der weniger alten Gräber. „Lady Beaumont Calhoun“, sagte er und nahm ein Bund violetter Astern auf. „Sie bekommt jeden Sonntag frische Blumen, sogar im Winter.“
    „Geliebte Mutter, hoch geschätzte Gattin ..." Abigail las, dass die Frau 1852 im Alter von sechsundzwanzig Jahren gestorben war, und dennoch wirkte ihr Grab noch nach so vielen Jahren wie ein Heiligtum.
    „Es muss jemanden geben, dem sie sehr fehlt“, meinte sie. „Schätze, ja.“
    Abigail spürte, dass mehr dahinter steckte, und fragte: „Wer könnte das wohl sein? Weißt du das, Julius?“
    „Ein paar von den Alten tuscheln darüber. Man sagt, mein Großvater pflegt das Grab, weil er sie liebte, sie aber nicht haben durfte. Weil sie nämlich mit seinem Vetter verheiratet war.“
    Für Abigail deutete das auf eine Tragödie hin, und sie erinnerte sich an eine Oper von Richard Wagner, die sie im vergangenen Sommer im Ford’s Theater gesehen hatte; unerwiderte Liebe, wahnsinniges Begehren, junges Sterben - das alles hatte sich in der Familie Calhoun abgespielt.
    Möglicherweise lag hierin ja der Grund dafür, weshalb Jamie vor emotionalen Bindungen zurückschreckte, der Liebe nur mit Zynismus begegnete und Albion gegenüber so gleichgültig war. „Und wer ist dein Großvater?“ fragte sie verwirrt.
    „Mr. Charles Calhoun“, antwortete Julius ganz sachlich.
    Verblüfft sah Abigail ihn an. Charles Calhoun - Jamies Vater - war der Großvater dieses Jungen!
    Julius ging weiter zu dem neuesten der Grabmäler, einem flachen Feldstein mit einer blanken Messingplatte zwischen den heruntergefallenen Blättern.
    „Und der hier ist für meinen Daddy“, flüstert der Junge, hockte sich nieder und entfernte das Laub von dem Grab. „Jedenfalls sollte er hier liegen, doch das tut er nicht. Der Grabstein soll nur an ihn erinnern.“ Julius zog ein kleines handgeschnitztes Rennpferd aus der Hosentasche und stellte es auf den Stein. „Hallo, Daddy.“
    Mit Tränen in den Augen las Abigail die Inschrift auf der Messingplatte: „Noah Calhoun, Sohn des Charles Calhoun. Reitchampion, geliebter Ehemann und Vater.“
    Julius ist also Jamies Neffe, erkannte sie plötzlich. „Dein Vater muss dir sehr fehlen“, murmelte sie, und der Junge nickte.
    „Heute lernte ich deine Mutter kennen“, erzählte sie ihm. „Dein Onkel Jamie nahm mich mit zu dem Haus am King’s Creek.“
    „Sobald ich sechzehn bin, werde ich selbst auf diesem Land arbeiten.“
    Abigail sah mit einem Mal die Zukunft vor sich: Das Tiefland um den King’s Creek würde verschwinden, falls die Vorlage zur Erweiterung der Eisenbahn durchkäme; die Menschen hier würden von ihrem Land vertrieben werden ...
    „Mein Daddy war dabei, eine eigene Pferdezucht zu gründen“, erzählte der Junge weiter. „Das wäre bestimmt die beste des ganzen Staates geworden. Mama schickte mich nach Albion, weil..." Verstohlen warf er Abigail einen Blick zu. „Auf jeden Fall sorgt man auf Albion sehr gut für mich.“
    Man sorgt für ihn! dachte sie wütend. Als wäre er ein Stück Eigentum, wie es seine Vorfahren zweifellos auch gewesen waren.
    „Was geschah mit deinem Vater, Julius?“ erkundigte sich Abigail.
    „Er reiste nach Übersee, um dort Pferde anzukaufen. Er und Onkel Jamie kauften Pferde in Irland, Spanien, Marokko, Tunesien.“ Julius’ Augen

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