Callboys - Die Schönen der Nacht
roten Nebel zu vertreiben, die vor meinen Augen waberten und die Ränder meines Blickfelds einfärbten. Noch einmal atmete ich langsam und tief ein und presste dabei den Daumen fest zwischen meine geschlossenen Augen. Als ich die Lider wieder aufschlug, war Sam noch immer zu meinen Füßen ausgestreckt. Seine Augen waren offen, und obwohl ich befürchtete, unter seinem Kopf eine sich ausbreitende Blutlache zu entdecken, blieb der Fußboden sauber. Er sah verblüfft aus.
Ich kniete mich neben ihn und hob seine Hand. Unter meinen unerfahrenen Fingern pochte sein Puls. Ich hatte keine Ahnung, ob sein Pulsschlag stark oder schwach war oder ob Sam überhaupt bei Bewusstsein war, denn obwohl seine Augen offen waren, blinzelte er nicht.
„Geht es dir gut?“ Meine Stimme klang heiser. Wie laut hatte ich eigentlich gebrüllt, als ich wie ein Berserker durch die Tür gestürzt war?
Sam stöhnte. Seine Finger, die ich in meinen hielt, waren kalt, aber im Zimmer war es aus reiner Notwendigkeit recht kühl. An einigen Stellen seiner Hände hatte er Hornhaut, die ich bei unserer ersten Begegnung nicht bemerkt hatte.
Seine Lider flatterten, und dichte, dunkle Wimpern senkten sich über Augen, die unter der fluoreszierenden Lampe blitzblau funkelten. Er stieß ein Ächzen hervor, das sich zwar anders anhörte als sein Stöhnen, aber deshalb nicht weniger beunruhigend war.
Ich tätschelte seine Hand. „Sam? Geht es dir gut?“
„Bin ich betrunken?“ Seine Stimme klang verwaschen.
„Ich glaube nicht. Du bist ziemlich hart auf den Kopf gefallen.“
„Scheiße.“ Er richtete sich auf, zuckte zusammen und fasste sich mit der freien Hand an den Hinterkopf. Mit den Fingerspitzen tastete er die wunde Stelle ab und stieß zischend die Luft aus. „Verdammt, das tut weh. Und ich bin betrunken. Ein bisschen.“
Ich ließ seine Hand los und setzte mich auf meine Fersen. „Gott. Es tut mir so leid. Ich habe Musik gehört, und …“
Er starrte meine Brüste an, die unter dem dünnen T-Shirt nackt waren. Die kalte Luft im Zimmer hatte dafür gesorgt, dass sich meine Nippel aufrichteten, und ich beugte mich vor, um dafür zu sorgen, dass mein Shirt lockerer fiel, was jedoch nicht sonderlich gut gelang. Sams Blick wanderte über meinen ganzen Körper und betrachtete nicht nur das enge T-Shirt, sondern auch meine Flanellhosen, die tiefer als gewohnt auf den Hüften saßen, und meine nackten Zehen.
Er zögerte nur einen Moment, bevor er sich vorbeugte und seine harten Hände auf meine Schultern legte, um dafür zu sorgen, dass ich stillhielt.
Dann küsste er mich, nachdrücklich und gut.
Überrascht von dem plötzlichen Übergriff, tat ich nichts, während er meinen Mund sanft mit seinem berührte und seine Zunge zwischen meine Lippen schob. Ich schnappte nach Luft. Er murmelte etwas vor sich hin. Ich riss mich los und schlug ihm ins Gesicht.
Sam streckte sich wieder auf dem Fußboden aus und presste eine Hand an die Brust. „Nun, ich nehme an, das war die Antwort auf die Frage, ob ich wach bin oder träume.“
Mühsam stellte ich mich wieder auf die Füße, während sich meine Brust hob und senkte, ohne dass meine Lungen sich mit Luft füllten. „Was, zum Teufel …?“, stieß ich atemlos hervor.
Sam stand ebenfalls auf, die Hände flehend erhoben, doch er näherte sich mir nicht. „Ich wollte es nur herausfinden. Ich meine, kannst du es mir vorwerfen, wenn ich mich frage, ob ich träume?“
Mit Fingern, die ein wenig wegen des Übergriffs, viel mehr aber aus einem völlig anderen Grund zitterten, wischte ich mir über den Mund. „Das hier ist nicht der richtige Ort.“
„Ich neige dazu, dir zuzustimmen.“ Sams Blick wanderte erneut über meine Kleidung und bewegte sich dann wieder zu meinem Gesicht. Er berührte sein Kinn, zuckte wieder zusammen und tastete mit der Zunge in seinem Mund herum. Nun blutete er, in seinem Mundwinkel hing ein winziger Blutstropfen. „Aber ernsthaft, was erwartest du? Ich halte Wache bei meinem toten Vater, und da taucht die Frau auf, die ich vor ein paar Wochen in einer Bar kennengelernt habe, und ist noch dazu wie zu einer Pyjama-Party gekleidet. Ist es da wirklich so erstaunlich, dass ich frage, ob das überhaupt die Wirklichkeit ist? Ich meine, schließlich habe ich diesen Rumms gegen den Kopf bekommen und bin vielleicht immer noch im Reich der Träume.“
Ich kreuzte die Arme vor der Brust. „Du träumst nicht.“
„Nun … was machst du eigentlich hier?“ Sam zeigte nach
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