Calling Crystal
Mann, der deutlich älter war als ich, womöglich nur ausnutzen wollte; ihre Standpauke machte mir nichts aus, denn im Grunde waren sie auf meiner Seite und scherten sich nicht weiter um die öffentliche Aufmerksamkeit, die ich erregt hatte. Gewiss, ich hatte ein paarmal Reportern ausweichen müssen, die vor dem Geschäft herumgelungert hatten in der Hoffnung, mich ein weiteres Mal zusammen mit meinem angeblichen Freund ablichten zu können; aber als Profis wussten sie, wie der Hase lief, und als Steve sich nicht blicken ließ, beschlossen sie, als Nächstes eine Story über unsere »turbulente Trennung« zu bringen. Dafür gaben sie sich auch mit ein paar Fotos zufrieden, auf denen ich mein Gesicht hinter einer Sonnenbrille verbarg oder mich im Vorbeigehen hinter hochgehaltenen Einkaufstüten versteckte.
Die allgemeine Stimmung war nicht gerade die beste für einen ausgelassenen Junggesellinnenabschied. Contessa Nicoletta war unglaublich großzügig gewesen: Sie hatte eine erstklassige Band engagiert, damit wir nach dem Essen tanzen konnten, und ihr Koch war eindeutig ein Genie. Er hatte mir ein paar Kostproben in den Laden gebracht, die mir förmlich auf der Zunge zergingen. Der venezianische Haarschmuck und die filigranen Halbmasken, die Signora Carriera und ichentworfen hatten, waren auch schon fertig. Die Idee war gewesen, eine exklusive Version der üblichen Kostüme von Junggesellinnenabschieden zu kreieren, also statt Kurzbrautschleier, rosa Tiaras und Elfenflügeln, mit denen man zuweilen die feiernden Mädchen vor der Hochzeit durch die Straßen ziehen sah, hatten wir Fantasiekostüme mit strassbesetzten Engelsmasken, Glasschmuck und für Diamond eine spezielle Krone mit einem Wasserfall aus Seide erschaffen. In Kombination mit den Abendkleidern würden wir bestimmt atemberaubend aussehen und wunderbar in die Umgebung der erlesensten Insel der Lagune passen.
Die Gäste aus Übersee waren inzwischen eingetroffen. Wir hatten ganz in der Nähe unserer Wohnung das Hotel Calcina gebucht, mit Blick aufs Wasser, da wir nicht genug Platz hatten, um alle Leute bei uns unterzubringen. Ich war erleichtert, als Xav und Trace zu ihren Brüdern ins Hotel zogen und Sky das Gästezimmer überließen. Traces Mutter Karla und Phoenix wohnten mit ihren Männern im Hotel, verbrachten aber die meiste Zeit des Tages bei uns, da die Jungs noch eifrig an ihrem Partyprogramm bastelten. Unsere älteren Schwestern und unsere Mutter konnten aufgrund von schulischen und großmütterlichen Verpflichtungen nicht an der Party teilnehmen, würden aber ein paar Tage vor der Hochzeit anreisen. Und so setzten sich die Partygäste hauptsächlich aus Diamonds italienischen Freundinnen zusammen – und davon gab es reichlich. Sie war schon immer sehr beliebt gewesen.
»Okay.« Ich legte meinen Planungsordner vor Sky und Phoenix auf den Tisch. Karla und Diamond waren zu einem Einkaufsbummel aufgebrochen, doch die beiden Mädchen hatten seltsamerweise lieber hierbleiben wollen, leise vor sich hin murmelnd, dass sie kein Risiko eingehen wollten, wo sie doch schon zwei so tolle Kleider im Koffer hatten. »Würdet ihr mir dabei helfen, heute Abend alle in Position zu bringen?«
»Klar.« Sky gähnte und rieb sich die Augen. Sie war noch immer im Schlafanzug und ihre blonden Locken standen ihr in alle Richtungen vom Kopf ab. Süße siebzehn – sie war einfach zum Anbeißen. Jedes Mal, wenn ich Zed und sie zusammen sah, spürte ich, dass er genau wusste, was für ein Glückspilz er war. »Willst du uns denn gar nicht den neuesten Klatsch erzählen, jetzt, wo die anderen weg sind?«
Ich blätterte in dem Ablaufplan für heute Abend. »Klatsch?«
Phoenix lachte – ein befremdlich raues Lachen für ein Mädchen, das aussah wie eine hübsche kleine Elfe; die langen dunklen Haare zum Undercut geschnitten. Sie war mit dem geistigen Überflieger des Benedict-Clans verheiratet, den sie als ihren Clark Kent bezeichnete. Ich wusste genau, was sie meinte: Jedes Mädchen mit ein bisschen Geschmack fand Clark Kent weitaus attraktiver als den Unterhosen tragenden Superman, in den er sich verwandelte; Yves ließ den Musterschüler verflucht sexy aussehen: »Du brauchst gar nicht zu versuchen, der Frage auszuweichen, Crystal. Wir reden von der Story – du und Steve Hughes.«
»Falls ihr mich deshalb fertigmachen wollt, stellt euch gefälligst hinten an.«
Phoenix schnaubte verächtlich. »Fertigmachen? Das soll ja wohl ein Witz sein?«
»Du machst mich
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