Callista 01 - Palpatines Auge
Hemmbolzen aus der Hand, hielt ihn in den Fingern, besah ihn sich leidenschaftlos im gelbsüchtigen Schein der Lampe neben ihm auf dem Tisch. »Und am entsetzlichsten ist, daß ich deswegen kein schlechtes Gewissen verspüre.«
»Weshalb bei allen Raritäten des Universums sollten Sie ein schlechtes Gewissen haben?« fragte 3PO verblüfft.
»Aus gar keinem Grund«, gab Nichos zur Antwort. »Ein Droide kann nicht gegen seine Basisprogrammierung oder ihr auferlegte Einschränkungen verstoßen, solange sie nicht in Konflikt mit den untersten Ebenen der Motivationslimitoren geraten. Aber ich glaube, Nichos hätte Gewissensbisse.«
»Sie schläft jetzt.«
Luke spürte Callistas Eintreten, als käme sie leibhaftig durch die Tür des kleinen Büros. Er war allein. Inzwischen hatten sich die Lampenbatterien erschöpft, und die einzige Helligkeit erzeugten die Flämmchen provisorischer Dochte, die auf dem Tisch im Öl zweier roter Speisesaal-Plastikteller loderten. Inmitten der düsteren Schatten gaukelte die Einbildung ihm beinahe vor, er könnte Callista sehen: groß und schlank, das braune Haar fiel ihr als armdicker Strang auf den Rücken.
Ich kann unmöglich zulassen, daß ihre Existenz ein Ende nimmt, dachte er. Verzweiflung zerriß ihm das Herz.
»Ist Nichos wohlauf?«
Luke nickte, dann stutzte er, schüttelte den Kopf. »Nichos… ist ein Droide«, sagte er.
»Ich weiß.«
Er fühlte ihre Gegenwart neben sich, als hätte sie sich zu ihm auf die Kante der Werkbank gehockt, ließe sie, genauso wie er, die gestiefelten Füße baumeln. Er entsann sich der Wärme ihrer Haut in seinem Traum, der leidenschaftsvollen Kraft, mit der sie sich an ihn geklammert, der Köstlichkeit ihrer Lippen, als er sie geküßt hatte.
»Luke«, meinte sie leise, »manchmal kann man eben nichts tun.«
Er stieß den Atem mit einem Schnauben der Erbitterung aus, ballte zornig die Fäuste; trotzdem bewahrte er ein ganzes Weilchen lang Schweigen. »Ich weiß«, sagte er nur, als er sich endlich zu einer Antwort imstande sah. Er hatte begriffen, vor zwei Wochen war es ihm noch nicht klar gewesen. Auf gewisse Weise hatte er mit Sith-Lords und geklonten Imperatoren leichter zurechtkommen können.
Verzerrt lächelte Luke. »Die Kunst besteht wohl darin zu merken, wann ein solcher Fall vorliegt.«
»Djinn Altis hat uns folgendes gelehrt«, erzählte Callista mit verhaltener Stimme. »Zehntausend Jahre lang sind wir in der Galaxis die Wächter über Frieden und Recht gewesen. Diese Bemerkung hat er seinen Darlegungen und Lektionen jedesmal vorausgeschickt. Aber bisweilen dient man der Gerechtigkeit am besten, wenn man weiß, wann man die Hände in den Schoß legen muß. Und dann erzählte er uns irgendeine aufschlußreiche Geschichte aus den Archiven oder der mündlichen Jedi-Überlieferung über ein Ereignis, bei dem das, was zu geschehen schien, es gar nicht war, was in Wirklichkeit passierte.«
Luke spürte ihr versonnenes Lachen.
»Damit hat er mich jedesmal fast verrückt gemacht. Aber er hat immer betont: Jeder Schüler hat die Pflicht, eintausendachtzig schwere Fehler zu begehen. Je früher ihr sie hinter euch bringt, um so früher rückt der Zeitpunkt heran, von dem an euch keine Fehler mehr unterlaufen. Einmal habe ich ihn nach einer Liste der Fehler gefragt. Darauf sagte er: Zu glauben, es gäbe eine Liste, ist Fehler Nummer vier.«
»Wie lange hast du bei ihm studiert?«
»Fünf Jahre. Nicht annähernd lange genug.«
»Nein«, sagte Luke, dachte an die wenigen Wochen, die er auf Dagobah verbracht hatte. Nochmals entfuhr ihm ein Aufstöhnen. »Mir wäre es bloß lieber, mit unterliefe nicht auch eine beträchtliche Anzahl dieser eintausendachtzig Fehler beim Unterrichten der Studenten. Beim Ausbilden der Jedi. Beim Vermitteln der Macht… Beziehungsweise dem Befähigen zu ihrem Gebrauch. Meine Unwissenheit und mein Erfahrungsmangel haben schon einen Schüler das Leben gekostet, ein zweiter ist dadurch der dunklen Seite der Macht in die Arme getrieben worden und hat in der Galaxis Unheil gestiftet, an das ich mich gar nicht zu denken traue. Das ganze Projekt – die Akademie, die Wiederbelebung der Jedi-Fähigkeiten – ist viel zu wichtig, als daß man nach dem Prinzip ›Lerne beim Lehren‹ vorgehen dürfte. Das war nämlich…«
Er zögerte, weil es ihm zuwider war, so über seinen eigenen Lehrer zu reden; doch es ließ sich nicht vermeiden. »Das war der Fehler, der Ben unterlaufen ist, als er meinen Vater unterwiesen
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