Callista 03 - Planet des Zwielichts
war, hatte sich verändert. So sehr Leia sich auch bemühte, die Züge der jungen Wissenschaftlerin zu entdecken, die sie einst gekannt hatte, der Frau, die ihren Körper Callista überlassen hatte, um selbst ihren Geliebten auf der Anderen Seite suchen zu können, sie sah immer nur die verlorene Jedi, die ihr Bruder so innig liebte. Im farblosen Sternenlicht war in Callistas dichter Mähne keine Spur von Crays Blond mehr zu erkennen. In der Dunkelheit wirkte es fast schwarz, aber im Tageslicht würde sie wieder das weiche Mittelbraun sehen, zu dem es bereits geworden war, als sie diese Frau zuletzt mit Luke gesehen hatte. Dunkle Brauen verbargen ihre grauen Augen fast völlig.
»Ich glaube nicht, daß Luke das wirklich versteht.« Callistas Kopf drehte sich ein wenig, als sich auf der anderen Seite der großen schwarzen Kanonenmündung, die in der Mitte der Station durch das offene Dach himmelwärts wies, etwas bewegte. Aber es war nur einer der anderen Theraner, der ein kleines, leistungsfähiges, elektrisches Heizgerät installierte, um das Abendessen zuzubereiten, und zwei junge Frauen aus seiner Gruppe zu sich rief. Der Abendwind hatte sich gelegt. Bé, der Lauscher der Gruppe, ein schmächtiger Mann, der ebensogut dreißig wie fünfzig sein konnte, bewegte sich wie ein Schatten zwischen den Reitern, die ihre Decken ausbreiteten, ihre Waffen reinigten oder sich unterhielten.
Die Macht war ein dunkler Ozean, von dessen Rauschen die Nacht widerhallte. Leia fragte sich, ob Callista ihre Präsenz ebenso wie sie selbst fühlen konnte.
»So viele haben versucht, Luke für ihre Zwecke zu mißbrauchen«, fuhr Callista fort. »Es begann in dem Augenblick, als er seine Hand ausstreckte, um sein Lichtschwert zu sich zu rufen. Vader wollte ihn auf seine Seite ziehen. Palpatine wollte seine Dienste. Palpatines Klon hat es geschafft, ihn eine Zeitlang zu versklaven, aber Luke ist stark, stärker als ihm bewußt ist. Und er hat ein klares Ziel. Ich denke, man könnte sagen, er hat ein reines Herz.«
Sie verschränkte die Arme vor der Brust und wirkte wesentlich entspannter als beim letzten Mal, als Leia sie mit Luke zusammen gesehen hatte. Als sie zu sprechen fortfuhr, war ihr Atem wie eine Wolke aus Diamanten: »Luke lechzt nicht nach Macht und Einfluß. Ich glaube, er versteht so etwas wie Machthunger gar nicht.«
»Nein.« So hatte Leia ihren Bruder noch nie gesehen, aber sie begriff sofort, daß Callista recht hatte. Luke hatte nie den Wunsch gehabt, eine größere Einheit als eine Staffel zu befehligen. Er war kein Taktiker, wie Han einer war. Und auf der Jedi-Akademie galt sein einziges Bestreben der Lehre und dem Lernen und dem Ziel, die Macht jedem zugänglich zu machen, der die Veranlagung dazu besaß. Er wollte einen Jedi-Orden, um ihm anzugehören, und nicht um Schüler zu haben, die auf sein Wort hörten und ihm gehorchten.
»Aber du verstehst das.«
»Ja.«
»Dann verstehst du auch, weshalb ich weggehen mußte.«
Leia seufzte – ein verhaltener Laut des Bedauerns. »Ja.« Eigentlich hatte sie es immer verstanden.
Eine Weile herrschte Stille. Die kristallenen Berggipfel fingen den kalten Schein der bitteren Sterne auf. »Ich bin wie Luke«, fuhr Callista leise wie im Selbstgespräch fort. »Auch ich habe nie nach Macht und Einfluß gestrebt. Ich wollte immer nur lernen. Mit anderen Leuten Zusammensein, die mich verstehen. Aber Leute, die über unsere Kräfte verfügen, werden immer von anderen ausgenutzt, Leia. Vader wollte dich ausnutzen, und wenn er das nicht ausdrücklich gesagt hätte, glaube ich nicht, daß Luke zornig genug gewesen wäre, um den Kampf mit ihm zu suchen, den Kampf auf Leben und Tod. Du hast mir erzählt, wie Thrawn und Pellaeon versucht haben, deine Kinder zu entführen, und wie Cbaoth sie als Waffen im Dienst seines eigenen Ehrgeizes mißbrauchen wollte. Ich habe selbst gesehen, welche Mühe du dir gibst, Jacen und Jaina zu lehren, daß sie auf ihr eigenes Herz hören sollen, wie du dich bemühst, ihnen ein Gefühl für Fairneß und Gerechtigkeit zu vermitteln. Damit sie nicht zum Spielball anderer werden, damit andere sie nicht deformieren können. Aber sie werden noch lange Zeit schwach sein, weil sie Kinder sind und weil es leicht ist, Kinder mit Liebe und Haß und Lügen zu beeinflussen.«
»Ja«, entgegnete Leia abermals. Sie schlüpfte in ihren Stiefel, hüllte sich enger in den dicken Mantel aus grob gewebtem rohen Majie, den jemand ihr geliehen hatte, und trat an die
Weitere Kostenlose Bücher