Cambion Chronicles 1
hergekommen. Ich gehe nicht zu Fuß nach Hause.«
»Sam.« Er lachte leise. »Was steht denn noch auf deinen Karten?«
»Ach ja.« Ich überflog meine Notizen. »Was für Kräfte hast du?«
»Das habe ich dir schon gesagt.«
»Nein, ich meine Superkräfte. Bist du stark?«
»Ich halte mich fit.« Er zwinkerte mir zu.
»Kannst du einen Bus hochheben?«, fragte ich und ignorierte seinen anzüglichen Tonfall.
»Nein. Alle zusätzlichen Kräfte, die ich habe, stammen von meinem Geist. Wie bei einem Adrenalinstoß halten die nicht lange vor.«
»Bist du superschnell?«
»Eigentlich nicht. Ich bin ziemlich schnell, aber ich werde wohl nie irgendwelchen Kugeln ausweichen können.«
»Darüber solltest du noch mal nachdenken, wenn du meinen Dad kennenlernst«, sagte ich. »Kannst du vielleicht fliegen oder Gedanken lesen oder dich irgendwohin beamen oder durch Wände gehen?«
»Nein. Ich bin ein Mensch, Sam. Ich blute, ich erkälte mich, und ich kann sterben wie jeder andere auch. Ich habe nichts als mein gutes Aussehen«, sagte er und grinste dabei schon wieder so unverschämt.
Ich warf die Karteikarten auf den Tisch. »Mann, also du bist echt der schlechteste Superheld aller Zeiten! Wie willst du das Verbrechen bekämpfen?«
»Wie jeder andere auch. Ich rufe die Polizei.«
»Du könntest es ja auch zu deinem Vorteil nutzen.«
Seine Augen verengten sich misstrauisch. »Du willst, dass ich ein Gigolo werde wie in deinem Buch, oder?«
Ich wich seinem Blick aus und baute weiter an meiner Burg aus Zuckertütchen. »Na gut, mir ist so was in den Sinn gekommen, aber weißt du, wie viel Geld du rausschlagen könntest, wenn die Kundinnen nicht sterben würden?«
Er wandte sich wieder seinem Teller zu. »Nächste Frage.«
»Na schön. Du hast gesagt, dass du Schwestern hast. Haben die auch einen ›Capone‹?«
»Nein. Wie ich schon sagte, mein Wesen ist männlich, also betrifft es nur die männlichen Mitglieder unserer Familie. Es gibt auch weibliche Cambions, sie stammen von den Sukkuben ab, dem weiblichen Gegenstück der Inkuben. Hätte meine Mom dieses Merkmal gehabt, wären nur meine Schwestern betroffen.«
Ich bemühte mich, meine Beunruhigung zu unterdrücken. »Wie viele Geschwister hast du noch mal?«
»Drei Brüder und zwei Schwestern. Und sie leben in glücklichen Beziehungen. Mein ältester Bruder hat zwei Kinder.«
»Oh.« Ich richtete meine Aufmerksamkeit auf das Fenster.
Ich konnte mir nicht vorstellen, mit diesem Kerl zusammen zu sein, ganz zu schweigen von Heirat und Kindern. Au ch wenn er ein Mensch war, gab es da ein paar Dinge, über die ich einfach nicht hinw egsehen konnte. Wenn in Calebs Körper die Seele eines Dämonen wohnte, wollte ich auf keinen Fall den komplette n zu sehen bekommen. Und wenn es solche Kreaturen tatsächlich gab, dann mussten der Logik nach noch ga nz andere Wesen in den Schatten lauern, und das war ein Gebiet, das ich niemals erkunden wollte.
Ich konnte spüren, wie er jede meiner Bewegungen beobachtete. Die stumme Aufforderung in seinem Blick brachte mich dazu, ihn anzusehen. Er setzte sich gerade hin. Sein lässiges Gebaren fiel von ihm ab, und auf einmal war da nur noch Bescheidenheit. »Ich kann ein normales Leben führen. Ich will ein normales Leben führen. Ich brauche dazu nur Zeit mit dir. Würdest du mir die geben?«
Ich beantwortete die Frage nicht. Auf dem ganzen Heimweg hing sie zwischen uns in der Luft. Ich war nur halb mit den Karteikarten durch gewesen, als wir das Restaurant verließen, und Caleb nahm das als Anreiz für die nächste Verabredung. Er wollte mich noch zur Tür bringen, überlegte es sich jedoch anders, als er Moms Auto in der Einfahrt sah.
Als ich hineinging, kam mir Mom in der Diele mit dem Telefon entgegen. »Dad will dich sprechen, Schatz.«
Ich nahm das Telefon und ging nach oben. »Hi Daddy, wie geht’s?«
»Hi, Püppchen. Ich habe versucht, dich auf dem Handy anzurufen, aber es war wieder nur die Mailbox dran. Das mit deinem Freund tut mir leid. Wie kommst du zurecht?«
»Den Umständen entsprechend.«
»Wenn du jemanden zum Reden brauchst, weißt du ja, wie du mich erreichst.«
»Ja, weiß ich.« Ich betrat mein Zimmer und ließ mich aufs Bett fallen.
»Also, eigentlich rufe ich an, weil ich wissen will, bei welchem Händler dein Auto steht. Ich will mal sehen, ob er nicht mit dem Preis runtergeht.«
Ich musste lächeln. Wenn jemand wusste, wie man feilscht, dann mein Dad. Ich wühlte auf meinem Schreibtisch nach den
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