Cambion Chronicles 1
deine Gedanken zu Ende denken.«
Ich wich zurück. Wusste denn jeder über mein nicht vorhandenes Sexleben Bescheid? Stand das irgendwo auf einer Plakatwand? Tja, wenn es mich gegen die Mächte der Finsternis schützte, sollte ich es mir wohl gleich auf die Stirn tätowieren lassen.
»Ich wurde schon etwas zu ihm hingezogen«, gestand ich.
Sie schnaubte. »Das ist doch klar. Er hat gerade heftige Signale ausgesendet. Jede andere Frau wäre über den Tresen gesprungen und hätte ihn auf der Stelle vernascht.«
Ich konnte das nicht begreifen. Ich könnte niemals plötzlich den Verstand verlieren oder mich derart erniedrigen, nur um Befriedigung zu erlangen. Aber ich hatte auch noch meinen freien Willen … vorerst noch.
»Warum legt er sich mit mir oder meiner Mom an?«, fragte ich. »Wir haben ihm doch nichts getan.«
Nadine rutschte zentimeterweise an die Schwingtüren heran und spähte hinaus. »Ist nicht wichtig. Es trifft euch einfach. Und da du jetzt weißt, was er ist, wird er vielleicht hinter dir her sein.«
»Warum?«
Sie blieb angespannt, ihr Blick schoss zwischen allem, was sich im Café bewegte, hin und her. »Wenn er dich als Bedrohung betrachtet, wird er dir wehtun.«
Ich trat neben sie an die Tür. »Was ist mit Caleb? Ich bin die Freundin seines Sohnes.«
»Das wird ihn nicht aufhalten, wenn du für ihn ein Hindernis bist. Und wie du siehst, ist er dazu bereit, auch denen wehzutun, die ihm nahestehen.«
Die Endgültigkeit ihres Tonfalls entfachte eine unbändige Wut in mir. Mr Ross machte vielleicht allen Angst, aber nun hatte er sich mit der Falschen angelegt. Ich würde nicht ohnmächtig dasitzen und darauf warten, dass die Tragödie über mich hereinbrach. Blutsbande hin oder her, wenn Calebs Dad Krieg wollte, dann würde hinterher kein Stück mehr von ihm übrig sein.
Nadine hielt mir die Tür auf. »Wir haben Kundschaft. Caleb erklärt dir später alles, okay?«
Sprachlos ging ich mit einer frischen Portion Wut und Paranoia zu meinem Arbeitsplatz zurück. Nadines tröstende Hand auf meiner Schulter machte nur umso deutlicher, dass gar nichts in Ordnung war.
25
E ine Stunde später kam Caleb ins Café zurück und untersuchte mich. Er überprüfte meinen Puls, ließ mich seinem Finger mit den Augen folgen und testete meine Reaktionen auf Licht und meine Reflexe. Hätte nur noch gefehlt, dass er mich ins Röhrchen pusten ließ, um nachzuweisen, dass ich nicht unter dem Einfluss von Big Daddy stand.
Als er zufrieden war, atmete er einmal tief durch. »Ich komme heute Abend mit ins Krankenhaus, nur für alle Fälle.«
»Für welche Fälle?«
»Für alle Fälle«, wiederholte er mit einer Entschlossenheit, die mir fremd war.
Nadine ging hinter uns auf und ab. »Hast du deine Brüder angerufen?«
»Ja, Brodie kommt mit dem Nachtflug aus London, er müsste also morgen da sein. Michael hat gesagt, er nimmt den ersten Flug, den er bekommen kann, und müsste spätestens Montag hier sein.«
Ich drehte den Kopf von einem zum anderen. »Leute, wenn ihr versucht, mir Angst zu machen, dann kriegt ihr das echt super hin.«
Caleb rieb meine Arme. »Tut mir leid, aber wir müssen dafür sorgen, dass deine Mutter in Sicherheit ist. Das ist unsere wichtigste Aufgabe.«
»Worüber hat dein Dad mit dir gesprochen?«, fragte ich.
»Ich erzähle es dir heute Abend, wenn wir unter uns sind.« Er machte eine Kopfbewegung in Richtung der zwei Dutzend Augen und Ohren, die das Café bevölkerten. »Nadine und ich fahren mit zum Krankenhaus.«
»Ich muss erst noch nach Hause und mich umziehen.«
»Mach das. Wir gehen dahin, wo du hingehst.« Sein ernster Gesichtsausdruck verriet mir, dass das kein Vorschlag war, sondern eine Feststellung.
Nach Ladenschluss rief ich Dad von unterwegs aus an und erzählte ihm das Neueste über Mr Ross. Ich ließ zwar die übernatürlichen Elemente weg, lieferte ihm aber dennoch ausreichend Gründe, seine Augen offen zu halten. Zu meinem großen Entsetzen erzählte er mir, dass ein Mann, auf den die Beschreibung von Mr Ross passte, heute versucht hatte, Mom zu besuchen, jedoch nicht zu ihr gelassen wurde, weil die Besuchszeit vorbei war. Ich hätte fast einen Unfall gebaut. Er versicherte mir, dass ungewöhnlich viele Polizisten in Krankenhausnähe Streife fuhren, wahrscheinlich dank Calebs Telefonanruf. Das brachte meinen Herzschlag wieder auf ein vernünftiges Tempo.
Wie versprochen, eskortierten mich Caleb und Nadine zum Haus. Und das war auch gut so. Als ich den
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