Cambion Chronicles - Golden wie das Morgenlicht (German Edition)
neugierig zu mir. Der Klatschreporter in ihm war noch im Dienst. »Was hältst du von dieser Entwicklung? Da lief doch was zwischen euch, oder?«
»Nein. Da lief nichts, und ich möchte hiermit offiziell zu Protokoll geben, dass ich nie in meinem Leben mit Malik zusammen war. Schreib das in fetten Großbuchstaben, damit alle es sehen.« Ich stand auf.
»Was ist los mit ihr?«, hörte ich Jason fragen, als ich den Tisch verließ.
»Keine Ahnung, Mann. Die Mädels hier haben irgendwie alle einen an der Waffel«, antwortete Dougie.
In der Stille des Treppenhauses lehnte ich mich gegen die Wand und versuchte, meine Atmung unter Kontrolle zu bringen. Es passierte zu viel, es gab zu viele unbeantwortete Fragen. Tobias war plötzlich wie vom Erdboden verschwunden, etwa zur selben Zeit, als ich für zwei Stunden weggetreten war. Vielleicht war es Tobias genauso gegangen, aber bei meinem letzten Blackout davor hatte er keine Probleme gehabt. Er hatte gesagt, so sei ich ihm lieber, so fügsam und ihm ausgeliefert. Was war in diesen beiden Stunden geschehen, das zu Tobias’ Verschwinden geführt hatte? Und noch wichtiger: Wo war ich gewesen, als das alles geschah?
»Lilith«, rief ich. »Kannst du mir mal helfen?«
Keine Antwort.
Es war einen Versuch wert gewesen. Mit einem tiefen Seufzer stieß ich mich von der Wand ab und schlurfte zu meinem nächsten Kurs, auch wenn in meinem Kopf außer Tobias gerade gar nichts Platz hatte.
4
Ein glänzendes neues Vierteldollarstück rutschte in den Münzeinwurf, als ich kräftig am Metallknopf drehte.
Nach einer vollen Umdrehung fielen fünf magere Skittles aus dem Ausgabeschacht in meine wartende Hand. Man bekam heute nicht mehr viel für einen Vierteldollar, doch ich wusste ja um seinen wahren Wert. Ich betrachtete stirnrunzelnd meine traurige Ration und verstand sie als Auftakt zur richtigen Abzocke.
Ich steckte mir einen Kaudragee in den Mund und schlenderte durch den Wartebereich am Ausstellungsraum vorbei bis zur Fensterfront, die auf das Gelände des Gebrauchtwagenhändlers hinausging. BIG LARRYS SUPER - WEIHNACHTSANGEBOTE stand auf einem roten Banner über dem Eingang.
Die ganze Stadt war mit dieser Werbung zugepflastert, und auch die abgedroschenen Werbespots hatte ich hundertmal im Fernsehen gesehen. Wer konnte auch einen hundertfünfzig Kilo schweren Typen vergessen, der angezogen war wie ein Zuhälter und eine tanzende Bulldogge dabeihatte? Glücklicherweise waren die halbnackten Damen nicht hier vor Ort, der Hund dagegen, der ebenfalls Larry hieß, gehörte offenbar zum Geschäftskonzept. Im Augenblick umkreiste er mich und schnüffelte an meinen Beinen. Auf dem Kopf trug er einen Wichtelhut und um den Hals kleine Glöckchen.
Zu meiner Linken befand sich eine geschlossene Bürotür, hinter der mein Dad den Papierkram erledigte und das tat, was er am besten konnte: verhandeln.
Er hatte mich nach der Schule aufgegabelt und war mit mir hierhergefahren, um mein neues Auto abzuholen, da das alte in der Thanksgiving-Nacht das Zeitliche gesegnet hatte. Ja, Tobias’ brutale Zurschaustellung seiner Liebe und Eifersucht hatte meinen Nissan Juke in einen Haufen Altmetall verwandelt. So gefährlich und verführerisch Tobias auch sein mochte, nach diesem Stunt fand ich ihn ganz und gar nicht mehr heiß.
Auch wenn ich wütend war, weil ich den Wagen verloren hatte, auf den ich jahrelang gespart hatte, drei Tage als Fußgängerin lehrten mich, dankbar zu sein für das, was ich hatte. Es war mir egal, welches Auto ich nun bekam, solange ich nur dem Mamataxi und dem öffentlichen Nahverkehr entrann.
Ich war mir sicher, dass Dad die Wirbelsturm-Geschichte nicht restlos geschluckt hatte, aber wenigstens hatte die Versicherung genug bezahlt, dass wir einen Ersatz besorgen konnten. Als Firmenanwalt roch Dad Bockmist noch Meilen gegen den Wind, und ich stank im Moment sehr danach. Es schien mir nicht fair, dass Mom mein schmutziges kleines Geheimnis kannte und Dad sich weiterhin über die seltsame Änderung meiner Augenfarbe und mein komisches Verhalten wundern musste. Er hatte feste Überzeugungen, an denen er unbedingt festhielt, und ich hätte es nicht ertragen können, wenn er mich voller Furcht oder Verachtung angeschaut hätte. Ich war doch sein Püppchen, und das wollte ich noch eine Weile bleiben.
Bevor Klein Larry beschloss, sein Revier an meinem Bein zu markieren, ging ich hinaus, um mich ein wenig in meinen Wunschträumen zu verlieren. Ich schlenderte von Auto zu Auto,
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