Cambion Chronicles - Golden wie das Morgenlicht (German Edition)
funkelte mich rebellisch an, jadegrüne Lichtblitze in den Augen. Da ich mir nicht die Schau stehlen lassen wollte, erlaubte ich Lilith, sich bemerkbar zu machen, und sah die Welt plötzlich wie durch einen grünen Schleier. Das Mädchen fuhr überrascht zurück und zog dann ihren Bruder hinter sich. »Nicht, wenn er dabei ist«, warnte sie.
Sofort schloss ich die Augen und drehte den Kopf weg. »Tut mir leid.«
»Schon gut, Samara. Er muss sich erst an dich gewöhnen.« Angie trat zu ihren Kindern. »Olivia, bring Szymon nach oben. Ich komme gleich nach.«
Das Mädchen nickte und führte ihren Bruder aus dem Zimmer, wobei sie ihn auf eine mütterliche, fast besitzergreifende Art an sich drückte. Mishka hüpfte hinter ihnen her. Ihre Korkenzieherlocken tanzten um ihren Kopf. Szymon hielt den Kopf gesenkt und blickte nicht einmal auf, als Caleb im Flur an ihm vorbeiging und ihm durch die Haare wuschelte.
»Was ist denn hier los?«, fragte er.
Vielleicht lag es daran, dass ich ein paar Tage nicht mit ihm gesprochen hatte, aber verdammt, er sah gut aus. Wie er da mit den Händen in den Hosentaschen am Türrahmen lehnte, schien er derselben Meinung zu sein. Die Ärmel seines schwarzen Hemdes hatte er bis zum Ellbogen hochgekrempelt und die obersten drei Knöpfe offen gelassen. Sein frisch gewaschenes Haar war zurückgekämmt und gab den Blick auf sein täuschend jungenhaftes Gesicht frei.
»Szymon hat meine Augen glühen sehen«, erklärte ich und drehte ihm den Rücken zu.
Seine Schritte kamen näher. »Du musst damit vorsichtig sein. Nur die Mädchen sind wie wir. Er ist unschuldig und immun gegen unsere Anziehungskraft, aber wir wollen ihn nicht mehr ängstigen, als wir müssen.«
»Äh, ja, mein Fehler.« Ich spürte, wie er mich eindringlich ansah und Blickkontakt suchte, aber ich gab nicht nach. Mein Herz klopfte doppelt so schnell wie sonst, und mein gesamtes Körpergewicht verlagerte sich in meine Füße.
Angie, die zweifellos die Spannung in der Luft spürte, sagte: »Macht es euch doch bitte bequem und nehmt euch ein paar Erfrischungen, während ich nach dem Essen sehe. Der Zimmerservice müsste gleich hier sein.«
Während die Kellner das Essen im Esszimmer auftrugen, blieb mir nichts weiter übrig, als den hungrigen Blicken auszuweichen, die Caleb mir zuwarf. Wir blieben in entgegengesetzten Ecken des Wohnzimmers und bewegten uns wie in einem langsamen Tanz um die Möbel und die strategisch aufgestellten Staffeleien herum. Jedes Mal, wenn ich den Mut gefasst hatte aufzuschauen, schälte er mir mit eindeutigen Blicken im Geiste gerade ein weiteres Kleidungsstück vom Leib. Meine Haut kribbelte in der wie elektrisch aufgeladenen Luft, und Lilith rüttelte an ihren Käfigstäben. In dem vergeblichen Versuch, beides zu ignorieren, lenkte ich meine Aufmerksamkeit auf die ausgestellten Bilder.
Angie war eine gefeierte Malerin, und ihre provokanten, ultrafeministischen Werke hielten die Kunstwelt in Atem. Sie machte sich gern rar und organisierte nur alle fünf Jahre eine Ausstellung in ausgewählten Städten, und die hier vorgestellten Kostproben ihrer Sammlung sollten die Konversation in Schwung bringen.
Ich ging an Porträts von Menschen vorbei, die in Käfigen steckten oder durch einen Fleischwolf und andere Küchengeräte geschoben wurden. Manche Bilder waren einfach und elegant, andere dagegen sahen aus, als hätte sie mit dem Pinsel in der Hand einen epileptischen Anfall gehabt.
»Das ist dermaßen komplex. Sieh nur die wütenden Pinselstriche und die Komposition – der Symbolismus des Rots auf dem Torso des Mannes«, sagte eine Stimme mit Akzent neben mir.
Ich neigte den Kopf zur Seite und versuchte, das Chaos auf der Leinwand zu interpretieren. »Das ist ein Mann?«
»Ich hoffe«, erwiderte die Stimme.
Ich sah zum zweitältesten Mitglied des Ross-Klans und meinem selbst ernannten großen Bruder und Aufpasser hoch. Natürlich kam Haden entgegen allen Gepflogenheiten zu spät und wirkte so unbehaglich, wie ich mich fühlte. Er sah gut aus mit seinem grauen Anzug und dem zurückgegelten schwarzen Haar, das ihm bis in den Nacken reichte.
»Du siehst nicht allzu glücklich darüber aus, hier zu sein«, bemerkte ich.
Seine indigoblauen Augen scannten rasch den Raum. »Ich bin nicht wegen der Geselligkeit gekommen. Ich will nur das Neuste über meinen Bruder erfahren, und dann gehe ich wieder. Brodie ist schon seit mehreren Wochen in New York und hat sich seit Tagen nicht mehr gemeldet.«
Ich
Weitere Kostenlose Bücher