Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Cambion Chronicles - Golden wie das Morgenlicht (German Edition)

Cambion Chronicles - Golden wie das Morgenlicht (German Edition)

Titel: Cambion Chronicles - Golden wie das Morgenlicht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaime Reed
Vom Netzwerk:
dauernd vergewissern, dass es noch da war. Tragödien können sich so auswirken auf die Menschen, aber ich hatte das Gefühl, dass sie schon immer so gewesen waren.
    Erst nach einem weiteren Gang lief es langsam etwas besser. Die Kinder schienen ein bisschen redseliger, und Olivia hörte endlich auf, mich böse anzufunkeln, legte das Steakmesser weg und konzentrierte sich auf das Essen. Ich sah, dass alle Geschwister ein goldenes Armband wie meins trugen, sogar der Junge. Auch wenn es Erbstücke waren, die für unsere Sicherheit sorgten, konnte ich das Gefühl nicht abschütteln, an die Leine gelegt zu sein.
    »Und, Samara, hast du die Tagebücher gelesen?«, fragte Angie.
    »Ja.«
    »Und was hast du gelernt?«
    Im Zimmer wurde es still, und alle Blicke richteten sich auf mich. Unglaublich, jetzt wurde ich mitten beim Abendessen auch noch abgefragt. »Kurz gesagt, Lilith ist ein Sukkubus, aber sie war mal ein Mensch und eine von vielen alten Stammesfrauen, die bösen Rauch eingeatmet haben. Der Rauch stammte von den verkohlten Überresten eines riesigen Engelwesens, das die Dorfbewohner in zwei Teile gerissen und verbrannt hatten. Na ja, die typischen Familiengeschichten halt. Und die Moral von der Geschichte: In der Gegenwart böser Geister sollte man lieber den Mund zumachen.«
    Szymon prustete und hielt sich die Nase zu, damit sein Getränk nicht herausschoss. Olivia, die das weit weniger lustig fand, gab ihrem Bruder einen Klaps auf den Hinterkopf. Als er sich wieder eingekriegt hatte, aß er weiter, immer noch vor unterdrücktem Lachen bebend.
    »Wie schön, dass du unseren Stammbaum so amüsant findest«, blaffte Olivia auf Polnisch. »Wenigstens wissen wir, wo wir herkommen.«
    »Offenbar tut ihr das nicht, wenn es drei verschiedene Versionen davon gibt.« Sie musste gedacht haben, dass ich sie nicht verstanden hatte, und war daher schockiert, als ich ihr in ihrer Muttersprache antwortete.
    »Englisch, die Damen«, mischte Haden sich ein und sah uns beide an. »Nicht jeder hier am Tisch kann Polnisch.«
    »Danke, Haden«, sagte Angie. Ihr strenger Tonfall brachte sofort wieder Ordnung in die Runde. »Es sind bloß Legenden, Samara. Niemand nimmt sie ernst, auch wenn die Entstehungsgeschichte in einigen Kulturen gefeiert wird. Manchmal werden die Ereignisse sogar nachgespielt.«
    »Mit oder ohne das Dorfmassaker?«, fragte ich.
    »Mit.« Sie lächelte. »Mir geht es vor allem um die Blutlinie. Bist du schon bei den drei Schwestern Antioch?«
    »Äh, fast. Die erzählen die Geschichte, nicht?«
    »Die erste Hälfte, ja. Wenn du zu dem Teil kommst, in dem sie sich in den Karpaten verstecken, sag Bescheid. Also, was hattest du denn für die Weihnachtsferien so geplant?«
    »Na ja, ähm, ich hatte gehofft, ihr würdet an Weihnachten zum Abendessen zu uns kommen und wir würden uns beschenken.«
    »Wir sind Juden«, sage Olivia ausdruckslos.
    »Ich weiß, war nur so eine Idee.«
    Angie stützte das Kinn auf ihre Hand und beugte sich zu mir. »Das klingt wunderbar, Liebes. Ich habe jede Menge Geschenke für dich und deine Mutter dabei.«
    Als ich in die Runde sah, bemerkte ich, dass eine Hauptperson fehlte. Ich hatte erwartet, dass er irgendwann noch aufkreuzte, aber sein Stuhl am Kopfende des Tisches blieb leer. »Wo ist Mr Petrovsky?«
    Angie ließ die Gabel fallen und starrte auf ihren Teller. »Er ist leider krank und bleibt über die Feiertage bei seiner Familie. Offenbar kommt er langsam in die Jahre.«
    Verwirrt von ihrer Bemerkung und dem seltsamen Tonfall, fragte ich: »Was soll das heißen? Seid ihr beide nicht gleich alt?«
    Im Zimmer war es wieder still, und es herrschte plötzlich eine Stimmung wie auf einer Totenwache.
    »Darüber sprechen wir später. Das ist einer der Gründe, warum ich hier bin und warum du die Tagebücher lesen musst. Du musst wissen, was von dir als Mitglied unserer erweiterten Familie erwartet wird.«
    Das laute Klirren von Besteck zog die Aufmerksamkeit aller Anwesenden auf sich. Olivia schob ihren Stuhl zurück und stand auf. »Mama, bitte entschuldige mich.« Sie verließ das Zimmer, bevor ihre Mutter etwas erwidern konnte.
    »Verzeih ihr, Sam. Du musst verstehen, Olivia und Nadine standen sich sehr nahe«, beschwor mich Angie.
    Ich verstand das sehr gut. Ich war eine Fremde, die auch noch die Vornehmheit ihres Stammbaums bedrohte. Und was noch schlimmer war, sie war gezwungen, mit den Söhnen des Mannes an einem Tisch zu sitzen, der ihre große Schwester ermordet hatte. Wenn

Weitere Kostenlose Bücher