Cambion Chronicles - Golden wie das Morgenlicht (German Edition)
strich ihm über den Arm. »Das hat sicher nichts zu bedeuten. Ich würde mir keine Sorgen machen. Angie beschützt ihn.«
Hadens dicke Augenbrauen zogen sich zusammen, als versuchte er, sich selbst zur Zustimmung zu überreden. Ausgerechnet dieser große, wilde, ruppige Kerl war der Friedensstifter unter den vier Brüdern, der Klebstoff, der alles zusammenhielt, aber selbst bei ihm war irgendwann mal Schluss. »Ach Mann, ich wünschte nur, das alles wäre endlich vorbei. Michael und ich haben schließlich ein eigenes Leben, und die Arbeit wartet auch.«
»Was genau machst du eigentlich, Haden? Ich weiß, dass Michael so ein Software-Nerd ist, aber … was machst du?«, fragte ich mit fast schon frustrierter Neugier.
»Ein bisschen dies und ein bisschen das«, war seine einzige Antwort. Er machte eine Kopfbewegung zu Caleb hin, der an der Wand stand und mit einer der Kellnerinnen redete. »Und du, warum bist du jetzt schon wieder auf Caleb sauer?«
Der Themenwechsel machte meine Zunge ganz taub. »Frag Caleb doch selbst.«
»Hab ich schon. Er hat nicht viel gesagt.«
Ich zwinkerte. »Was hat er denn gesagt?«
»Du klingst besorgt.«
»Eigentlich nicht.«
»Schon klar.« Ein jungenhaftes Lächeln erhellte sein Gesicht und stand im scharfen Kontrast zu Hadens harten, narbigen Gesichtszügen. »Verleugnung steht dir überhaupt nicht.« Er beugte sich zu mir und küsste mich auf die Wange. Wärme breitete sich auf meinem Gesicht aus. »Geh und sprich mit Caleb«, flüsterte er und ging davon.
Ich drehte noch eine Runde durch den Raum, in der Hand eine Serviette mit Fingerfood, und fragte mich, was dieser Abend wohl noch zu bieten hatte. Angie hatte uns etwas mitzuteilen, das wusste ich einfach, und das Warten brachte mich um. Das Oberhaupt der Cambion-Familie hatte Caleb praktisch auf die Fahndungsliste gesetzt, und Angie war unsere einzige Verbündete. Ich hoffte nur, dass sie einen guten Plan hatte.
»Du siehst hübsch aus heute Abend«, sagte Caleb hinter mir. Sein Atem strich mir über den Nacken. Halb erwartete ich, dass er mich dort küsste wie so oft, aber er tat es nicht, was noch vernichtender war.
»Danke. Du auch«, gab ich zurück. »Erstaunlich, was ein Stück Seife und ein Kamm alles ausrichten können.«
»Das Leben steckt voller Wunder. Und, bist du noch sauer auf mich?«
»Aber nein! Warum sollte ich sauer sein?«, antwortete ich prompt und schrie die Worte fast heraus. »Du bist, was du bist. Wer bin ich denn, dass ich dich ändern will?«
»Nur damit ich das richtig verstehe, bist du sauer auf mich, weil ich lieber von irgendwelchen Fremden trinke als von dir oder weil du glaubst, dass meine Energieaufnahme außer Kontrolle gerät?«
Darüber musste ich kurz nachdenken. »Kann es nicht beides sein?«
»Nein, weil beide Gründe Blödsinn sind«, konterte er. »Ich bin vorsichtig mit der Energie, die ich aufnehme, und nicht eine Frau ist bisher meinetwegen gestorben. Du weißt, dass ich verrückt nach dir bin – ich muss es nicht mal sagen, du kannst es spüren, und du weißt, dass ich nicht nur schöne Reden schwinge. In jeder Sekunde mit dir brauche ich irre viel Selbstbeherrschung, aber selbst die wird irgendwann zusammenbrechen. Was wir teilen, wird uns verschlingen. Die Frage ist nicht ob, sondern wann. Wenn es dir also recht ist, würde ich meine geistige Gesundheit gern noch etwas behalten.«
Und damit ging er fort und ließ mich stehen, voller Anspannung und mit einer schlagfertigen Erwiderung auf den Lippen, die leider dreißig Sekunden zu spät kam. Ich hasste es, wenn das passierte. Jede Nervenfaser in meinem Körper sirrte, nicht wegen seiner Worte, sondern wegen der Hitze dahinter. Warum hatte er diese Wirkung auf mich? Oder vielleicht spürte ich ja meine Wirkung auf ihn . Dieses gegenseitige Verstehen ohne Worte war einfach nur durchgeknallt, das ständige Hin und Her von Gefühlen, bis hin zu dem Punkt, an dem ich durch ihn auf mich selbst scharf war.
Da ich nicht wusste, was ich sonst tun sollte, stopfte ich mir noch mehr Krabbenchips in den Mund und betete, dass der Abend bald vorbei war.
Das Essen verlief angespannt, und in den ersten zehn Minuten kam es immer wieder zu Pausen in der Konversation, gefolgt von Seitenblicken in meine Richtung. Das Ideal der Petrovskys war die typische Familie, die jeden Abend zum Essen zusammenkam und über den Tag sprach. Alle waren sehr herzlich, lächelten viel und berührten ihr Gegenüber ständig, als müssten sie sich
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