Cambion Chronicles - Golden wie das Morgenlicht (German Edition)
ich tippte auf Angie. Ich hielt es für das Beste, mich aus den Angelegenheiten der Erwachsenen rauszuhalten. Wir saßen schon genug in der Patsche, weil wir Ruiz nicht gesagt hatten, dass ein körperfressender Dämon in Williamsburg herumlief. Wieder blieb ich meiner Devise treu, den Mund zu halten, wenn ich es mit übernatürlichen Wesen zu tun hatte. Es war einfach sicherer.
Wenn nicht gerade jemand sie davon abhielt, hinauszustürmen und nach Olivia zu fahnden, suchte Angie Trost bei ihren Zigaretten und klebte vor ihrem Laptop, um Olivias Aufenthaltsort über ihr Armband zu verfolgen. Dem winzigen Punkt auf der digitalen Karte zufolge war Olivia seit zwanzig Minuten am selben Ort. Da Tobias über den Peilsender im Armband Bescheid wusste, hoffte ich, dass er nicht die Zeit gehabt hatte, es ihr abzunehmen, wie er es mit meinem getan hatte.
Mit dieser Information und zusätzlichen Fotos von Olivia ausgestattet, ging die Polizei schließlich und versprach, alle verfügbaren Einheiten für die Suche abzukommandieren. In Anbetracht von Angies Reichtum und ihrem Cambion-Einfluss glaubte ich ihnen, doch dieser Vermisstenfall lag weit außerhalb ihres Zuständigkeitsbereichs. Auf jeden Fall brauchten wir schleunigst übernatürlichen Beistand.
Bei Angies fünftem Versuch, zur Tür zu gelangen, verstellte Ruiz ihr den Weg. »Nein. Lassen Sie uns das machen. Wir können es uns nicht leisten, dass Sie verletzt werden.«
»Er hat meine Tochter!«, schrie sie.
»Das weiß ich, aber Sie werden einen Zwischenfall verursachen … « Ruiz hatte die Worte kaum ausgesprochen, als eine weiße Hand sich um seinen Hals schlang.
Die Bewegung war zu schnell für normale Augen gewesen. Nur an der fließenden schwarzen Seide, die Angie hinter sich herzog, ließ sich erkennen, dass sie sich nicht einen Meter fünfzig nach vorn teleportiert hatte, um zu dem Detektiv zu gelangen. Sie hätte es ebenso gut tun können, denn im Handumdrehen hielt sie den Mann, der doppelt so schwer war wie sie, an der Kehle gut dreißig Zentimeter über dem Boden. Caleb tauchte aus seinen Gedanken auf, um die Szene zu beobachten, während ich mich anschickte, dazwischenzugehen. Ich war mir nicht sicher, wozu Angie in ihrem derzeitigen Zustand fähig war, aber es sah nicht gut aus. Genau genommen sah es richtig übel aus.
»Ich habe schon eine Tochter verloren, und du lässt zu, dass mir eine weitere genommen wird, um das Protokoll zu wahren?«, zischte sie. Hätte sie Reißzähne gehabt, hätte sie sie gefletscht und in Ruiz’ Halsschlagader versenkt. Es erstaunte mich, dass jemand gleichzeitig so anmutig und so grauenhaft aussehen konnte.
»Evangeline.« Ich legte ihr eine Hand auf die steinhart angespannte Schulter. »Töte ihn nicht. Bitte.«
»Ich sage, tob dich aus«, murmelte Caleb.
Mein Kopf wirbelte in seine Richtung. »Caleb, das hilft gerade überhaupt nicht.«
»Du vergisst, wo du stehst, David. Ich habe dir gesagt, was passiert, wenn jemand aus meiner Familie verletzt wird. Ich habe dich gewarnt«, knurrte sie.
Ruiz’ Gesichtsausdruck war unbezahlbar. Das musste ich ihm lassen, er schien nicht verängstigt zu sein und gab nicht klein bei, und ganz sicher war das einer der Gründe, warum man ihn »die kubanische Krawatte« nannte. Aber er konnte Angie nicht direkt in die Augen sehen und zuckte jedes Mal zusammen, wenn er es versuchte. Das durchdringende grüne Licht tanzte auf seiner olivbraunen Haut wie ein Laserpointer an einem Scharfschützengewehr, und es war ebenso tödlich.
Allzu fest hielt sie ihn wohl nicht, denn er konnte noch sprechen. »Wenn Sie mich töten, erklären Sie damit jedem Cambion auf dieser Seite der Welt den Krieg. Wollen Sie das wirklich? Ich schlage eigentlich keine Frauen, also bringen Sie mich nicht dazu, jetzt damit anzufangen. Lassen. Sie. Mich. Runter.«
Eine lange Pause erfüllte den Raum. Schließlich löste Angie ihre Finger nacheinander von Ruiz’ Hals. Er entglitt ihrem Griff und plumpste zu Boden.
Drohend stand sie über ihm und sagte: »Sag deinen Leuten Bescheid und ruf Verstärkung. Cambions, niemanden, der umgestimmt oder von dem Besitz ergriffen werden kann. Wenn die Familie sich querstellt, werde ich ihr den Krieg erklären. Wenn sie mir in irgendeiner Weise Steine in den Weg legt, werde ich ihr ebenfalls den Krieg erklären. Ich werde diese Stadt in Schutt und Asche legen, bevor ein Dämon meinem Kind etwas antut. Inzwischen kannst du dich nützlich machen. Bring Samara nach Hause und
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