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Cambion Chronicles - Smaragdgrün wie die Dämmerung (German Edition)

Cambion Chronicles - Smaragdgrün wie die Dämmerung (German Edition)

Titel: Cambion Chronicles - Smaragdgrün wie die Dämmerung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaime Reed
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ängstigen.
    Mein Blick blieb an einer dunklen Gestalt hängen, die unter einer Straßenlaterne stand. Ich sagte mir, dass es ein flüchtiger Schatten sein musste oder vielleicht eine optische Täuschung, ausgelöst durch das Laternenlicht, und versuchte, es zu ignorieren. Mit Betonung auf »versuchte«.
    Der tiefschwarze Schatten machte mich nervös, nicht so sehr, weil er da war, sondern weil er sich im Licht so widernatürlich verhielt. Der Laternenschein wurde nicht von der Gestalt reflektiert, wie es normal gewesen wäre, sondern in ein dunkles Loch gesaugt. Ich konnte weder die Farbe noch den Stil der Klamotten erkennen, nur den äußeren Umriss, eine leere Form, die wie ein bodenloses Nichts wirkte. Die umgebenden Häuser, Autos, Bäume, der ganze Häuserblock waren nichts weiter als ein sorgfältig arrangierter Hintergrund, und dieses Ding, dieser Abgrund, war wie aus dem Bild ausgeschnitten.
    Als ich näher an die Laterne heranfuhr, bewegte sich der Schatten. Es geschah so schnell, dass ich mir nicht sicher war, ob ich es wirklich gesehen hatte. Die eckigen Bewegungen wiederholten sich, wie die Parodie eines nervösen Ticks oder eine schlecht gemachte Animation. Da sprang das Ding plötzlich vom Straßenrand ab und landete vor meinem Auto!
    Ich trat voll in die Eisen, war aber nicht schnell genug. Mein Herz klopfte mir bis zum Hals, der Schrei zerfetzte mir fast die Luftröhre, doch es kam kein Aufprall. Ein Windstoß erfasste die Fahrerseite mit solcher Wucht, dass das Auto schaukelte.
    Aufgewirbeltes Laub drückte sich an die Scheiben, verdunkelte den Innenraum und nahm mir die Sicht. Der Wind zischte über die Motorhaube und fegte dabei Müll von der Straße hoch. Luft schoss aus den Lüftungsschlitzen und erfüllte den Innenraum mit einem feuchten Moschusduft, den ich fast schmecken konnte. So schnell, wie alles begonnen hatte, kehrte das Licht wieder zurück. Der Sturm ebbte zu einer sanften Brise ab, die die Fenster frei fegte und die Sicht auf die leere Straße vor mir freigab.
    Ich sah zu, wie die letzten Blätter in der Luft tanzten und zu Boden segelten, und wusste genau, was oder vielmehr wer dafür verantwortlich gewesen war. Mein lautes, hastiges Keuchen erfüllte den Wagen, während ich versuchte, zur Ruhe zu kommen.
    Ich starrte auf die Straße und würdigte das, was sich jetzt auf dem Beifahrersitz neben mir befand, keines Blickes. Ich saß ein paar Augenblicke einfach nur da, bis meine Atmung sich beruhigt hatte. Meine Hände krampften sich ums Lenkrad, und ich wünschte mir, es wäre sein Hals.
    »Fahr los«, befahl er.
    Mein Fuß, der mit dem Pedal verwachsen zu sein schien, hob sich von der Bremse, und das Auto rollte an. Normalerweise hatte ich immer eine geistreiche Erwiderung oder einen deftigen Fluch auf den Lippen, aber nun ließ mein Verstand mich im Stich, und ich fühlte mich, als würde ich mir gleich in die Hosen machen.
    Wir fuhren ein paar Blocks weit, ohne etwas zu sagen. Fünf Häuser vor meinem riskierte ich einen Seitenblick. Tobias saß in all seiner bösartigen Pracht da, die Augen starr auf die Straße geheftet, und gab wieder dieses komische Hundehecheln von sich. Ich weiß nicht, ob es von seiner Körperwärme kam oder von seiner spürbaren Wut, aber die Temperatur im Auto war so sehr gestiegen, dass die Fenster beschlugen.
    Er musste meinen Blick gespürt haben, und dieses eine flüchtige Hinsehen reichte, um ihn zum Reden zu bringen. »Ich habe versucht, vernünftig zu sein, dir Zeit zu geben, die Wahrheit zu akzeptieren, aber du zwingst mich zu härteren Maßnahmen. Ich habe dich ins Krankenhaus fahren sehen. Du bist zu ihm gefahren.«
    Ich machte mir nicht die Mühe, es zu leugnen. »Caleb liegt im Koma, und sein Geist verhungert. Wie soll sich Capone sonst ernähren?«
    »Die reine Verschwendung. Du polierst nur seinen Sarg.«
    Mein Kopf wirbelte zu ihm herum. »Du darfst ihm nicht wehtun. Das lasse ich nicht zu.«
    »Ich habe dir schon mal gesagt, dass ich die Sache zu Ende bringen muss. Ich warne dich, Samara. Komm mir nicht in die Quere.«
    »Sonst was? Wenn das stimmt, was du über dich und Lilith sagst, dann kannst du mir nicht wehtun, ohne dir selbst wehzutun.« Ich hielt inne, als mich eine plötzliche Einsicht nahezu blendete, etwas so Offensichtliches, dass ich mich selbst dafür schalt, es übersehen zu haben. »Und wenn du Caleb wehtust … tust du mir weh … und damit auch dir selbst.« Sein Körper spannte sich plötzlich an und lieferte mir damit

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