Cambion Chronicles - Smaragdgrün wie die Dämmerung (German Edition)
Straße, schwarz und glatt wie ein Gewässer bei Nacht, versetzte mich in einen tranceartigen Zustand.
Dieses lebendige Ding in mir, diese wachsende Verbindung, war besser als jedes GPS -Gerät. Tatsächlich war es mehr wie ein Übertragungskabel, das mich immer in die Richtung zog, in die Caleb sich gerade bewegte. Es wäre wirklich ein nützlicher kleiner Helfer gewesen, wenn es denn funktioniert hätte, wenn ich es einmal brauchte. Ich konzentrierte meine Gedanken und steckte sogar den Kopf aus dem Fenster, um das Signal besser empfangen zu können, aber da war nichts.
Vielleicht hatte meine Verbindung zu Tobias es verstummen lassen. Dieser hinterhältige Plagegeist knabberte an der Kabelisolierung, dröselte ein paar Drähte auf und störte die Frequenz. Die Vorstellung ließ mich erschauern. Wenn Tobias Caleb entführt hatte … nicht auszudenken, was er mit ihm anstellen würde. Caleb könnte in Gefahr sein, und ich konnte ihn nicht finden. Die Panik wurde mit jeder Sekunde größer, und negative Gedanken nährten sie wie einen bösartigen Tumor. Ich musste ihn herausschneiden, bevor mein Gehirn verfaulte.
Unsere Handys leuchteten im Wechsel auf, wenn Michael und Mom wissen wollten, ob es was Neues gab, aber auch nach zwei Stunden blieb die Lage unverändert. Michael durchkämmte die Gegend um das Krankenhaus, doch ohne Ergebnis. Wir verabredeten uns mit ihm bei mir zu Hause, und Haden beschloss, unsere Schnitzeljagd für heute abzubrechen. Ich starrte aus dem Fenster und sah zu, wie die verschlafene Stadt in langen Lichtstreifen vorüberzog. Ich durfte mir das nicht so zu Herzen nehmen.
Verwirrung, Wut und quälender Hunger erfüllten plötzlich meine Sinne. Es kam in Wellen, und ich schwankte hin und her, als hätte ich die Reisekrankheit. Ich war zu abgelenkt gewesen, zu beschäftigt, um es zu bemerken, vielleicht waren die Gefühle aber auch so vertraut, dass ich sie für meine eigenen gehalten hatte.
»Dreh um!«, befahl ich.
»Was ist los?«, fragte Haden, die Augen immer noch stur auf die Straße geheftet.
»Ich spüre was. Fahr noch mal zu ihm.«
»Sicher? Wir sind schon zweimal an seinem Haus vorbeigefahren.«
»Ganz sicher. Fahr zurück«, drängte ich.
Haden scherte nach links aus und wendete mitten auf der Kreuzung. Wir machten kehrt und fuhren zu Calebs Haus zurück.
Die Häuser in seinem Viertel waren typisch für die Vorstadt, wirkten jedoch so kalt und künstlich wie ein Filmset. Je näher wir kamen, desto stärker wurden die Schwingungen, und ein Hunger, wie ich ihn noch nie gefühlt hatte, raubte mir fast die Sinne. Das Gefühl wurde schlimmer, als wir seine Straße erreichten. Die Einzige, der das alles nichts auszumachen schien, war Lilith.
Haden parkte einen Häuserblock entfernt, um keinen Verdacht zu erregen. Er schaltete den Motor aus und drehte sich zu mir um. »Bist du sicher, dass er hier ist?«
Ich nickte. »Ich spüre ihn.«
Er stieg aus dem Wagen. »Warte hier.«
War das sein Ernst? So kamen die Leute in Horrorfilmen ums Leben. »Mom hat gesagt, du sollst mich immer im Auge behalten. Ich gehe mit.« Ich sprang aus dem Auto, bevor er anfangen konnte zu diskutieren.
Wir gingen die stille Straße entlang, und ich hielt Ausschau nach eventuellen Tretminen im unerforschten Gelände. Keiner von uns kannte Calebs derzeitigen geistigen Zustand oder wusste, ob er allein war, also mussten wir uns ihm vorsichtig nähern. Das galt umso mehr, als wir die Haustür unverschlossen vorfanden. Wir stießen sie auf und starrten ins dunkle Haus wie zwei Kinder, die als Mutprobe ein Spukhaus betreten sollen.
»Du bist sicher, dass er hier ist?«, fragte Haden noch mal und bewegte keinen Muskel.
»Yep.« Instinktiv tastete ich nach der Sprühflasche mit dem Olivenöl in meiner Tasche und hoffte, ich würde sie nicht brauchen.
Haden ging als Erster hinein und machte überall Licht, während er jedes Zimmer im Erdgeschoss überprüfte. Dann zog er sein Handy aus der Tasche und ging in die Küche. Einige Beutel standen im Flur an der Wand; die Brüder hatten sie mitgebracht, als sie abwechselnd im Haus nach dem Rechten gesehen hatten. Alte Zeitungen, Werbeprospekte und leere Cornflakeskartons füllten die grüne Altpapierkiste neben der Tür.
Calebs Reihenhaus war geräumig und hatte hohe Decken, Stuck und Holzböden. Die Schallplatten, die sich überall im Haus stapelten, ließen es jedoch unaufgeräumt aussehen. Irgendwo zwischen den Vinylstapeln standen ein Sofa, ein Fernsehschrank
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