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Cambion Chronicles - Smaragdgrün wie die Dämmerung (German Edition)

Cambion Chronicles - Smaragdgrün wie die Dämmerung (German Edition)

Titel: Cambion Chronicles - Smaragdgrün wie die Dämmerung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaime Reed
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und ein altmodischer Plattenspieler, an dem er seine Musik abmischte. Jeder Quadratzentimeter im Haus, jedes Möbelstück erzählten eine Geschichte. Aber die verlassene Atmosphäre erinnerte mich nun an ein Grab, eine luftdicht verschlossene Gruft, in der Calebs Schätze bewahrt wurden.
    Ich lächelte beim Anblick der seltsamen Waffensammlung an der Wand: Schwerter, Dolche, Armbrüste, Doppeläxte, alles aus Edelmetall handgeschmiedet. Mein Blick fiel auf den Langbogen, den er zu Halloween benutzt hatte. Der Abend fühlte sich so weit weg an wie die Zeit, als die Waffe noch in Mode war – wie ein verblassender Traum, den ich mir mit Mühe ins Gedächtnis rief.
    Aus dem ersten Stock kam das Geräusch knarrender Bodendielen. Haden war noch in der Küche, wahrscheinlich plünderte er gerade den Kühlschrank.
    Da ich weder meinen Augen noch meinem Verstand traute, fragte ich Lilith: »Ist Caleb hier?«
    Sie summte und tanzte in meinen Oberkörper hoch, wie sie es auch tat, wenn sie von Capone trank. Calebs Gesicht, das auf mich herablächelte, stieg hinter meinen Lidern auf. Das Gefühl beruhigte mich für einen Moment.
    Ich schlich die Treppe hinauf und bewegte mich zentimeterweise auf das erste Zimmer zur Linken zu. Licht schien unter der Tür hervor, ein gruseliges Leuchten wie aus einer Geistergeschichte. Violette Lichtstrahlen schossen durch den Spalt und ließen mich an Entführungen durch Außerirdische und an kleine grüne Männchen denken. Das Geräusch, das darauf folgte, verstärkte den Eindruck noch.
    Ich kannte dieses spezielle Geräusch vom Babysitten meiner Geschwister, das flinke Getrappel von Füßen aus dem Stockwerk über einem. Aber da war kein Stockwerk über mir, nicht mal ein Dachboden, in den sich ein Vogel oder ein Eichhörnchen vor der Kälte geflüchtet haben könnte.
    Ich holte tief Luft, um mir Mut zu machen. Sobald ich den Türknauf drehte, verschwand die Helligkeit, und ich stand im Dunkeln, abgesehen von dem schwachen Licht, das durchs Fenster schien. Meine Hand tastete nach einem Lichtschalter an der Wand und fand einen, der nicht funktionierte. Dasselbe galt für das Licht im Flur und im Bad, aber das Licht im Erdgeschoss hatte mir den Weg bis hierher ausreichend erhellt. Vielleicht war es nur ein Kurzschluss, oder es gab eine andere logische Erklärung, aber die paranoide Stimme in meinem Kopf versicherte mir, dass Logik in diesem Haus nichts verloren hatte.
    Ich hatte dieses Zimmer kaum einmal zu Gesicht bekommen, und ehrlich gesagt verpasste ich da auch nicht viel. Eine Kommode, zwei Nachttische und ein altmodisches Holzbett füllten den Raum zwischen den nackten weißen Wänden. Ich versuchte mein Glück mit der Lampe auf dem kleinen Tisch, aber vergeblich. Ich war also auf meine Nachtsichtfähigkeit angewiesen. Ein zerrissenes, schmutziges Krankenhausnachthemd hing über dem Fußende des Bettes. Ich betastete den verschmutzten Stoff und bemerkte, dass er noch ganz warm war.
    Schlammige Fußspuren auf dem Teppich führten mich auf die andere Seite des Bettes bis ans Fenster. Wenn der vorgeschobene Riegel dort irgendetwas zu bedeuten hatte, konnte er nicht hinausgesprungen sein. Entweder er konnte plötzlich durch Glas gehen, oder das hier war eine Sackgasse. Draußen rührte sich nichts, und doch spürte ich Bewegung und Aktivität um mich herum. Er war hier, aber wo? Und warum versteckte er sich?
    »Caleb«, rief ich in den scheinbar leeren Raum.
    Ich sah mir die Fußspuren noch einmal genauer an und bemerkte weitere an den Wänden. Die Zehen wiesen nach oben und bildeten eine Fußspur, die Schwerkraft und Vernunft Lügen strafte. Ich verfolgte die Spuren, die in Richtung Decke zunehmend blasser wurden.
    »Hast ja nicht lange gebraucht, um mich zu finden«, sagte er. »Du bist hier in Gefahr.«
    Seine Stimme erzeugte ein verzögertes Echo, das von einer Wand zur nächsten sprang. Das Licht vom Fenster war nicht so hell, wie ich gehofft hatte, und ließ kaum die Umrisse der Möbel erahnen. Mein Blick wanderte über die Kommode, das Bett und das Fenster zu einem Mann, der beim Schrank in der Ecke hockte.
    Vielleicht war »hocken« nicht ganz der richtige Ausdruck angesichts der Tatsache, dass seine Füße den Boden nicht berührten. Vielmehr kauerte er schräg zur Wand wie ein großer Vogel, sein Kopf berührte fast die Decke. Seine entspannte Haltung verriet mir, dass er die ganze Zeit dort oben gehangen und mich dabei beobachtet hatte, wie ich durch die Dunkelheit getappt war,

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