Cambion Chronicles - Smaragdgrün wie die Dämmerung (German Edition)
Gefahr spürte, die von hinten auf uns zugestürmt kam. Zuerst hörten wir nur das Brechen von Ästen und das Rauschen der Blätter. Es kam näher.
»Los, komm!« Capone hielt meinen Arm fest und zog mich hinter sich her wie ein Kind einen Drachen. Er bewegte sich schneller, als es mir möglich war, meine Füße berührten kaum den Boden. Capone schien stillzustehen, während die Welt um uns verschwamm. Der Wind peitschte mir ins Gesicht, meine Beine schmerzten, aber ich lief weiter.
Wir bahnten uns einen Weg durch ein kleines Waldstück, in dem die Bäume so vereinzelt standen, dass die Straße und die Häuser auf der anderen Seite zu sehen waren. Wie diese Tussis in den Filmen machte ich den dummen Fehler, mich umzudrehen. Tobias hatte mich gewarnt, wozu er fähig sei, aber ich war nicht darauf vorbereitet gewesen, es wirklich zu sehen. Damals nicht und auch jetzt nicht.
Ein Sturm fraß sich hinter uns durch die Landschaft und verschlang alles in seiner Bahn. Gartenmöbel, zersplittertes Holz und Schutt wirbelten im Auge dieses Zyklons umher. Die Straßenbeleuchtung, selbst das Schimmern des Mondes wurden in sein Vakuum hineingezogen, aber die Bestie lechzte nach mehr. Unbefriedigt spie sie Schutt über unseren Köpfen aus. Splitter und Scherben zerkratzten uns die Haut. Der Sturm pflügte durch die Nacht, machte alle unsere Richtungsänderungen mit und verlieh seiner Wut mit hallendem unmenschlichem Heulen Ausdruck.
Wir schlugen einen Haken nach links, um ihn zu verwirren. Ich verlor den Bodenkontakt, stolperte und richtete mich wieder auf, ohne einen Schritt auszusetzen. Ich hatte gedacht, meine Adrenalinvorräte seien erschöpft, doch die Angst zapfte verborgene Reserven an und startete mein System noch mal neu.
Ich wusste nicht, wie schnell wir liefen, aber ich hätte diese Geschwindigkeit niemals aus eigener Kraft erreicht. Das grüne Leuchten, das meine Sicht überlagerte, verriet mir die Lösung dieses Rätsels – aber warum half Lilith? Wollte sie nicht lieber bei Tobias sein? Vielleicht war im Moment das Überleben wichtiger als romantische Schwelgereien? So oder so, in meiner Lage war ich für jede Hilfe dankbar.
Bäume und Büsche sausten an mir vorbei, als hätte jemand die Schnellvorlauftaste gedrückt, und ich brauchte Capones Hand nicht mehr. Wir rasten nebeneinander her, über Büsche und Baumstämme hinweg, auf die Ziellinie zu.
Blätter und nasse Erde machten schließlich einer asphaltierten Straße Platz. Ich hielt an, um zu verschnaufen, und betrachtete die Häuser und ein weiteres Waldstück auf der anderen Seite der leeren Straße. Capone stemmte keuchend die Hände auf die Knie. Sein Atem ging stoßweise.
»Wo ist Haden?«, fragte er.
Bevor ich antworten konnte, blendete uns das Fernlicht eines Autos. Der Fahrer drückte auf die Hupe, um unsere Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Ich schirmte die Augen ab und rannte auf den Wagen zu. Egal, ob es nun Haden war oder sonst wer, es war das Risiko wert, ihn zum Anhalten zu bringen. Das Auto machte eine Vollbremsung und drehte sich mitten auf der Straße, während das Fenster auf der Fahrerseite herunterfuhr.
»Rein hier! Er kommt!«, schrie Haden.
Die Warnung war unnötig. Wir konnten fühlen, wie Tobias nach unseren Fersen schnappte, wir spürten seine Hitze im Rücken. Wir brauchten nicht zu sehen, was hinter uns lauerte, Hadens schreckgeweitete Augen sagten alles.
Er öffnete die hintere Tür. »Los!«
Capone stieß sich ab und hechtete kopfüber ins Auto. Bei der Landung verschätzte er sich allerdings, rutschte über den Sitz und knallte vor die gegenüberliegende Tür.
Ich sprang etwas vorsichtiger hinein, und Haden trat das Gaspedal bis zum Anschlag durch, bevor ich die Tür schließen konnte. Eine Wolke hüllte das Auto ein, richtete aber nicht mehr Schaden an als Wasserdampf. Wieder und wieder rammte sie gegen die halb geöffnete Tür, wurde aber jedes Mal von einer unsichtbaren Mauer aufgehalten. Nur fünf Zentimeter leerer Raum trennten uns vom Bösen, doch das reichte, um ihm den Zutritt zu verwehren.
Da ich mein Glück nicht überstrapazieren wollte, schlug ich die Tür zu. Erleichtert, der Gefahr entronnen zu sein – wenn auch nur für zwei Sekunden –, sah ich auf die schmale Straße vor uns.
Es war ein Wunder, dass wir auf dem Weg zur Autobahn keinen Unfall bauten. Haden wechselte ständig die Spur, um dem Schatten auszuweichen, der uns hinterherjagte. Es war schwer zu sagen, wer mich seekranker machte – Tobias,
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