Camel Club 01 - Die Wächter
Amerika steht.«
»Nachdem ich kürzlich selbst im NIC gewesen bin, traue ich denen fast alles zu.«
»Stimmt mein Gefühl, dass Ihre Ermittlungen in dem Todesfall nicht besonders günstig verlaufen sind?«
Alex zögerte, sagte sich dann aber, dass es ihm nicht schaden könne, ihr die Wahrheit zu erzählen. Er schilderte ihr das unerfreuliche Gespräch mit dem Direktor des Secret Service und gestand, dass man ihn zurück in die Personenschutzabteilung versetzt hatte.
»Tut mir leid, Alex.« Kate streckte den Arm aus und berührte seine Hand.
»Ach, ich hab mich da selbst reingeritten. Gray ist ein sehr hohes Tier, und wenn man eine Ratte zur Kollegin hat, wird’s umso schlimmer. Vermutlich hatte ich von vornherein keine Chance.« Alex nippte an seinem Cocktail. »Ihre Martinis sind viel besser«, sagte er lächelnd.
Sie stießen an. »Ich wusste, dass Sie mir gefallen.«
Alex wurde wieder ernst. »Nun halte ich mich wieder an meinen ursprünglichen Plan: Da ich von zwanzig Dienstjahren nur noch drei durchzustehen habe, schalte ich auf Automatik und vermeide alles, was Wellen schlägt.«
»Sie kommen mir nicht wie jemand vor, der alles schleifen lassen kann«, erwiderte Kate.
Alex zuckte mit den Schultern. »Lassen wir das Fachsimpeln sein. Erzählen Sie mir etwas über sich. Das ist ja der Zweck erster Verabredungen.«
Kate setzte sich zurecht und zerpflückte ein Stück Brot. »Ich bin Einzelkind. Meine Eltern leben in Colorado. Sie behaupten immer, von den Adams in Massachusetts abzustammen, aber ich weiß nicht, ob ich ihnen glauben soll. Früher war es mein Traum, Weltklasse-Turnerin zu werden. Ich habe mich richtig dafür abgerackert. Dann bin ich in einem Jahr fünfzehn Zentimeter gewachsen, und aus war der Traum. Gleich nach der High School kam mir die Idee, Croupier in Las Vegas zu werden. Fragen Sie nicht wieso, ich wollte es einfach. Also habe ich einen Kursus mitgemacht, die Voraussetzungen samt und sonders erfüllt und bin ins Sündenbabel umgezogen. Aber es ging nicht lange gut. Ich hatte da ein kleines Problem mit angetrunkenen Geldprotzen, die sich einbildeten, nach Lust und Laune meinen Hintern begrabschen zu dürfen. Nachdem ein paar von diesen Typen den einen oder anderen Zahn verloren hatten, gab mir das Kasino den Rat, doch lieber in den Osten heimzukehren. Am College habe ich dann beschlossen, mir das nötige Geld als Barkeeperin zu verdienen, und dabei bin ich auch geblieben, als ich Jura studierte. Bei dem Job hat man wenigstens massives Holz zwischen sich und den anwesenden Hirschen. Und wie Sie schon früh bemerkt haben, spiele ich tatsächlich Klavier. Ich habe auch Klavierunterricht gegeben, um mein Studium zu finanzieren. Heute bräuchte ich nicht mehr als Barkeeperin zu arbeiten, aber um ehrlich zu sein, es macht mir einfach Spaß. Es ist für mich eine Art Ventil, und in der LEAP-Bar lernt man eine Menge faszinierende Leute kennen.«
»Turnerin, Croupier, Barkeeperin, Klavier spielende Hüterin des Rechts und der Wahrheit. Ganz schön beeindruckend.«
»Manchmal glaube ich, es ist eher unpraktisch als beeindruckend. Und was haben Sie über sich zu erzählen?«
»Nichts besonders Aufregendes. Ich bin in Ohio aufgewachsen. Als jüngstes von vier Kindern und einziger Sohn. Tagsüber war mein Vater Verkäufer für Autoersatzteile, am Abend aber war er der zweite Johnny Cash.«
»Echt?«
»Na ja, zumindest wäre er ’s gern gewesen. Ich glaube, er hatte die größte Johnny-Cash-Andenkensammlung außerhalb von Nashville. Immer trug er Schwarz, spielte gottlos schlecht Akustikgitarre, aber sehr gut Flöte. Ich habe Gitarre gelernt, um mit ihm zusammen zu spielen. Wir sind sogar gemeinsam auf Tournee gegangen und in einigen der übelsten Kaschemmen ganz Ohios aufgetreten. Wir waren nicht der Renner, aber auch kein Flop und hatten einigermaßen Erfolg. Dann hat Dads Qualmerei sich gerächt. Vier Schachteln am Tag hat er geraucht. Innerhalb von sechs Monaten hat der Lungenkrebs ihn dahingerafft. Meine Mutter lebt jetzt in einem Seniorenheim in Florida. Meine Schwestern sind übers ganze Land verteilt.«
»Und was hat Sie dazu gebracht, den menschlichen Schutzschild zu spielen?«
Alex trank noch einen Schluck; seine Miene wurde trübsinnig. »Als ich zwölf war, hab ich den Zapruder-Filmausschnitt von Kennedys Ermordung gesehen. Ich weiß noch, dass ich damals gedacht habe, so was darf nie wieder vorkommen. Niemals werde ich den Anblick vergessen, wie Agent Clint Hill auf die
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