Camel Club 03 - Die Spieler
die Blätter starrte, die einer seiner IT-Leute ihm soeben ausgehändigt hatte.
»Es ist tatsächlich ganz bemerkenswert, Mr. Bagger«, plapperte der junge Brillenträger in ungehörig vertraulichem Ton. »Und offen gestanden …«
»Raus, zum Teufel!«, brüllte Bagger, und sein Untergebener ergriff entsetzt die Flucht.
Bagger setzte sich an den Schreibtisch und warf einen zweiten Blick auf die Papiere. Er hatte mit der Suche eine Firma für Internetrecherchen betraut. Welche Quellen sie melkte, wusste er nicht, und es war ihm auch egal. Sie hatte ihm ein Ergebnis vorgelegt, und das allein zählte.
Vor mehr als fünfzehn Jahren war Annabelle Conroy mit einem Burschen namens Jonathan DeHaven vor den Altar getreten. Sie hatten – was für eine Ironie!, dachte Bagger – in Vegas geheiratet. Unschön war, dass es keine Fotos vom glücklichen Brautpaar gab, nur die Namen. Aber es musste dieselbe Annabelle Conroy sein. Wie viele Frauen mit diesem Namen mochten wohl in Sin City eine Ehe eingegangen sein? Doch er musste sich Gewissheit verschaffen. Deshalb griff Bagger zum Telefon und rief bei einer Detektei an, die sich auf Personenermittlung spezialisiert hatte und deren Dienste er bereits in der Vergangenheit in Anspruch genommen hatte. Die Betreiber arbeiteten am Rande der Legalität, und bisweilen überschritten sie die Grenze. Bagger hätte diese Leute schon eher auf Annabelle angesetzt, musste aber irgendeine Information haben, von der sie ausgehen konnten – und die lag ihm nun endlich vor. Wenn zwei Menschen heirateten, unterschrieben sie eine ganze Reihe von Dokumenten. Sie mussten irgendwo wohnen, mussten Versicherungen abschließen, Möbel und Autos kaufen, und vielleicht ließen sie Testamente ausfertigen, in denen beide Namen standen.
Bagger lachte vor sich hin. Damals, als sie ihn beschissen hatte, hatte Annabelle sich als CIA-Agentin ausgegeben. Oh ja, er wollte ihr zeigen, was Nachrichtenbeschaffung wirklich bedeutete.
»Hallo, Joe«, sagte er ins Telefon, »hier ist Jerry Bagger. Ich hab ’nen Auftrag für Sie. Einen ganz wichtigen Auftrag. Ich will eine alte Freundin finden. Und sie muss schnell gefunden werden, denn ich möchte die Dame in die Arme schließen und sie mir mal so richtig zur Brust nehmen.«
KAPITEL 19
Als Stone nach Hause kam, fand er die Nachricht. Obwohl er schon ahnte, was sie besagte, ehe er den Umschlag öffnete, nahm er sich Zeit, sie aufmerksam zu lesen. Anschließend lehnte er sich zurück und seufzte tief. Dann wurde er wütend. Er rief Reuben, Milton und Caleb an und teilte ihnen mit, dass noch am heutigen Abend in seinem Friedhofsgärtnerhäuschen eine Sitzung des Camel Clubs stattfinden müsse. Wenngleich Caleb jammerte, er müsse länger arbeiten, um ein Projekt fertigzustellen, bestand Stone auf seiner Teilnahme. »Es ist wichtig, Caleb. Es geht um unsere Freundin.«
»Welche Freundin?«, fragte Caleb argwöhnisch.
»Susan.«
»Steckt sie in Schwierigkeiten?«
»Ja.«
»Dann komme ich«, antwortete Caleb ohne Zaudern.
In den nächsten Stunden rackerte Stone auf dem Friedhof, rückte uralte Grabsteine gerade, die sich nach stärkeren Regenfällen immer wieder im aufgeweichten Lehm zur Seite neigten, egal, wie oft er sie aufrichtete und mit frischer Erde abstützte. Doch er erledigte nicht nur fällige Arbeiten – vor allem wollte er etwas zutage fördern, das seit Langem vergraben war, sowohl im Erdreich wie auch in seinem Gedächtnis.
Einen der alten Grabsteine krönte das Bildnis eines Adlers. Während Stone für den Fall, dass irgendwer ihn beobachtete, umständlich vortäuschte, den Stein in die Senkrechte zu wuchten, ließ er ihn schließlich umkippen, als wäre ihm ein Missgeschick unterlaufen. Unter dem Stein klaffte ein kleines Erdloch. In dieser Grube lag eine rechteckige, luftdicht verschlossene Blechdose. Stone klaubte sie heraus und warf sie in den Müllsack, in den er gewöhnlich gerupftes Unkraut füllte. Er beließ den Grabstein in Seitenlage, klopfte sich an der Hose den Schmutz von den Händen und ging mit dem Müllsack ins Haus.
An seinem Schreibtisch öffnete er die Dose mit einem Schlüssel, den er hinter dem Lichtschalter des Badezimmerchens versteckte, fixiert mit Klebeband. Dann breitete er den Inhalt der Dose vor sich aus. Die Gegenstände verkörperten gewissermaßen einen Versicherungsschein für den Fall, dass jemand aufkreuzte und ihm Ärger machen wollte. Was er für sein Vaterland getan hatte, konnte aus einem anderen
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