Camel Club 03 - Die Spieler
hin. Inzwischen hatte er sechsmal gewonnen, und die allgemeine Spannung wuchs.
Schließlich wusste der nervöse Saalchef keinen anderen Rat mehr, als ein Auswechseln der Tischbelegschaft anzuordnen. Damit vergrätzte er die Croupiers und den Handcroupier mehr als nur ein bisschen; man sah es ihren Mienen an. Nach jeder Spielrunde gaben Gewinner Trinkgeld, und nun bekam das Trio keinen Cent von Miltons Einnahmen. Doch die Anweisungen des Saalchefs waren Gesetz. Er handelte so, um Milton und dem gesamten Tisch durch diese Unterbrechung den Schwung zu rauben. Doch ein so schroffer Eingriff – wenngleich die Regeln ihn erlaubten – war stets unbeliebt, sodass rund um die Bande ein Aufheulen des Protests ertönte.
Per Headset-Mikrofon bestellte der Saalchef zwei Aufpasser an den Tisch. Als die beiden Kleiderschränke erschienen, beruhigten sich die Kasinogäste.
Der Kniff des Saalchefs half nichts, denn bei einer Reihe raffiniert platzierter Einsätze hatte Milton drei weitere Treffer. Mittlerweile hatte er mehr als fünfundzwanzig Riesen kassiert. Solange ihm kein Würfel vom Tisch rollte, durfte der Spielleiter ihm keinen neuen zuteilen, sodass dem genervten Saalchef kaum noch Mittel zur Beeinflussung blieben. Er musste dabeistehen und zuschauen, wie Milton das Kasino Pompeji um ansehnliche Sümmchen erleichterte.
Am Spieltisch trat entgeistertes Schweigen ein, als Milton als einmaligen Horn-Einsatz 500 Dollar auf die Drei setzte. Als die Augen eine Eins und eine Zwei zeigten, betrug der Gewinn fünfzehn zu eins, sodass aus den 500 Dollar auf einen Schlag 7500 Dollar wurden. Jetzt war Milton bei 35000 Dollar angelangt.
Der inzwischen schweißüberströmte Saalchef fühlte sich genötigt, seinen letzten Trumpf auszuspielen, indem er einem am Tisch postierten Strohmann des Kasinos kaum merklich zunickte. Sofort setzte der Mann auf die Sieben. Damit spielte er gegen Milton, denn falls der nun eine Sieben würfelte, schied er als Würfler aus, und alle Einsätze am Tisch verfielen. In der Welt des Glücksspiels hing man allgemein dem Glauben an, dass es schlechtes Karma bedeutete, gegen den Werfer zu setzen, da es den Spannungspegel senkte und dem Spieler den Wind aus den Segeln nahm. Sofort fingen die Umstehenden über den Strohmann zu murren an. Ein Mann an der Bande schubste ihn sogar, doch die Aufpasser schritten ein und verhinderten eine Eskalation.
Milton ließ sich vom offenkundigen Bemühen des Kasinos, ihn aus dem Gleis zu werfen, nicht im Geringsten beirren. Vor den Augen der fassungslosen Zuschauer setzte er seelenruhig Jetons im Wert eines Tausenders auf »Mitternacht«, also auf zwei Sechser. Wenn man nicht gerade auf zwei Einser setzte, galt diese Wette am Würfeltisch als das aggressivste Spiel überhaupt, denn die Gewinnquote betrug dreißig zu eins. Allerdings hatte man nur eine Chance: Bekam Milton mit dem nächsten Wurf keine zwei Sechsen, war er das Geld los. Deshalb betrachtete man es allgemein als Verrücktheit, auf diese Weise einen Tausender zu riskieren.
Jetzt herrschte am Spieltisch völlige Stille. An der Bande gab es keinen freien Zentimeter mehr, und hinter den Spielern drängten sich die Gaffer sechs Reihen tief und verrenkten sich die Hälse, um etwas zu sehen. In einer Spielbank verbreitete sich nichts schneller als Gerede über ein Würfeltalent mit akuter Gewinnsträhne.
Milton heftete den Blick auf den Saalchef. »Freuen Sie sich für mich?«, fragte er. »Ich jedenfalls freue mich.« Ehe der verdutzte Mann antworten konnte, warf Milton die Würfel. Sie rollten über den Filz, verfehlten sauber sämtliche um den Tisch verteilten Chipsstapel und prallten gegenüber von der Bande ab. Erst blieb es totenstill, dann erscholl ein vielstimmiger Aufschrei, den man im ganzen Kasinogebäude hörte, als schließlich beide Würfel zu liegen kamen und zwei Sechsen nach oben wiesen. Milton Farb hatte soeben dreißig Riesen gewonnen und seine Einnahmen somit auf fast 65000 Dollar verdoppelt. Der Spieler neben ihm jauchzte und klopfte ihm auf den Rücken. Nach der nächsten Äußerung aus Miltons Mund jedoch wich der Jubel lautem Stöhnen des Unglaubens. »Ich steige aus«, wandte er sich an den Spielleiter.
Die Gesichter rings um die Bande hätten besser zu einer Trauerfeier oder einer Flugzeugabsturzstelle gepasst.
»Machen Sie weiter!«, rief ein Mann. »So eine Glückssträhne muss man ausnutzen! Lassen Sie die Würfel rollen!«
»Herrje, mit dem Geld könnte ich meinem Kind das College
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