Camel Club 03 - Die Spieler
ist eine Gunst. Und lehnen Sie ja nicht ab. Ich bin irischer Herkunft. Für eine Ablehnung müsste ich Ihnen die Gurgel durchschneiden.«
Zwei Stunden später verließen Stone und Paddy das Lokal. Stone musste Paddy stützen.
»Bissn echt feiner Kumpel, weisse das?«, brabbelte Paddy. »’n wahrer Froind.«
»Fein, dass du’s so siehst. Ich glaube, zum Autofahren bist du nicht mehr fähig. Sag mir, wo du wohnst, dann karre ich dich heim.«
In Stones Wagen schlief Paddy ein. So war es auch am günstigsten, denn Stone hatte vor, einen Vater zu seiner Tochter zu bringen.
Annabelle hatte die Flasche Gin mindestens eine Stunde lang angestarrt, ohne einen Tropfen zu trinken. Sie trank nur, wenn eine Schwindelaktion es erforderte. Eigentlich hatte sie genügend Erinnerungen daran, wie ihr Vater im Suff Unsinn geredet und beispiellose Schwachsinnigkeiten begangen hatte, um dem Alkohol für alle Zeit abzuschwören. Sie blickte kaum auf, als jemand an die Tür klopfte.
»Ja?«
»Ich bin’s. Oliver.«
»Es ist offen.« Die Tür schwang nach innen. Annabelle schaute nicht hin, bis ihr auffiel, dass sie die Schritte nicht nur von zwei, sondern von vier Füßen hörte. »Was soll denn das?«, rief sie.
Halb zog, halb trug Stone Paddy zu einem Sofa und ließ ihn darauf plumpsen. Doch die Stimme seiner Tochter war bei Paddy sogar durch den Nebel das Alkohols bis ins Hirn gedrungen. Er versuchte sich hochzustemmen. »Annabelle?«
Annabelle handelte so blitzartig, dass Stone es nicht verhindern konnte: Sie sprang Paddy an und rammte ihm die Schulter in den Leib, dass er zu Boden ging. Dann drückte sie den Alten auf die Dielen und drosch ihm von beiden Seiten ins Gesicht.
Stone riss sie von ihm herunter und hielt sie zurück, während sie versuchte, ihren Erzeuger weiter zu schlagen und zu treten.
Stone drängte Annabelle gegen die Wand, um sie dort zu bändigen. Als sie immer noch nicht aufhörte, verpasste er ihr eine Ohrfeige. Sie erstarrte und blickte perplex auf ihren am Fußboden liegenden Vater – gerade rechtzeitig, um zu sehen, wie sein Gesicht kalkweiß wurde und er sich erbrach.
Im nächsten Moment hatte sie sich aus Stones Griff befreit und flüchtete aus dem Zimmer.
Ungefähr zwei Stunden später schlug Paddy die Augen auf und blickte sich benommen um. Dann richtete er sich hastig auf, spürte aber sofort Stones Hand auf der Schulter. »Nicht gleich übertreiben«, mahnte Stone. »Du hast einen schweren Schock erlitten.«
»Annie? Annie?« Paddy stierte im Zimmer umher.
»Sie kommt wieder«, beteuerte Stone. »Sie musste … äh, mal kurz an die frische Luft.« Stone hatte das Erbrochene aufgewischt und seither auf Paddys Erwachen gewartet.
»War das wirklich Annie?«, fragte Paddy und krallte sich mit zitternder Hand an Stones Arm fest.
»Ja, wirklich.«
Als Stone Annabelle kommen hörte, postierte er sich zwischen Paddy und seine Tochter. Die Tür flog auf, und da stand sie, mit bleichem Gesicht und ausdrucksloser Miene. Einen mulmigen Augenblick lang fragte sich Stone, ob sie vielleicht fort gewesen war, um sich ein Schießeisen zu besorgen.
Sie schloss die Tür, rückte sich von dem Esstischchen, das in der Ecke stand, einen Stuhl heran und nahm darauf Platz.
Stumm huschte ihr Blick zwischen Stone und ihrem Vater hin und her, bis er schließlich auf Paddy verharrte. »Bist du mit dem Kotzen fertig?«
Benommen nickte er. »Annie, ich …«
Sie hob die Hand. »Halt’s Maul! Ich habe dich nicht aufgefordert, hier Reden zu schwingen, oder?« Er schüttelte den Kopf und lehnte sich ins Sofa, eine Hand auf den flachen Bauch gepresst. Annabelle richtete den Blick auf Stone. »Warum zum Teufel haben Sie ihn hergeschafft?«
»Ich dachte, es sei an der Zeit für eine Aussprache.«
»Da haben Sie falsch gedacht.«
»Ich hatte keine Gelegenheit, es Ihnen noch zu sagen, ehe Sie aus dem Zimmer gerauscht sind, aber als Ihre Mutter ermordet wurde, saß Ihr Vater in Boston, in einer Zelle der Bundespolizei, weil man ihn fälschlich des Scheckbetrugs beschuldigt hatte.«
Stone setzte sich neben Paddy aufs Sofa und musterte Annabelle, deren Gesicht trotz der schockierenden Neuigkeit keinerlei Regung zeigte.
»Woher wollen Sie das wissen?«, fragte sie schließlich, ohne den Blick von Stone zu nehmen.
»Auf der Herfahrt habe ich die Sache mit meinem Freund Alex abgeklärt. Man findet diese Informationen heutzutage im diversen Datenbanken.«
»Wie sind Sie überhaupt auf die Idee gekommen, sich danach zu
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