Camel Club 03 - Die Spieler
Stone müde. »Bei mir ist es zurzeit ziemlich voll.«
»Ich weiß, deshalb ruf ich ja an. Ich dachte mir, Paddy könnte sich bei mir einquartieren und Milton zu dir ziehen. Paddy ist für meine Begriffe ein viel angenehmerer Mitbewohner.«
»Für dich den idealen Mitbewohner zu finden«, entgegnete Stone unverblümt, »zählt derzeit nicht zu unseren wichtigsten Aufgaben. Für uns steht das Überleben an erster Stelle. Und je weniger Paddy sich in der Öffentlichkeit zeigt, umso besser.«
Reuben stöhnte laut auf. »Na gut. Eine Weile halte ich’s mit dem Eierkopf wohl noch aus. Aber es wäre mir lieber, wir hauen Bagger, diesen Drecksack, möglichst bald in die Pfanne. Milton spricht schon davon, mit mir Klamotten kaufen zu gehen. Und spätestens da hört der Spaß für mich auf.«
Ein paar Stunden später sah Stone, dass Caleb zerknittert, noch in den Sachen vom Vortag und überaus gereizt aus dem Bad kam.
»Caleb, haben die Männer etwas gesagt, als sie dich gestern überfallen haben?«
Caleb zog ein finsteres Gesicht. »Oh ja, sie wollten, dass ich den Mund halte, sonst würden sie mich umbringen. Man stelle sich vor – als ich den Schlüssel in die Wohnungstür steckte, habe ich an nichts anderes gedacht, als mir ein Gläschen Sherry zu genehmigen und den Anfang des Don Quichotte zu lesen!«
»Haben sie erwähnt, dass sie für Jerry Bagger arbeiten?«
»Nein. Sie haben praktisch gar nicht gesprochen. Das mussten sie auch nicht, sie hatten ja Schusswaffen.«
»Haben sie über Annabelle gesprochen?«
»Nein, warum?«
»Ist der Name John Carr gefallen?«
»Wer ist das?«
»Spielt keine Rolle. Hast du den Namen gehört?«
»Nein.«
Hatten die Angreifer es auf Annabelle abgesehen gehabt? Oder auf John Carr? Was das betraf, hatte Stone keinen Anhaltspunkt. Vielleicht, überlegte er, hatten sie ihn über Caleb ausfindig gemacht; er hatte seinen Freund schon öfters in der Bibliothek aufgesucht. Sie alle waren der Meinung gewesen, Bagger hätte diese Männer geschickt. Aber wenn sie nun der Gruppe angehörten, die mehrere Drei-Sechser-Agenten liquidiert und Carter Gray getötet hatte? Waren sie in Wahrheit ihm, Stone, auf den Fersen, mussten sie sein Alter Ego ergründet und seinen Wohnsitz herausgefunden haben.
»Was soll ich jetzt tun?«, unterbrach Caleb die Gedankengänge Stones. »Vor zehn Minuten hätte ich zur Arbeit gemusst. Ich habe keine frischen Sachen zum Anziehen, keine Toilettenartikel, nichts.«
»Melde dich krank«, erwiderte Stone unwirsch.
»Das ginge vielleicht für heute. Aber was ist morgen und übermorgen?«
»Steht dir kein Urlaub mehr zu?«
»Doch, schon, aber ich bin Regierungsangestellter. Man kann nicht einfach Urlaub nehmen. Man muss im Voraus planen und den Urlaub früh genug anmelden.«
»Damit befassen wir uns morgen. Bleib hier und entspann dich.«
»Entspannen? Nachdem ich verschleppt und um ein Haar ermordet worden bin? Obwohl ich mich weder nach Hause noch an meinen Arbeitsplatz trauen kann, weil ein Irrer mir an den Kragen will? Wie soll ich mich da entspannen?«
»Entweder du kriegst es hin, oder du schneidest dir die Pulsadern auf«, erwiderte Stone wütend. »Ich überlasse die Entscheidung dir.« Er ging zur Tür.
»Wohin gehst du?«
»Zu unserer Freundin.«
»Na, toll. Du darfst Annabelle ausrichten, solche Freundinnen wie sie brauche ich so dringend wie einen Kropf.«
»Was ist los?«, fragte Paddy, der in diesem Moment aus dem Badezimmer kam, die Haare klatschnass vom Duschen.
»Caleb hat gerade beschlossen, euch Frühstück zu machen«, sagte Stone. »Nicht wahr, Caleb?«
Paddy richtete den Blick von Stone auf Caleb. »Hui, das ist wirklich sehr freundlich.«
Zuerst machte Caleb den Eindruck, als wollte er in wüstes Geschimpfe ausbrechen, doch er konnte sich gerade noch beherrschen. Während Paddy schlief, hatte Stone die Gelegenheit genutzt, Caleb über den Mann zu informieren und ihn auch darin einzuweihen, dass Paddy nur noch ein paar Monate zu leben hatte.
»Also gut. Schließlich arbeite ich als Beamter ja im Dienst der Allgemeinheit«, sagte Caleb großmütig.
»Dann lass ich euch jetzt allein«, erklärte Stone.
Als er mit raschen Schritten den Friedhof verließ, befürchtete Stone, Annabelle könnte erneut das Weite gesucht haben, nachdem es am Abend zuvor eng geworden war. Doch eine halbe Stunde später traf er sie in ihrem neuen Hotelzimmer an. Sie hatte gerade ihr Frühstück eingenommen. Im Morgenmantel des Hotels setzte sie
Weitere Kostenlose Bücher