Camel Club 03 - Die Spieler
doch hatte all das Geld den Leuten nicht zu mehr Sicherheit verholfen, überlegte Finn, während er und sein Kollege im Abendlicht innerhalb des Geländes um das Capitol streiften. Genau dafür beabsichtigte er noch am heutigen Abend den Beweis anzutreten.
Sie suchten die Baustelle des Besucherzentrums auf und taten so, als würden sie dort vorschriftsmäßig ihre Runden drehen. Hier wurde bei Tag und Nacht pausenlos gearbeitet, also palaverten Finn und sein Kollege zwischendurch eine Weile mit Bauarbeitern. Dann begegneten sie einem echten Polizeibeamten, mit dem sie nicht nur ein paar freundliche Floskeln austauschten, sondern auch gemeinsam meckerten. Finn machte dem Polizisten weis, er wäre kürzlich aus dem Großraum San Francisco von der US-Nationalparkpolizei versetzt und den Capitol-Bewachern zugeteilt worden.
»Hier ist das Wohnen billiger«, sagte Finn. »San Francisco ist nicht mehr bezahlbar. Ich habe hier ein Stadthaus für das Geld gekauft, das ich dort für eine Eigentumswohnung hinlegen musste.«
»Da haben Sie Glück gehabt«, antwortete der Polizist. »Ich war Postschützer unten in Arkansas, ehe ich vor fünf Jahren hier gelandet bin. Ich wohne noch immer in einer Dreizimmerwohnung in Manassas, die ich kaum bezahlen kann, und ich habe vier Kinder.«
Finn und sein Kollege setzten den Weg fort und gelangten schließlich zu der Stelle, die den einzigen und wahren Grund abgab, weshalb sie sich heute Abend hier aufhielten.
Alles war so, wie die Konstruktionsunterlagen es gezeigt hatten. Ein Eindringen durch den Lieferantenstollen, der allem Anschein nach schon benutzt wurde, war ohne Weiteres möglich. Dieser Umstand erleichterte ihnen die Aufgabe. Finn knackte ein Türschloss, und sie schlüpften in die Betriebsräume. Er betrachtete die Instrumentenschränke an der Wand, machte mehrere Schnappschüsse des Verteilerplans und zeichnete auf einem Notizblock eine Übersicht des Areals, vermerkte sämtliche Türen, Flure und Kontrollpunkte, die sie gesehen hatten. Dann durchquerten sie eine Reihe von Gängen und betraten einen kleinen Wartungsraum der Klimaanlage. Der Luftschacht klaffte unter der Decke. Für Finn war die Öffnung zu eng, doch sein Kollege hatte eine schmalere Statur. Finn stemmte ihn hoch, und der Mann kletterte ins Schachtsystem. Dreißig Minuten später kam er zurück.
»Es ist so, wie wir es uns gedacht haben, Harry. Die Schächte führen bis ins Capitol.« Er gab Finn eine genaue Beschreibung der Route, die er vorhin genommen hatte, und Harry fertigte eine Zeichnung davon an.
Sie kehrten ins Freie zurück, entfernten sich vom Capitol und bogen in die Straße ein, in der das Hart Senate Building stand. Finn ging nach links, sein Kollege wandte sich nach rechts. Roger Simpsons Büro befand sich neun Etagen über der Straße. Als er das Gebäude passierte, zählte Finn die Fensterfront ab, bis sein Blick auf das Fenster fiel, hinter dem Alabamas Senator seine Geschäftsstelle unterhielt. »Bumm«, sagte er und zeigte mit dem Finger auf das Fenster.
Er konnte es kaum noch erwarten.
Finn erreichte seinen Wagen und fuhr los. Er stellte im Autoradio den lokalen Nachrichtensender ein und hörte den Sprecher über eine Grabstätte faseln, die man am Morgen auf dem Nationalfriedhof Arlington geöffnet hatte. Eine Begründung wüsste man bisher nicht.
»Der Name des Soldaten«, drang es aus dem Radio, »dessen Grab geöffnet wurde, lautet John Carr.«
»John Carr«, wiederholte Finn im Tonfall äußerster Ungläubigkeit. Bestimmt hatte auch seine allwissende Mutter diese Meldung schon gehört.
Und er fragte sich, ob der Albtraum jemals enden würde.
KAPITEL 58
Alex Ford saß daheim und plagte sich mit Sorgen. Etliche Male hatte er versucht, Stone telefonisch zu erreichen, doch der Mann ging nicht ran. Man trat die Berichte über das Grab, das auf dem Nationalfriedhof Arlington geöffnet worden war, zwar nicht gerade auf den Titelseiten der Zeitungen breit, aber es wurde darüber getratscht. Alex wusste nicht, was man im Sarg entdeckt hatte, aber ganz gewiss war es nicht John Carrs Leichnam gewesen. Er hatte viel über Stones Vergangenheit erfahren, als sie beide in Murder Mountain, nicht allzu weit von Washington entfernt, beinahe den Tod gefunden hatten. Dennoch hatte Alex das Gefühl, dass es im Leben Oliver Stones alias John Carrs Dinge gab, die weder er noch sonst jemand je erfahren würde.
Er versuchte, Stone ein weiteres Mal am Handy zu erreichen; wieder vergebens. Dann
Weitere Kostenlose Bücher